totgequatscht: Maggie Abendroth und der Teppich des Todes (German Edition)
Stimme und trieb mich mit ihrem Realitätssinn zurück ins Bett. Dort thronte Doktor Thoma auf der Bettdecke und war dabei, ein riesiges rohes Kalbskotelett zu verspeisen. Wo er es her hatte, konnte ich mir denken. Ich zog mir die Decke über den Kopf und machte nicht auf, als ich Gerrit van Sandts wütendes Klopfen an der Tür hörte. Ich hatte schließlich eine Midlife-Crisis zu verdauen und Herr Doktor Thoma ungefähr ein Pfund Fleisch – dabei will man nicht gestört werden.
Kapitel 12
Kaum hatte Gerrit das Klopfen drangegeben, schrillte wieder das Telefon. Ich pellte mich aus der Decke, schubste den Kater an die Seite und nahm den Hörer ab. Ich hörte Möhls Stimme sagen. »Na, endlich. Bei Ihnen ist dauernd besetzt.«
»Ja«, sagte ich, »Das kommt vor. Was kann ich für Sie tun, Herr Möhl?«
»In einer Stunde ist außerordentliche Betriebsversammlung. Die Teilnahme ist Pflicht. Wer nicht erscheint, wird abgemahnt.«
»Worum geht’s am heiligen Sonntag? Gibt’s den Weihnachtsmann doch nicht?«
»An Ihrer Stelle würde ich nicht so rumflachsen. Jones wird zum gegebenen Zeitpunkt sagen, was es zu sagen gibt. Auf Wiederhören.«
Ich starrte den Telefonhörer an. Außerordentliche Betriebsversammlung? Das muss doch bestimmt vom Betriebsrat genehmigt werden. Aber seit Möhl Betriebsratsvorsitzender war, hätte Jones die Versammlung auch um drei Uhr nachts machen können, der feine Herr Möhl hätte dem zugestimmt.
Ich rief Hassan an. »Weißt du, was da los ist?«
»Nicht die Spur, aber ich kann’s mir denken.«
»Mach es nicht so spannend. Ich hab nicht viel Zeit, ich muss mich noch anziehen.«
»Bist du etwa nackt?«
»Hassan!«
»Ich glaub, die kommen grad drauf, was da läuft.«
»Schon mal was von Ferntötung gehört? Spuck es aus. Was läuft wo mit wem, und warum weiß ich davon nichts?«
»Es geht um Danuta. Ich hab dir doch gesagt, dass ich Dinge von der weiß … Also die Sachen, die vom Lastwagen fallen. Schon mal drüber nachgedacht, warum die immer die neuesten Klamotten und Klunker trägt? Und das Parfüm, ganz neu, und Walburga mit ihrem Kram? Hm?«
»Nee, nicht wirklich. Ist mir auch eigentlich egal. Und wegen denen muss ich jetzt meinen Sonntag drangeben, weil die Geschäftsleitung drauf gekommen ist, dass die Sachen abgreifen?«
»Ich mutmaße nur.«
»Wie groß ist die Nummer denn?«
»Schon mal in Dortmund an der Uni auf dem Flohmarkt gewesen?«
»Klar, aber nicht in letzter Zeit.«
»Danuta hat da einen Stand. Jeden Samstag. Die kennt wohl jemanden, der arbeitet als Fahrer für die Auslieferungsfirma, die wiederum für Q-TV arbeitet.«
»Ich denke, wir versenden mit der Post?«
»Und wie kommen all die Pakete vom Lager zu DHL? Glaubst du, die Christel von der Post kommt mit ihrem Handkarren und holt das ab?«
»Und da verschwinden Sachen?«
»Da und dort, womit ich mit
dort
meine, dass auch Sachen, die zurückgeschickt werden, wieder abgeholt werden von der Post. Und ab und zu lohnt sich auch das. Der Kunde wird in der Regel nicht belangt, wenn etwas bei Rücksendung nicht bei uns ankommt – das wird unter Schwund verbucht. Es geht schließlich immer mal was verloren. Aber in der letzten Zeit sind die Verluste wohl immens. Und das war auch im letzten Jahr vor Weihnachten schon so.«
»Du weißt das alles, und hast der Geschäftsleitung noch nichts gesagt? Oder steckst du da mit drin? Ich meine jetzt die DVBT-Antenne und so …?«
»Nein, ich stecke nicht mit drin. Ich kann nur eins und eins zusammenzählen – schließlich bin ich Mathematiker. Und ich kann der Geschäftsleitung davon nichts sagen, weil ich mich sonst in Schwierigkeiten bringe. Persönliche Schwierigkeiten, die hier aber nichts zur Sache tun. Vermutlich heißt es ziemlich bald: Adieu Vollpfostenfraktion. Erheitert dich diese Aussicht?«
»Irgendwie schon. Aber wenn du ein Schläfer von al-Qaida bist, dann auch wieder nicht.«
»Nicht alle Muslime sind Terroristen, Maggie. Wir haben auch mal andere, ganz normale menschliche Probleme, denen man eventuell aus dem Weg gehen muss. Kapiert?«
»Versteckst du dich deshalb unterm Tisch?«
»Ja. Aber der Terrorist bin in diesem Falle nicht ich.«
»Wir sehen uns gleich bei der Versammlung.«
»Und du hältst die Klappe über das, was ich dir gesagt habe.«
»Haben wir telefoniert?«
Bei der Ankunft im Callcenter erhielt jeder einen Streifen Klebeband, auf dem er in Druckbuchstaben seinen Nachnamen schreiben und ihn dann gut sichtbar auf die Brust
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