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Totgesagt

Totgesagt

Titel: Totgesagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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“Eigentlich ist das ja ein starkes Stück, dass du überhaupt damit behelligt wirst. Hier geht’s doch um Barkers Verschwinden – und wer dahintersteckt, das wissen wir ja!”
    Allerdings. Es konnten nur die Montgomerys sein, die ihn ermordet hatten. Einem wie Clay, dem war es ohne Weiteres zuzutrauen, dass er jeden umlegte, der sich an seinen Schwestern vergriff. Oder? Und Barker hatte sich an Grace herangemacht. Ray wusste es. Er hätte ja selber gerne dabei mitgemischt, doch was Clays Schwester anging, da war Barker eigen. Da war nichts mit Teilen.
    Barker war völlig verrückt nach der Kleinen gewesen – regelrecht vernarrt in sie, wenn Ray sich nicht schwer täuschte. Und da sie so in sich gekehrt war, so verschlossen, hatte Barker sie anscheinend besonders brutal hergenommen. Obwohl Ray nicht zugucken, geschweige denn mitmachen durfte, hatte er einmal eine merkwürdige Bemerkung vom Reverend mitgekriegt. Barker hatte behauptet, Grace sei nicht so gewöhnlich wie Rose Lee oder Katie. Die würde nie so tun, als hätte sie das gern, was er mit ihr anstellte. Eher brächte sie sich um.
    Nach Rays Gefühl war es wohl genau diese trotzige Passivität, die Barker an dem Mädchen so faszinierte. Ray hingegen stand mehr auf die knospende Schönheit. Ganz besonders auf die Knospen …
    “Ich muss dem überhaupt nichts verklickern!”, knurrte er. “Im Grunde war Barker ‘n anständiger Kerl. Und Rose Lee in guten Händen. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.”
    “Walt!” In der Eingangstür stand Clancy Jones, Miteigentümer von Walts Reifenhandel. Während er auf seinen Kompagnon wartete, hatte er sich mit einem Zahnstocher im Gebiss herumgefummelt. Jetzt wurde er allmählich ungeduldig.
    “Komme!” Walt stand auf. “Bis die Tage.”
    Ray winkte ihm halbherzig zum Abschied. Diesem Ermittler, dem musste man Einhalt gebieten. Was wiederum bedeutete, dass Ray zunächst Madeline ausschalten musste.
    Und zwar schleunigst.
    Clay war gerade dabei, an der rückwärtigen Grundstücksgrenze die Pfostengruben für einen neuen Zaun auszuheben, da sah er Hunter quer übers Feld auf sich zukommen. Irgendetwas war im Busch, das merkte er sofort. Dennoch buddelte er ungerührt weiter.
    “Drüben im Haus macht keiner auf”, erklärte Hunter, als er näher kam.
    “Allie und Whitney sind vor ‘ner halben Stunde nach Jackson zum Flughafen gefahren.” Mit gleichmäßigen Bewegungen stieß er den Lochspaten in die Erde, drückte etwas nach und hob eine Scholle Boden aus. “Meine Schwiegermutter kommt von Florida rauf. Allie und die Kleine sollen ihr bei der Geburtstagsfeier helfen.”
    Hunter rieb sich an einem Grasbüschel die Erdklumpen von den Sohlen. Er lief in einer Art Trekking-Sandalen herum, die hier in Mississippi kein Mensch freiwillig angezogen hätte. “Und warum sind Sie nicht mitgefahren?”
    Clay wuchtete den Spaten mit Macht ins Pfostenloch und wischte sich den Schweiß von der Stirn. “Was meinen Sie wohl?”
    Hunter verschränkte die Arme über der Brust, wobei der Parkastoff vernehmlich knisterte. Die Jacke war zwar nicht nagelneu, wie Clay spöttisch bemerkte, aber der Sonnyboy hatte sie wohl noch nicht oft angehabt; höchstens mal zum Skifahren.
    “Wie wäre es, wenn Sie’s mir sagen”, schlug Hunter vor.
    “Ich kann nicht einfach durch die Gegend gondeln, wenn kurz vorher bei meiner Schwester eingebrochen wurde.”
    “Aber die haben Sie doch gerade erst in meine Obhut überstellt! Wissen Sie noch?”
    “Ich verlasse mich eben nicht gern auf andere.”
    “Vielleicht könnte ich mehr erreichen, wenn Sie offen mit mir reden würden, Clay.”
    Clay fing wieder an zu graben. Das Bild, wie Madeline gestern bei seinem Kuss zusammenzuckte, war ihm noch allzu gegenwärtig. Das zu verdrängen, den Schmerz und das schlechte Gewissen etwas zu mildern, funktionierte nur über harte körperliche Anstrengung. Danach war er meist viel zu kaputt, um noch irgendetwas zu spüren.
    Hunter ließ nicht locker. “Mensch, nun geben Sie sich doch mal einen Ruck!”
    Geht das schon wieder los! Dieselben Fragen, die ich schon seit zwanzig Jahren zu hören kriege!
Jetzt allerdings fühlte er sich zu einer ehrlichen Antwort verpflichtet. Schon Madeline zuliebe.
    “Kommt auf die Frage an”, brummte er.
    Es folgte allerdings keine. Stattdessen sagte Hunter: “Letzte Nacht gab es einen Vorfall.”
    Das klang noch ominöser als die bohrenden Fragen, mit denen Clay gerechnet hatte. “Ihr ist doch hoffentlich nichts

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