totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
zeugte davon, dass gleich ein Krieg ausbrechen würde. Ich hörte aus dem dicken Bauch meines Katers bereits finsteres Grollen aufsteigen, das in wenigen Sekunden in Fauchen, Spucken und Gekreisch übergehen würde. Doktor Thoma mag es gar nicht, bei seinen Geschäften, in denen er unterwegs ist, gestört zu werden.
»Ich war nur ein paar Minuten weg, um eine Zeitung zu kaufen! Das Mistviech hat mein Rumpsteak gefressen!«, sagte Gerrit.
»Setzen Sie ihn lieber ab, sonst nimmt er Ihre Hände zum Nachtisch. Und ich hab Ihnen gesagt, Sie sollen die Terrassentür zumachen.«
»Und ich hab Ihnen schon tausendmal gesagt, Sie sollen Ihr Fenster im Bad zumachen.«
»Das Badezimmerfenster war zu! Er kriegt alles auf, was soll ich denn machen?«
Gerrit setzte Doktor Thoma ab, der fauchend in die Wohnung galoppierte.
»Zunageln könnte eine Option sein!«
»Das darf ich nicht. Winnie hat mir verboten, hier irgendwas zu verändern. Warum lassen Sie denn auch Ihre Terrassentür auf? Es ist Winter.«
»Ich kann mit meiner Terrassentür machen, was ich will.«
»Natürlich. Dann machen Sie doch eine Kette an Ihren Kühlschrank oder ein Vorhängeschloss!«
Gerrit runzelte die Stirn und wies mit ausgestreckter Hand hinter mich: »Das sollten Sie auch besser machen.«
Ich drehte mich um. Der Kühlschrank stand sperrangelweit auf, Doktor Thoma saß auf dem Küchentisch. Das rohe Hühnerbein in seinem Maul. Als ich einen Schritt auf ihn zuging, sauste er an mir und Gerrit vorbei in den Hausflur und die Treppe hinunter. Aus dem Parterre hörte man ein Poltern, dann ein empörtes Miauen … vermutlich hatte sich der Kater grad mitsamt dem Hühnerschenkel auf der Treppe überschlagen.
Ich seufzte. »Pommes? Herr van Sandt? Mit Ketchup und Mayo?«, hörte ich mich ein Friedensangebot machen. »Und hören Sie endlich auf zu lachen.«
»Pommes mit Ketchup und Mayo und
Vier Hochzeiten und ein Todesfall
, aber in Farbe. In einer Viertelstunde auf meiner Couch …«
Er hielt ganz plötzlich inne, als sei ihm aufgefallen, dass er sich doch etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte.
»Was?«, fragte ich.
»Ich sag es mal lieber gleich: Ich hoffe nicht, dass Sie zu der Sorte Frauen gehören, die einem in einen Film reinquatschen.«
»Sie können beruhigt sein. Tu ich nicht.«
»Und Dialoge sprechen Sie auch nicht mit?«
»Auf gar keinen Fall.«
»Na, dann …« Er wandte sich ab und lief die Treppe hinunter. Von unten rief er: »Können Sie vorher bitte das Skelett aufsammeln? Und ich glaube, der Kater kann nicht mehr laufen. Er braucht einen Lift nach oben.«
»Fassen Sie ihn jetzt bloß nicht an.«
»Bewahre.«
Als ich eine Viertelstunde später mit zwei Flaschen alkoholfreiem Bier und einer Schüssel Pommes im Arm vor Gerrits Tür stand, saß Doktor Thoma wie ein nasser Sack an die Wand gelehnt im Flur.
»Das hast du jetzt davon. Monster.«
»Maohhh«, kam es ganz dünn aus seinem feisten Körper, und es klang wie: »Es ist nur ein Streifschuss … Lasst mich hier liegen …«
Schwule Psychologen sind gar nicht so übel, vor allem wenn sie außer Dienst sind. So kam es, dass ich für meine Verhältnisse bester Laune am nächsten Tag zur Arbeit erschien. Ein Zustand, den Herr Möhl dringend torpedieren musste. Beobachtet von der Danuta-Gang kam er auf mich zu, kaum dass ich meinen Stundenzettel und die dazugehörige Information über das Tagesprogramm aus meinem Fach geholt hatte. Er baute sich neben meinem Cube auf und grinste. Dann, als ich gedacht hatte, ich hätte mit einem »Guten Tag, Herr Möhl, tolles Hemd« seiner Eminenz ausreichend gehuldigt, hielt er mir einen Flyer vor die Nase und sagte: »Das wussten wir ja gar nicht.«
Ich erkannte die Ankündigung für den Friedhofstag. Herr Möhl faltete den Flyer auf und zeigte mit seinem Wurstfinger auf das Logo von Bestattungen Abendroth. »Sie machen ja Sachen. Ich hoffe, Sie wissen, dass Nebenjobs mit Ihrem Vertrag nicht erlaubt sind. Die Geschäftsleitung wird sicherlich noch auf Sie zukommen.«
»Wie spannend«, sagte ich. »Wie kommen Sie drauf, dass ich was damit zu tun habe? Abendroth kann doch jeder heißen.«
»Ich habe natürlich da angerufen, und ein Herr Rolinski hat mir bestätigt, dass er Sie kennt. Und ja, dass das Bestattungshaus Ihren Namen trägt.«
Danuta, ihr Headset noch auf dem Kopf, war näher gekommen und feixte: »Gehört dir die Leichenfledder-Bude etwa?« Und weil ich nicht antwortete, kam sie noch einen Schritt näher und sagte:
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