Totgesagt
Antoinette überhaupt verdächtigte. Ich war überzeugt, meine Mutter suchte bloß nach einem Vorwand, um einen Keil zwischen uns zu treiben, und das habe ich ihr auch an den Kopf geworfen.” Sein Lächeln enthüllte seinen ganzen Kummer. “Letzten Endes stellte sich heraus, dass meine Eltern doch recht hatten. Ich fand die Diamantenkette meiner Mutter drei Monate später in Antoinettes Wäscheschublade.”
Madeline strich sich das Haar hinters Ohr. “Oh je, da hast du dich sicher furchtbar gefühlt.”
“Und ob!”
“Und dennoch hast du sie geheiratet. Hattest du denn keine Zweifel bezüglich ihres Charakters? Wo sie doch deine Mutter bestohlen hatte?”
“Als die Wahrheit ans Licht kam, war ich schon so weit erwachsen geworden, um zu kapieren, dass Sex nicht dasselbe ist wie Liebe.”
Mit Kirk hatte sie genau die gegenteilige Erfahrung gemacht. Bei ihnen stimmte es hinsichtlich Freundschaft und gegenseitiger Achtung, mit der Erotik hingegen nicht. Kein Vergleich zu dem, was sie mit Hunter erlebt hatte. “Also habt ihr euch eine Weile getrennt?”
“Eigentlich hatte ich vor, endgültig Schluss zu machen. Aber als ich zu der Einsicht gelangte, es sei aus und vorbei, da war gerade Semesterabschlussprüfung. Da wollte ich Antoinette erst nach meinen Klausuren aufklären.”
“Weil du dich aufs Lernen konzentrieren musstest?”
“Nein, wir wohnten zusammen, und ich wollte erst das Semester zu Ende bringen, ehe sie mir womöglich eine Riesenszene lieferte. Ich hatte es nämlich schon einmal versucht, und da flippte sie völlig aus. Drohte, sich etwas anzutun.”
“Da waren deine Eltern aber sicher froh, als sie sahen, dass du sie bald los sein würdest.”
“Denen hab ich’s gar nicht verraten. Das Verhältnis zu meinen Eltern war ohnehin schon immer schlechter geworden. In erster Linie deshalb, weil ich nach wie vor mit Antoinette zusammenwohnte. Ich schaltete auf stur und sagte ihnen, ich wäre erwachsen und könne gehen, mit wem ich wollte.”
“Typisch Mann.”
“Vielen Dank für die Unterstützung”, brummte er sarkastisch.
“Bitte sehr.” Sie lächelte. “Und wieso hast du sie am Ende geheiratet? Ihr wolltet doch Schluss machen!”
Er umfasste die Tasse mit beiden Händen. “Wollte ich auch, gleich am nächsten Wochenende. Nur …” – Sein Lächeln erlosch – “… da eröffnete sie mir, sie sei schwanger.”
Das musste ein schwerer Schlag gewesen sein. “Und du dachtest, nun bliebe nur noch Heirat?”, fragte sie.
“Es erschien mir das einzig Richtige.”
“Wegen deiner Eltern?”
“Nein, die waren zwar einverstanden, doch die Entscheidung kam von mir.”
Sie beugte sich vor. “Glaubten die wirklich, so eine Mussehe würde klappen? Hast du das etwa auch angenommen?”
“Es lag in meiner Hand, dafür zu sorgen, dass es klappte – um meiner Tochter willen.”
“Um deiner Tochter willen …” Sie spielte mit ihrem Löffel. “Seid ihr denn überhaupt jemals glücklich gewesen? Du und Antoinette?”
Er versank in Schweigen. Sie sah ihm an den plötzlich verkniffenen Lippen an, dass er keine Lust mehr hatte, darüber zu reden. Sie hätte es allerdings gern erfahren.
“Hunter?”, fragte sie, als sie merkte, dass er vorübergehend völlig in seinen Gedanken versunken war.
“Maria war jedes Opfer wert”, stellte er achselzuckend fest.
“Maria? Ist das deine Tochter?”
Er nickte.
“Wo ist sie jetzt?”
Unvermutet stand er auf und griff nach der Rechnung. “Lass uns gehen”, sagte er. “Steht ja nun fest, dass ich bleibe. Da wird’s Zeit, dass ich mal Grace kennenlerne.”
Madeline begleitete Hunter ebenso ungern zu Grace wie vorher schon zu Clay, besonders nach allem, was er zuvor bei dem Besuch auf der Farm und bei ihrer Tante Elaine vom Stapel gelassen hatte. Sie fürchtete nämlich, er werde sie über kurz oder lang all ihren Lieben entfremden. Dennoch: Mittlerweile bewegte sie sich auf einem Pfad, von dem es kein Abweichen gab. Ihr blieb nichts weiter übrig, als vorwärts zu marschieren und zu beten, dass ihre Nachforschungen sie nicht so viel kosten würden, wie sie befürchtete.
Seit dem Termin im Polizeirevier war das Verhältnis zwischen ihr und Grace ohnehin etwas angespannt, was den Besuch nicht einfacher machte. Madeline hatte ihre Stiefschwester an dem Tag, an dem sie den Slip identifizierte, noch angerufen, hoffte sie doch, sie könne ihr Liebe, Unterstützung, Trost anbieten – was immer Grace auch brauchen mochte. Grace hatte jedoch
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