Totgesagt
Ähnliches ist gut. Stripperin war sie.”
Sie führte gerade die Tasse zum Mund und hielt in der Bewegung inne. “Dein Vater hatte nicht zufällig dauernd den
Playboy
im Hause herumliegen?”
“Gott bewahre! Ich stamme aus einer religiös geprägten Familie mit sehr strengen Eltern. Die steckten mich in eine reine Jungenschule.”
Madeline nippte und stellte die Tasse ab. “Und das hat dir nichts ausgemacht?”
“Nö, eigentlich nicht. Ich war auf der Highschool sowieso mehr an Sport interessiert als an den Mädchen.”
Sie fand es sympathisch, dass er einiges über sich verriet. Vermutlich tat er es nur, weil er merkte, dass er sie damit ablenkte und ihr half, mit ihren Problemen umzugehen. Interessant war es trotzdem.
“Und als ich dann aufs College ging, da gab’s plötzlich keinen Daddy mehr, der mich an die Kandare nahm. Da merkte ich erstmals, was echte Freiheit bedeutet. Das habe ich ausgenutzt und alles auf eine Karte gesetzt.” Er aß den letzten Bissen Kuchen, packte die beiden Teller übereinander und schob sie zur Tischkante. “Die ersten Monate machten unheimlich Spaß. Nur habe ich mir in meiner grenzenlosen Naivität einige böse Dummheiten erlaubt.”
“Zum Beispiel ein Techtelmechtel mit ‘ner Striptease-Tänzerin.”
“Antoinette war …” Stirnrunzelnd schüttelte er den Kopf. “Hast du
Lockere Geschäfte
gesehen?”
“Mehrmals.”
“Unsere Beziehung, das war wie bei Tom Cruise und Rebecca DeMornay in diesem Film. Sie war das erste Mädchen, mit dem ich geschlafen habe. Aber sie war eben fünf Jahre älter als ich und erheblich erfahrener.”
“Hatte sie auch studiert?”
“Sie behauptete, sie hätte ein paar Kurse an der Fachhochschule belegt, aber das stimmte nicht, das hatte ich schnell raus. Sie tummelte sich halt gern unter der Uni-Schickeria. Strippen tat sie nur des Geldes wegen und weil sie da im Mittelpunkt stehen konnte.”
“Und dir hatte sie’s besonders angetan.”
Sein Blick nahm einen verträumten Ausdruck an. “Du sagst es. Ich war dermaßen verrückt nach ihr – ich kam sogar auf die schwachsinnige Idee, sie mit nach Hause zu nehmen und meinen Eltern vorzustellen.”
Die Kellnerin erschien schon wieder mit der Kaffeekanne. Sie sammelte die leeren Teller ein, doch Madeline hielt die Hand über die Tasse, um anzuzeigen, dass sie keinen Bedarf mehr hatte. Hunter tat es ihr nach. “Und?”, fragte sie. “Wie hat sie deinen Eltern gefallen?”
Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. “Kannst du dir sicher vorstellen.”
“Sie waren wohl nicht begeistert?”
“Kein bisschen. Für meine Eltern war sie unterstes Niveau. Sie meinten, ich müsse sie schnellstens loswerden.”
“Ziemlich derbes Urteil – nach nur einer Begegnung! Vielleicht kam sie ja aus ärmlichen Verhältnissen und musste strippen, weil sie sich anders nicht den Lebensunterhalt verdienen konnte.”
“Dass sie Stripperin war, wussten sie gar nicht. Das hätte ich ihnen nicht auf die Nase gebunden. Nein, sie mochten sie nicht, weil …” Er tippte mit der Fingerspitze auf den Tassenrand, als wüsste er noch nicht recht, ob er überhaupt weitererzählen sollte.
“Weil?”, hakte sie nach. “Mensch, meine schmutzigen Geheimnisse kennst du doch auch schon alle!”
“Dass du mit dem Sex gewartet hast, bis du zweiunddreißig warst, würde ich nicht als besonders schmutziges Geheimnis bezeichnen”, wandte er ein.
Sie merkte, wie ihre Wangen warm wurden. “Und jetzt gibt’s diesen … diesen Vorfall hinter den Bäumen.”
Er schmunzelte. “Ist mir schon klar, dass du den am liebsten verdrängen würdest. Darf ich was dazu sagen?”
Sie war nicht sicher, ob sie es hören wollte. “Was denn?”, fragte sie zögernd.
“Das war ‘ne Klasse für sich.
Du
bist ‘ne Klasse für sich.”
“Ach, hör auf!” Zum ersten Mal an diesem Tag lachte sie. “Ausnahmsweise reden wir hier gerade von
dir
.”
“Ich war ja ebenfalls anwesend!”
Das würde sie auch so schnell nicht vergessen. Schon die Erinnerung verschlug ihr den Atem. Nur machte das es ihr auch nicht leichter, ihn heute Abend am Motel abzusetzen.
“Wieso mochten deine Eltern Antoinette denn nun nicht leiden?”, fragte sie. “Wenn sie doch gar nicht wussten, dass sie Stripperin war?”
Widerwillig wurde er wieder ernst. “Sie hat was vom Schmuck meiner Mutter mitgehen lassen. Kaum war ich wieder am College, rief meine Mutter an, total aufgelöst und voller Vorwürfe. Ich wurde wütend, weil sie
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