Totgeschwiegen
die Bibel meines Onkels. Du weißt schon – die, die du vergraben hast.”
Kennedys Hand umkrampfte den Hörer. “Joe, jetzt hör mal zu, lass das bleiben!”
“Warum?”
“Weil du dich nicht so erniedrigen solltest.”
“So wie du?”, höhnte Joe. “Findest du es nicht erniedrigend, einen Mord zu vertuschen?”
“Es gab keinen Mord!”
“Das werden wir bald wissen.”
Kennedy zog sich ein T-Shirt über den Kopf. “Was soll das heißen? Was hast du vor?”
“Ganz einfach: Ein bisschen graben. Dank Grace weiß ich jetzt ganz genau, wo mein Onkel verbuddelt wurde.”
Die Farm. Grace hatte von der Farm gesprochen. Und Joe hatte eine Schaufel erwähnt, die Grace bei sich hatte. Kennedy wurde immer nervöser. Konnte das stimmen? Hatte sie wirklich eine Schaufel in den Kofferraum gelegt? Und wenn es so war, was wollte sie damit? Und was bedeutete es für ihre gemeinsame Zukunft? Für das Baby, mit dem sie vielleicht schwanger war?
“Joe, bitte! Lass Grace doch einfach in Ruhe.”
“Nein. Und das ist erst der Anfang, Kennedy. Die Polizei ist schon unterwegs. Und dieses Mal, das kann ich dir versprechen, werden sie ganz bestimmt genügend Beweise finden, um Anklage zu erheben.”
Kennedy konnte seine Hose nicht mit einer Hand zuknöpfen, also ließ er sie offen und griff nach seinen Schuhen. “Wenn du Ärger haben willst, dann halte dich an mich, Joe, aber lass Grace in Ruhe.”
Joe lachte leise. “Warum? So treffe ich dich doch viel härter”, sagte er und legte auf.
Kennedy starrte den Hörer an. Nach achtzehn Jahren des Schweigens und Vertuschens hatte Grace genau im falschen Moment die Initiative ergriffen, und nun waren die Bluthunde ihr auf den Fersen.
Genau das hatte Kennedy die ganze Zeit gefürchtet: Dass es ihm nicht möglich sein würde, sie zu beschützen. Wenn die Polizei die Leiche fand, würde er nichts für sie tun können.
Er wählte die Nummer seiner Mutter und bat sie, sofort zu ihm zu kommen, um auf die Jungs aufzupassen. Dann rief er Clay an.
Aber das Telefon auf der Farm klingelte und klingelte und klingelte. Als niemand abnahm, versuchte er, McCormick auf seinem Handy zu erreichen.
“Dale, hier ist Kennedy.”
“Kennedy? Was ist denn los?”
Kennedy begann auf und ab zu laufen. “Kannst du kurz zu mir rüberkommen? Ich muss mal mit dir reden.”
“Das geht im Moment leider nicht. Ich bin auf dem Weg zur Montgomery-Farm.”
“Joe weiß doch überhaupt nicht, wovon er redet”, sagte Kennedy.
Peinliches Schweigen am anderen Ende. Dann sagte McCormick: “Hör zu, Kennedy, Joe behauptet, er habe Beweise. Er sagt auch, dass du einiges weißt, was du besser nicht für dich behalten hättest.”
“Grace und ihre Familie haben keinen Mord auf dem Gewissen, Dale.”
“Gehst du mit ihr ins Bett, Kennedy? Stimmt das denn wenigstens?”
“Ob ich mit ihr ins Bett gehe oder nicht, hat nichts mit ihrer Schuld oder Unschuld zu tun.”
“Aber es macht einen Unterschied in deinem Verhältnis zu ihr. Vielleicht willst du ja nur nicht glauben, was offensichtlich ist. Hör zu Kennedy, wir sind Freunde, und ich habe vollstes Verständnis für dich. Aber ich muss auch meine Arbeit tun. Falls Joe wirklich neue Beweise hat, muss ich mich damit auseinandersetzen.”
Scheiße!
Kennedy wurde immer unruhiger und ging schneller auf und ab. “Was heißt denn auseinandersetzen?”
“Ich hab Hendricks zum Richter geschickt, damit er mir einen Durchsuchungsbefehl besorgt.”
“Aber ihr habt doch die Farm schon einmal durchsucht und nichts gefunden!”
“Wir haben eine ganze Menge gefunden, nur nichts, was ausgereicht hätte, Anklage zu erheben. Wenn wir jetzt eine Leiche finden, ändert das alles. Und Joe behauptet, er wisse ganz genau, wo wir danach suchen müssen.”
Kennedy hielt mitten im Zimmer an. “Dale, jetzt hör doch mal zu. Joe macht das alles nur aus Rache. Der kocht sein eigenes Süppchen, und ihr lasst euch benutzen.”
“Wenn wir nichts finden, dann werde ich ihn schon zusammenstauchen, das kannst du mir glauben. Ich kenne ihn genauso gut wie du. Aber zuerst muss ich herausfinden, ob irgendwas an dem dran ist, was er behauptet.”
Kennedy rannte die Treppe hinunter ins Erdgeschoss und nahm zwei Stufen auf einmal. In der Küche suchte er nach seinen Schlüsseln. “Aber Grace war doch noch ein kleines Mädchen, als Reverend Barker verschwand.”
“Es sind schon die seltsamsten Sachen passiert. Auf jeden Fall muss irgendjemand für sein Verschwinden
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