Totgesagt
denn sie kannte die Frau aus der Kirche.
“So, jetzt hast du die Nachricht ja x-mal gehört”, sagte Hunter. “Meinst du, es war dieser Mike?”
“Keine Ahnung. In der Zeit, bis wir in der Redaktion ankamen, hätte er wohl kaum nach Hause fahren und die Nachricht hinterlassen können. Davor schon eher.”
“Ich knöpfe mir den morgen mal vor. Mal sehen, was er dazu sagt.”
Sie hatte sich doch richtig entschieden, das erkannte sie nun. Sie brauchte Hunter an ihrer Seite. Nur mochte man sich lieber nicht vorstellen, auf welch furchtbare Dinge er möglicherweise stoßen würde …
“Clay sollten wir ebenfalls anrufen”, ergänzte er. “Ihn über die Nachricht informieren.”
Sofort regte sich in ihr wieder die altbekannte Abwehrhaltung. “Clay würde mir so etwas niemals antun.”
Hunter langte über den Tisch und drückte ihr aufmunternd den Ellbogen. “Ich meinte nur, dass er vielleicht eine Idee haben könnte, wer dahintersteckt. Mit Sicherheit weiß er über die Vorgänge vor zwanzig Jahren mehr als wir. Ob er uns etwas sagt, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber wenn er einsieht, dass es um deine Sicherheit geht, macht er vielleicht doch noch den Mund auf.”
Bis zum heutigen Tag hatte Madeline sich nie persönlich bedroht gefühlt. “Können wir für ein Weilchen von was anderem reden?”, fragte sie und formte mit der Gabel kleine Hügel aus Schlagsahne auf ihrem Kuchen. Sie durfte sich über ihre Situation nicht so viele Gedanken machen, nicht so viel grübeln. Sonst ging es ihr eines Tages noch wie ihrer Mutter, und sie bekam Depressionen. Allein bei dem Gedanken wurde ihr angst und bange. So verzweifelt wollte sie niemals enden.
Hunter streckte den Arm über die Banklehne. “Über was denn?”
“Über dich zum Beispiel.” Sie legte die Gabel nieder und schob den Rest ihres Kuchens von sich.
Er zögerte kurz und zuckte die Achseln. “Was möchtest du denn wissen?”
“Wie lange bist du schon geschieden?”
“Dreizehn Monate.”
Sie hatte sich gleich gedacht, dass es noch nicht allzu lange her sein konnte. “Dann warst du wie lange verheiratet? Fünf, sechs Jahre?”
Er zog ihren Dessertteller zu sich heran und machte sich an den Rest Kuchen. Sein Stück hatte er bereits verputzt. “Zwölf.”
So lange? Das hatte sie nicht erwartet. “Dann hast du aber jung geheiratet.”
“Mit neunzehn.”
“Ich dachte, du wärst durchs Studium gesurft.”
Er nippte kurz an seinem Kaffee und lachte trocken. “Nur im Traum.”
“Sei ehrlich!”
“Zum Surfen hatte ich gar keine Zeit. Und außerdem nicht mal ‘n Surfbrett.”
“Hast du gearbeitet?”
Die Tasse stieß klirrend auf die Untertasse. “Nachts. Tagsüber an der Uni. BWL. Bis ich das Studium schmeißen musste.”
“Was ist denn passiert?”
“Ich musste mir ‘nen Zweitjob suchen.”
Ihr fiel ein, wie sie ihn bei der Ankunft damit aufgezogen hatte, er habe wohl dauernd am Strand herumgegammelt. Jetzt kam sie sich wegen so einer vorschnellen Beurteilung ziemlich schäbig vor. Ganz so einfach, wie sie es sich ausgemalt hatte, schien sein Leben nicht verlaufen zu sein. “Bist du deshalb Polizist geworden?”
“Nein, Barkeeper. Erst zwei Jahre danach beschloss ich, zur Polizei zu gehen.”
“Und? Gefiel dir die Polizeiarbeit?”
“Durchaus. Aber Privatdetektiv ist besser. In mancherlei Hinsicht mache ich genau dasselbe, kann aber meine Arbeitszeiten selbst bestimmen und mir meine Mandanten aussuchen. Und obendrein verdiene ich auch noch mehr Geld.”
“Besser geht’s nicht”, stellte sie fest.
“Eben.”
“Hast du deine Exfrau während des Studiums kennengelernt?”
“So ungefähr. Sie war aber keine Studentin. Ich bin ihr bei einer Studentenfete begegnet, allerdings nicht auf dem Uni-Gelände.”
Sie gab etwas Milch in ihren Kaffee. “Wenn du fast zwölf Jahre verheiratet und jetzt ein Jahr geschieden bist, dann warst du doch höchstens im zweiten Semester?”
“Im ersten.”
Sie stieß einen leisen Pfiff aus. Allmählich war sie wieder die alte. Lag vermutlich am Themenwechsel. “Es war Liebe auf den ersten Blick?”
Er lachte leise. “Kommt drauf an, was man unter Liebe versteht. Jedenfalls war ich zum ersten Mal richtig verknallt.”
“Und was fandest du an ihr so toll?”
“Sie war der Star des Abends. So was hatte ich noch nie erlebt. Ich war hin und weg.”
Sie rührte in ihrem Kaffee. “Dann war sie wohl Tänzerin oder so was Ähnliches.”
Er lachte abermals. “So was
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