Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
Vom Netzwerk:
er alles so komplett vermurkst hatte? Ja, wenn man das Rad noch einmal zurückdrehen könnte …
    Aber es war längst zu spät, das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Und nun benutzte Antoinette ihre gemeinsame Tochter, um ihn auszunehmen wie eine Weihnachtsgans. Gleichzeitig sprach sie von ihm wie über den Teufel selbst und machte ihn für sämtliche vorpubertäre Probleme verantwortlich, die Maria in ihrer beider Zusammenleben verursachte.
    Automatisch fiel sein Blick auf das Foto seiner 12-jährigen Tochter, das auf einem der leeren Regale über dem Fernseher stand. Es stellte in etwa die einzige Dekoration dar, die in dem Strandhaus noch übrig geblieben war. Antoinette hatte bei ihrem Auszug vor etwas über einem Jahr verbrannte Erde hinterlassen.
    Mit ernster Miene erwiderte Maria aus dem Foto heraus seinen Blick. Vermutlich hatte der Schulfotograf sie noch aufgefordert, “Cheese” zu sagen. Sie selber schien hingegen zu denken: “Sei nicht albern! Was habe ich schon groß zu lachen?”
    Das Verlangen nach einem Drink traf ihn mit derselben Wucht wie die der tosenden Brandung, die draußen gegen den Strand anrollte. Er kam sich hilflos vor, Sklave seines Verlangens nach etwas Scharfem, das ihm in der Kehle brannte und ihn die Welt um sich herum vergessen ließ. Das war doch nicht zu viel verlangt: Nur eine Nacht lang die Realität ausblenden, dann wieder zurück in die Tretmühle. So schlimm wie heute war es noch nie gewesen. So etwas wie an diesem Abend hatte seine Tochter ihm noch nie vorgeworfen.
    Lass uns einfach in Ruhe, ja? Du machst alles nur noch schlimmer … Ich will nicht bei dir sein, kapiert? Ist ja doch alles deine Schuld!
    Bei dem Gedanken an das Gespräch verzog er unwillkürlich das Gesicht, so als hätte er eine heiße Herdplatte berührt. Er griff nach seinem Schlüssel und der Brieftasche, musste in die Kneipe an der Ecke, wenn er sich volllaufen lassen wollte. Inzwischen seit einem halben Jahr trocken, hatte er keinen Alkohol im Haus.
    Doch an der Haustür zögerte er. Ihm war, als folge ihm Marias Blick, als sehe sie ihm vorwurfsvoll nach.
Du bist genau das, was man von dir behauptet! Ein Säufer!
    Zähneknirschend und mit gesenktem Kopf kämpfte er gegen die Schwäche an, die ihn zu überwältigen drohte. Er musste diesem Drang widerstehen – und sei es nur, um Antoinettes Vorwürfe Lügen zu strafen.
    Letzten Endes zwang er sich dazu, zur Couch zurückzugehen. Er nahm seine Gitarre zur Hand, spielte ein paar Akkorde. Alles war so verdammt paradox, dachte er, bemüht, dem Telefonanruf, der ihn so tief getroffen hatte, etwas Gutes abzugewinnen. Einzig der Alkohol hatte ihn in die Lage versetzt, die gereizte Stimmung und latente Unfreundlichkeit zu ertragen, denen er tagtäglich in seiner Ehe ausgesetzt gewesen war. Und unter dem Einfluss von Alkohol hatte er den einen Fehler begangen, den er nie hatte begehen wollen, jenen Fehltritt, bei dem er im Bett der Nachbarin gelandet war – mit dem er seine Ehe zerstört hatte.
    In der Hoffnung, sich in die Musik flüchten zu können, spielte er ein paar Songs der Rockgruppe
Nickelback
vor sich hin. Seine Gitarre half ihm, sich ein wenig zu entspannen. An diesem Abend jedoch bot ihm nicht einmal die Musik ein Ventil für all den aufgestauten Frust. Antoinette hatte ihm versprochen, er dürfe nächstes Wochenende für eine Woche mit Maria nach Hawaii fliegen. Zwei Monate plante er die Reise schon. Dann hatte die Kleine angerufen und ihm mitgeteilt, sie wolle nicht mitkommen …
    Lustlos zupfte er noch ein paar Riffs, konnte sich dabei auf nichts richtig konzentrieren. Kehle und Augen brannten, die Muskeln schmerzten von dem krampfhaften Bemühen, seine Sucht zu unterdrücken.
    Um auf andere Gedanken zu kommen und nicht an die Absage zu denken, die ihm andauernd durch den Kopf ging, ließ er noch einmal das Telefongespräch mit dieser Südstaatlerin Revue passieren.
Wonach suchen Sie denn …? Nach einer Person … Nach wem …? Nach meinem Vater …
    Hunter seufzte. Maria wollte ihren Vater nicht einmal besuchen. Da wohnten sie keine zehn Meilen voneinander entfernt, und sie lehnte es ab, ihn zu sehen! Was Antoinette natürlich gerade recht war. Seine Ex hasste ihn – weil er sie nie wirklich geliebt hatte.
    Nicht! Denk an was anderes!
    Wieder war ihm, als höre er die Stimme von Madeline Barker.
Das ist ja reinste Diskriminierung!
    Mit nachdenklicher Miene stellte er die Gitarre zur Seite. Mississippi stand nicht gerade besonders weit

Weitere Kostenlose Bücher