Totgesagt
ins Gefängnis musste, dann wenigstens nicht in dem Bewusstsein, dass Allie schwanger war mit einem Kind, das sie ohne ihn aufziehen musste. Schon schlimm genug, dass er dann Whitney verlieren würde.
“Wir müssen uns treffen.”
Clay erstarrte, mit einem Schlage hellwach. “Wieso?”
“Das werden Sie dann schon sehen.”
“Wo?”
“Ich bin im Motel.”
“Haben Sie ein Auto?”
“Das von Madeline.”
“Dann in zwanzig Minuten in der Billardkneipe. Wenn ich schon rausmuss, kann ich mir auch ‘nen Drink gönnen.” Er legte auf und wandte sich wieder Allie zu.
Sie fuhr ihm mit der Hand über die Brust. “Musst du weg?”
Clay verließ sie nur ungern, obwohl ihm die Lust am Sex vergangen war. Warum wollte Madelines Privatschnüffler ihn wohl sprechen?
Er hatte keinen Schimmer, konnte andererseits aber auch nicht ablehnen. Der Kerl war unberechenbar.
Der konnte hier alles über den Haufen werfen.
Madeline wurde von einem dumpfen Schlag aus tiefstem Schlaf gerissen. Schlaftrunken fuhr sie hoch und guckte verwirrt blinzelnd auf die zerknautschten Papiere vor sich. Offenbar war sie in ihrem kleinen Arbeitszimmer am Schreibtisch eingenickt.
Wie spät war es? Wie lange hatte sie wohl geschlafen?
Sie zog die Uhr näher heran, rieb sich die müden Augen und merkte dann, dass sie das Datum anstarrte, nicht aber die Uhrzeit. Sie wechselte den Anzeigemodus. Es war erst kurz nach Mitternacht. Mehr als eine halbe Stunde konnte sie nicht geschlafen haben.
Madeline war todmüde. Was hatte sie bloß geweckt? Sophie? Nein, die schlief zu ihren Füßen. Den Kopf schräg gelegt, horchte sie einige Minuten aufmerksam ins Haus hinein, hörte jedoch nichts Verdächtiges.
Vermutlich hatte sie wieder mal schlecht geträumt. Sie konnte sich sogar an einiges davon erinnern. Sie hatte gehört, wie draußen ein Auto vorfuhr, das Brummen des Motors, dann Stille. Dann hatte sie sich umgedreht, und vor ihr im Wohnzimmer stand ihr Vater, lächelnd und mit ausgebreiteten Armen, als wäre sie noch immer das kleine Mädchen, das er einst zurückgelassen hatte.
Allerdings bekam sie keine Gelegenheit, ihn zu fragen, wo er gesteckt habe. Ehe er den Mund aufmachen konnte, war der Traum zu Ende gewesen.
Jetzt lockte sie ihr gemütliches Bett. Sie wusste zwar immer noch nicht, was sie aus dem Schlaf gerissen hatte, doch vorher schon war ihr, als habe sie ein Geräusch gehört. Das stellte sich dann aber als Hirngespinst heraus. Sie war eben nervös und überreizt. Sie hatte noch versucht, diese Unruhe zu kanalisieren und etwas zu arbeiten, war damit aber nicht weit gekommen.
Seufzend stemmte sie sich hoch und ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. In dem Moment drang von nebenan ein Rascheln. Sofort schlug ihr das Herz bis zum Hals. Das Geräusch kam nicht von draußen! Und Sophie war auch nicht dafür verantwortlich. Die folgte ihr zwar auf dem Fuße, aber vollkommen lautlos.
War es Hunter? War er zurückgekommen?
Sie blieb regungslos stehen, rechnete schon damit, dass er sich melden werde. Fehlanzeige.
“Hunter?”, sagte sie. “Bist du das?”
Keine Antwort. Was ging hier vor? Da war einer in ihrem Haus! Mit Sicherheit! Wenn nicht Hunter … dann etwa Mike?
Eine Hand in ihrem strubbeligen Haar, äugte sie vorsichtig um den Türpfosten. Von ihrem Standpunkt aus sah sie teils in die Küche, teils ins Wohnzimmer und die Diele. Doch den Verursacher des Geräusches konnte sie nicht ausmachen. Weil sie so kribbelig gewesen war, hatte sie zur Sicherheit das Licht angelassen. Jetzt aber kam sie sich vor wie auf dem Präsentierteller. Vermutlich hatte der Unbekannte ins Haus gespäht und gesehen, wie sie schlafend am Schreibtisch saß.
Mit dumpf hämmerndem Herzen, das ihr laut in den Ohren dröhnte, tastete sie nach dem nächstgelegenen Lichtschalter.
Wuchtige, schwere Schritte ließen ihr beinahe die Knie weich werden. Der Eindringling hatte gleich neben der Haustür gestanden, jetzt war er den Geräuschen nach im Wohnzimmer.
Wie der Blitz flitzte die Katze zurück ins Arbeitszimmer. Madeline hingegen durfte sich da nicht erwischen lassen; dort hätte sie in der Falle gesessen.
In geduckter Haltung rannte sie los und bemerkte flüchtig, wie ein Schatten in Richtung Küche huschte. Ja, hätte sie jetzt ihr Handy gehabt! Das lag jedoch auf der Arbeitsplatte in der Küche, in der sich nun ausgerechnet ihr ungebetener Besucher aufhielt. Sie griff sich eine der antiken farbigen Flaschen vom Wandregal,
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