Totgesagt
das Allerschlimmste.”
Sie guckte ihn konsterniert an. “Wieso?”
“Weil ich jetzt weiß, dass es endgültig aus und vorbei ist”, knurrte er, schon zur Tür gewandt, wo er noch einmal innehielt. “Aber wenn du mit dem da was anfängst, dann hast du wohl den Verstand verloren.”
Wenn? Sie steckte ja schon
mittendrin
!
Als sie nichts erwiderte, kein Wort hervorbrachte, stapfte er hinaus.
Madeline hockte reglos da und wartete auf die übliche Panikattacke. Jetzt ließ sie ihn also wirklich gehen! Nach fünf Jahren! Schluss, aus, Feierabend!
Beängstigend war nur: Es drängte sie kein bisschen, ihm nachzurennen. Und dafür konnte es nur einen Grund geben.
Hunter Solozano.
14. KAPITEL
D en Rücken zur Tür, saß Madeline mit Hunter in einer Ecknische im
Two Sisters
. Normalerweise war das Café zur Frühstückszeit besser besucht als am Abend, doch es war Freitag und um halb sieben immer noch ziemlich viel los.
Madeline hielt das Gesicht abgewandt, um von den Gästen an den Nebentischen möglichst nicht gleich erkannt zu werden. Auf Geplauder mit Bekannten hatte sie nicht die geringste Lust. Soeben hatten sie ihren Hackbraten mit Kartoffelpüree gegessen; nun wollten sie sich noch Kaffee und Nachtisch gönnen. Noch immer stand Madeline unter dem Eindruck der Ereignisse dieses Tages. Dabei hatte sie sich in Stillwater doch stets so sicher gefühlt! Auf einmal sah sie alles und jeden mit ganz anderen Augen.
Als Folge davon fühlte sie sich nervös, beengt, sogar ein wenig hilflos. Hunters Anwesenheit zwang sie, alles infrage zu stellen, an das sie einmal geglaubt hatte.
“Willst du auch wirklich, dass ich bleibe?”, fragte er.
Wollte sie das? Sie steckte mitten in einem dunklen Rätsel, für das es anscheinend keine Lösung gab. Falls er weiter nach der Wahrheit suchen sollte, musste sie sich mit den Ergebnissen wohl abfinden – auf Gedeih und Verderb. Allmählich beschlich sie eine Ahnung, was seiner Ansicht nach damals vorgefallen sein musste.
Wenn er aber abreiste – konnte sie dann so tun, als habe sich überhaupt nichts verändert?
“Bekomme ich vielleicht mal ‘ne Antwort?”
Sie sehnte sich immer noch nach seiner Berührung. Was sie da am Nachmittag erleben durfte, reichte ihr nicht im Mindesten aus.
“Ich weiß mir keinen Rat”, räumte sie ein, wobei sie den Finger über den glatten Henkel ihrer Kaffeetasse bewegte, immer hin und her. Wo war ihr Selbstbewusstsein geblieben? Ihr Glaube an ihre Lieben? Sie wusste noch, wie ihr Vater sie früher immer an den Esstisch setzte und ihr sagte, ihr Körper sei ein Tempel, den sie sich nicht besudeln lassen dürfe.
So etwas sagt doch kein Pädophiler!
“Vertraust du mir?”, fragte Hunter leise.
Sie rührte einen Löffel Zucker in ihren Kaffee. “Ich kenne dich ja nicht mal!”
“Bist du dir da sicher?”
Nein. Sie kannte ihn zwar noch nicht lange und war in die Einzelheiten seines Lebens nicht eingeweiht, doch sie vertraute ihm instinktiv. Sonst hätte sie sich ihm niemals hingegeben. Vielleicht lag es daran, dass sie den üblichen Small Talk zwischen Fremden einfach ausgelassen und sich ruck, zuck in ein Thema gestürzt hatten, das sie beide im Innersten bewegte. Möglich, dass ihre Beziehung sich genau deswegen mit solch blitzartiger Geschwindigkeit entwickelt hatte. Eins wusste sie allerdings: Er war scharfsinnig und eine Führernatur, die ganze Arbeit leistete. Und wenn es nach ihm ginge, würde ihr dabei nichts Böses geschehen.
Für den Anfang war das doch gar nicht schlecht.
“Ich möchte, dass du bleibst”, sagte sie.
“Dann sollte ich aber ins Motel umziehen …”
“Denn …”
Ihre Blicke trafen sich, und fast war ihr, als spiegele sich in seinen Augen jedes Detail ihrer Begegnung auf dem Feld. “Denn du weißt, was passiert, wenn ich’s nicht tue.”
Sie kämpfte an so vielen Fronten gleichzeitig, dass sie einerseits fast geneigt war zu glauben, diese Lösung sei vielleicht gar nicht die Schlechteste. Dieser kleine Ausrutscher – einmal in sechsunddreißig Jahren.
Andererseits war ihr klar, dass sie im Augenblick nicht gerade in der Lage war, überlegte Entscheidungen zu treffen.
Wenn du mit dem was anfängst, hast du wohl den Verstand verloren …
Und falls sie sich richtig in Hunter verliebte? Falls sich daraus etwas Ernstes entwickelte? Was sollte aus ihr werden, wenn er dann wieder nach Hause flog?
“Einverstanden.”
Die Bedienung kam, um Kaffee nachzuschenken. Madeline rang sich ein Lächeln ab,
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