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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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heraus, ob Hunter mit seinen Vermutungen bezüglich der Montgomerys richtig lag? Kam jetzt der Augenblick, wo sie sich mit unbestreitbaren Tatsachen abfinden musste?
    Falls ja, dann legte sie Wert darauf, die nächsten paar Minuten allein zu überstehen. Einen Zeugen wie Hunter, der ja das Ausmaß ihres Schmerzes so klar erkannte, den wollte sie nicht dabeihaben.
    Andererseits: so ein Alleingang war ihr doch nicht geheuer.
    Mit eingezogenem Kopf folgte sie ihm zur Haustür. “Wo Unwissenheit eine Tugend ist, ist Verrücktheit Weisheit.” Von wem stammte das Zitat noch mal? Eigentlich hätte Thomas Gray schreiben müssen: “Unwissenheit ist kaum weniger schmerzhaft als die wahrscheinliche Wahrheit.”
    Wahrscheinliche
Wahrheit? Großer Gott, allmählich ging ihr sämtliche Zuversicht flöten.
    Joe ließ sich Zeit mit dem Aufmachen. Madeline klingelte, klopfte und schellte noch einmal. Schließlich rief sie ihn per Handy an.
    “Was ist jetzt?”, blaffte sie. “Lässt du mich rein oder nicht?” An das Verandageländer gelehnt, blickte sie hinaus in die kalte, nebelverhangene Nacht. Sie hatte Hunter beschwatzt, sie allein zur Haustür gehen zu lassen, weil es ja sein konnte, dass Joe, launisch und jähzornig wie er war, keine dritte Person dulden würde. Mit einem wie ihm war nicht gut Kirschen essen. Man wusste nie, woran man mit ihm war. Erwarten durfte man höchstens eine unterschwellige Eifersucht auf Clay und einen unversöhnlichen Hass auf Grace.
    “Entschuldige”, nuschelte er. “War gerade beschäftigt.”
    “Womit?” Er klang ihr immer noch viel zu fidel.
    Er gluckste. “Mit der Beschreibung von dem, was in dem Päckchen ist.”
    Was sollte denn das bedeuten, zum Kuckuck?
    Ein einsames Fahrzeug brauste über den Highway, der vorn am Grundstück vorbeiführte. Um diese nachtschlafende Zeit war in Stillwater kaum noch eine Menschenseele unterwegs. “Wem hast du das denn beschrieben?”, fragte sie.
    “Cindy.”
    Seine Ex. “Wieso denn das?”
    “Sie fährt auf Telefonsex halt ab.”
    Madeline spähte hinüber zu ihrem Wagen, der in der Einfahrt parkte und dessen Motor beim Abkühlen hörbare Knackgeräusche von sich gab. Hunter saß auf dem Fahrersitz, war aber nicht zu sehen. Der Schein, der durch die Fenster des Hauses fiel, erhellte zwar das Haustürpodest, ließ die Hofeinfahrt jedoch im Dunkeln. “Was soll das, Joe?”, sagte sie gereizt.
    Ihr Cousin hatte bereits aufgelegt und riss praktisch im gleichen Moment die Haustür auf. “Man muss es mit eigenen Augen sehen”, sagte er und winkte sie herein. “Sonst kann man’s gar nicht richtig schätzen.”
    Hunter hatte ihr eigens eingeschärft, ja nicht das Haus zu betreten. “Mach mal die Außenleuchte an!”
    “Birne ist durchgebrannt.”
    “Na, dann gib mir das Päckchen so. Eigentlich warst du gar nicht berechtigt, das einfach mitzunehmen.”
    “Dauert doch nur ‘n Moment”, murrte er verbiestert. “Mein Gott, ich tu dir doch nichts! Menschenskind, Maddy, was ist denn mit dir los? Wir sind ja schließlich verwandt!”
    Angesichts ihrer Meinung über seinen Charakter ließ sie sich nur ungern an diese verwandtschaftliche Beziehung erinnern. Allerdings gab es tatsächlich keinen Grund, Angst vor ihm zu haben. Zum ersten Mal überhaupt zogen sie beide an einem Strang. Sie wollte Licht in das Dunkel um ihren Vater bringen – seinen Onkel –, auch auf die Gefahr hin, dass ihre Bemühungen sich für die Montgomerys als bedrohlich erweisen sollten. Genau damit lag Joe ihr schon jahrelang in den Ohren.
    “Kommst du nun rein?”, fragte er.
    Mach dich nicht lächerlich, mahnte sie sich. Los, geh schon! Du hast bloß Bammel wegen des Schreibens, das Clay im Café anschleppte …
    “Na gut.” Kurz zum Wagen gewandt, zog sie entschuldigend die Schultern hoch und trat über die Schwelle. “Wo ist denn nun mein Päckchen?”
    “Na, hier!” Er trat hinter eine offene Schachtel, die direkt neben der Haustür stand.
    “Die ist ja leer!”
    “Der Inhalt ist in meinem Arbeitszimmer.” Bedeutungsvoll wackelte er mit den Augenbrauen. “Ich wollte ihn Cindy auf meiner Webcam zeigen.”
    “Ich dachte, ihr könnt euch nicht mehr riechen, du und Cindy.” In erster Linie sagte sie das, um sich selber von seiner Alkoholfahne abzulenken.
    “Hin und wieder reicht’s noch für ‘ne Nummer”, brummte er mit einem gleichgültigen Achselzucken.
    “Du widerst mich an!” – die Bemerkung lag ihr schon auf der Zunge, aber sie schluckte sie

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