Totgeschwiegen (Bellosguardo)
schwanger werden, Schatz.“
„Nein, das ist es auch nicht , was mir Sorgen macht ...“
„Was macht dir denn Sorgen?“
Isabelle zögerte. Sollte sie ihm jetzt doch von den Flecken auf Annas Dekolletee erzählen? Auch heute hatte Anna wieder einen Rollkragenpullover an. Und wenn es sich doch nur um leidenschaftliche Knutschflecken handelte?
„Ach nichts. Vergiss es einfach.“ Isabelle gab ihrem Mann einen Kuss.
Aber da war ja auch noch die unverschämte Nachricht gewesen. Hure. Nein, Isabelle hatte kein gutes Gefühl. Aber irgendwie konnte sie sich auch nicht vorstellen, dass sich ein Mädchen so behandeln ließ. Mit Sicherheit steigerte sie sich da mit ihren Vermutungen in etwas völlig Absurdes rein. Und was Fehler in Liebesbeziehungen anbelangte, hatte Alexander bestimmt recht. Anna musste ihre eigenen Erfahrungen machen und daraus lernen. Sie war zwar noch nicht volljährig, aber sie war auch kein kleines Mädchen mehr. Und in den letzten Jahren war sie die ganze Zeit allein in ihrem Internat klar gekommen.
Wahrscheinlich hatte Anna mit ihrem Freund Klartext geredet und der hatte sich entschuldigt. Und wenn nicht? Wenn dieser Junge Anna unterdrückte und fertigmachte? Wieder fiel ihr der Weihnachtsabend ein, als Anna so zittrig und blass geworden, nachdem Alexander das Foto von ihr und Constantin versehentlich an diesen Freund geschickt hatte. Zu zittrig und zu blass. Als ob sie Angst vor ihm hätte. Aber danach war sie wie ausgewechselt gewesen. Das machte alles überhaupt keinen Sinn.
Irgendwie musste sie mit Anna sprechen und zu ihr vordringen, bevor sie abreiste. Aber wie? Würde sie dann nicht riskieren, dass Anna sie als Schnüfflerin ansah, die sich in fremde Angelegenheiten mischte? Und das würde alle ihre Chancen zunichte machen, Alexanders Tochter besser kennenzulernen. Und dennoch. Sie musste es versuchen. Sonst würde das ungute Gefühl bleiben.
„Ich gehe mal Constantin holen, der s agt dir dann auf welchem Flug er gebucht ist.“
Nachdem sie Constantin gebeten hatte, zu Alexander ins Arbeitszimmer zu gehen, setzte sie sich neben Anna aufs Sofa.
„Dein Vater bucht gerade deinen Flug um. Freust du dich schon auf deinen Freund?“ , fragte sie so unverfänglich wie möglich.
„Ja.“
„Wie lange kennt ihr euch denn schon?“ Isabelle bemühte sich um einen interessierten aber nicht zu neugierigen Ton.
„Wir sind seit November zusammen.“ Anna wirkte nicht gerade so, als ob sie scharf auf ein Gespräch über ihren Freund wäre. Isabelle ließ jedoch nicht locker.
„Ach so kurz erst? Ist er dein erster Freund?“
War das zu neugierig?
Anna sah sie an, als ob sie schwachsinnig wäre.
„Isabelle, ich bin 17. Natürlich ist er nicht mein erster Freund.“
D ann hat sie wenigstens schon ein bisschen Erfahrung. Wie viel Freunde sie wohl schon gehabt hat? Kann ich das fragen? Oder ist das völlig daneben?
„In deinem Alter hatte ich mit 17 meinen ersten Freund. Aber das war alles noch ganz harmlos mit Händchenhalten und so.“
„Aber mit 19 warst du dann schon schwanger.“
„Stimmt, da war es dann alles andere als harmlos.“
„Isabelle, willst du mich jetzt fragen, ob mein Freund und ich Sex haben?“
„Ähm, ja ... nein ... ich weiß auch nicht. Ich will nur nicht , dass du Fehler machst, die du später bereust. Ich weiß nicht, inwieweit du mit deinem Vater über so etwas sprichst ...“
„Mit meinem Vater? Isabelle, also wirklich. Ich spreche doch nicht mit meinem Vater über so was.“
„Mit wem sprichst du denn darüber? Mit deiner besten Freundin?“
„Mit Lara? Nein, über Domenik spreche ich mit niemandem. Mit ihm ist es irgendwie ande rs. Das geht keinen etwas an. Er ist der erste Junge, den ich richtig liebe, verstehst du das?“
Isabelle nickte. Die erste große Liebe. Oh ja, wie sie das verstand. Sie erinnerte sich, wie sie damals in Marc verliebt gewesen war. Bis ans Ende der Welt wäre sie ihm gefolgt - ohne nachzufragen. Sie hatte damals geglaubt, nichts könnte diese Beziehung erschüttern - kein Kind und kein Babysitter ... Wie naiv sie doch damals gewesen war.
„Mein e erste große Liebe endete in einer Katastrophe. Constantins Vater hat mich jahrelang betrogen.“
„Das würde Domenik nie tun. Dafür liebt er mich viel zu sehr.“
„Menschen ändern sich manchmal.“
„Er nicht. Ich bin sein Ein und A lles.“
Dann wird er sie wohl kaum schlagen und es sind wohl doch nur Knutschflecken. Allerdings sehr leidenschaftliche. Aber
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