Totgesagt
Arbeitszimmer und sah ihm zu, wie er alles in Augenschein nahm. “Ihr Vater hat diesen Raum also auch als Besprechungszimmer genutzt? Wenn Gemeindemitglieder ein Anliegen hatten?”
“Gelegentlich. Er hatte ja ein Dienstzimmer in der Kirche. Aber wenn er hier arbeitete, konnte er nebenbei besser die Farm beaufsichtigen.”
“Demzufolge war er häufig daheim.”
“Ziemlich oft. Dann allerdings immer beschäftigt.”
“Wissen Sie noch, wer ihn hier besucht hat? Vielleicht unmittelbar vor seinem Verschwinden?”
“In der Polizeiakte befindet sich eine Liste der Namen.”
Er nickte. “Gut. Können Sie mir vielleicht noch zeigen, wo an dem Trecker herumgebastelt wurde?”
“Kein Problem.”
Er wandte sich zur Tür, doch Clay blockierte den Durchgang.
“Clay, bitte”, sagte Allie.
Hunter sprach beinahe gleichzeitig. “Haben Sie ein Problem mit meiner Anwesenheit, Mr. Montgomery?”
Wieder mischte sich Madeline ein. “Clay hat sich einiges gefallen lassen müssen.”
Clay winkte ab. “Du brauchst dich nicht für mich zu entschuldigen, Maddy.”
“Ich möchte ihm nur die Lage klarmachen. Damit er keine falschen Schlüsse zieht.”
“Was für Schlüsse sollten das denn sein?”, fragte Hunter.
Madeline bohrte die Nägel in ihre Handballen. Im Gegensatz zu anderen ließ Hunter sich nicht von ihrem Stiefbruder einschüchtern. Er mochte zwar kleiner und nicht so athletisch sein, aber an Willensstärke stand er ihm in nichts nach. Das hatte sie unter seinem unverbindlichen Grinsen und dem betont lockeren Gehabe gar nicht vermutet.
“Mein Stiefbruder wird schnell missverstanden”, sagte sie. Er sollte nicht auf die Idee kommen, dass Clay nicht ganz unverdient in Verdacht geraten war.
Hunter reckte sein Kinn. Madeline entging die Geste nicht, was sie noch besorgter machte. “Für meine Begriffe drückt er sich ziemlich klar aus”, stellte er fest.
Inzwischen hatte Allie die Türe erreicht. Wie immer spielte sie die Friedensstifterin und agierte als Mittlerin für ihren Mann, indem sie ihn lachend beiseiteschob. “Bei euch ist der Testosteronspiegel ein wenig hoch, Jungs. Vergesst nicht, das hier ist eine freundschaftliche Begegnung.”
Hunter achtete nicht auf ihren Einwand. “Sie sind nicht sonderlich daran interessiert, was mit Ihrem Stiefvater passiert ist, habe ich recht?”, fragte er und ging ein paar Schritte, um sich im hinteren Teil der Scheune umzuschauen. “Jedenfalls sind Sie keine große Hilfe.”
“Nicht besonders”, räumte Clay ein.
Hunters Augen wurden schmal. “Ich wüsste gerne, wieso nicht.”
Clay blickte seine Stiefschwester an, die seinen Blick ängstlich erwiderte. “Weg ist weg, daran ändern auch Sie mit Ihren Ermittlungen nichts. Sie bringen doch nur weiteren Ärger nach Stillwater.”
“Es würde Madeline aber beruhigen, wenn sie endlich Gewissheit hätte”, wandte Hunter ein.
“Das sagen Sie”, konterte Clay. “Nur kennen Sie Maddy nicht so gut wie wir. Also, erzählen Sie mir nicht, was für meine Schwester gut ist oder nicht.”
“Sie hat mich schließlich ins Spiel gebracht.”
“Wenn’s anders wäre, stünden Sie schon längst nicht mehr hier.”
Hunter ließ sich nicht beirren. Ohne auch nur einen Zoll zurückzuweichen, hielt er Clays wütendem Blick stand. Madeline war beeindruckt, ob sie wollte oder nicht. Clay war dermaßen verbittert, dass er manchmal sogar Leute nervös machte, die ihm nahestanden.
“Wo hat denn die Spurensicherung damals gearbeitet?”, wollte Hunter nun wissen, noch immer an Clay gewandt. Er blieb hartnäckig, wo manch anderer aufgegeben hätte. Die Antwort kam allerdings von Allie. Vermutlich war ihrer Schwägerin ebenso sehr daran gelegen, die Spannung zwischen den beiden Männern abzumildern.
“Beim ersten Mal im Haus und in der Scheune.”
“Sie waren mehr als einmal hier?” Jetzt endlich riss Hunter sich von Clay los.
Allie nickte bejahend. “Vor anderthalb Jahren, da haben Sie sogar den ganzen Garten umgegraben. Natürlich ohne auf etwas zu stoßen.”
“Was hat sie dazu gebracht, nach so langer Zeit?”, fragte er.
“Wegen Joe Vincelli”, erklärte Madeline. “Der ist Grace eines Abends hierher gefolgt. Er meinte, sie habe den Leichnam von meinem Vater ausgraben und in ein sichereres Versteck bringen wollen.”
“Hatte sie einen Spaten dabei?”
“Ja.”
“Und was hat sie damit angestellt?”
“Sie wollte tatsächlich nach meinem Vater graben”, berichtete Madeline. “Aber nur um zu
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