Totgeschwiegen
mit Grace verursacht hatte, nahm den Hörer und meldete sich. “Hallo?”
“Kennedy?”
Es war eine Frauenstimme, aber nicht die seiner Mutter. Wer konnte das sein?
“Ja?” Er versuchte sich halbwegs zusammenzureißen, damit er nicht unhöflich wirkte.
“Hier ist Sarah.”
Die Frau von Buzz also. Er warf einen Blick auf den Wecker neben dem Bett und verzog das Gesicht. Es war halb vier Uhr morgens. Warum rief Sarah ihn um diese Uhrzeit an?
“Alles in Ordnung bei euch zu Hause?”
“Ja, allen geht’s gut. Ich mach mir auch eher Sorgen wegen Grace.”
Kennedy spürte, wie sich etwas in seinem Bauch zusammenzog. “Wieso, was ist denn mit Grace?”
“Vielleicht hat es ja nichts zu bedeuten, aber …”
Nichts zu bedeuten? Sarah würde ihn doch nicht mitten in der Nacht anrufen, wenn sie keinen triftigen Grund hätte!
“Aber was?”
“Ich hab gerade gesehen, wie sie aus der Stadt rausfuhr, Richtung Farm.”
“Richtung Farm?”, wiederholte er, weil das alles für ihn überhaupt keinen Sinn ergab. Grace war doch erst vor Kurzem aufgebrochen. Sie war doch auf dem Weg nach Hause!
“Ja. Und Joe fuhr ihr hinterher.”
Kennedy richtete sich ruckartig auf und schob alle Decken und Kissen von sich. “Wo hast du die beiden gesehen?”
“Am nördlichen Ende der Stadt.”
“Was hast du denn da gemacht?”
Sie klang niedergeschlagen, als sie antwortete. “Ich hab mich mit Buzz gestritten. Deshalb bin ich zu meiner Mutter gefahren.”
“Das tut mir leid.”
“Wir machen gerade schwere Zeiten durch, so ist das halt.”
“Und du bist dir ganz sicher, dass es Grace war?”
“Ziemlich sicher”, antwortete sie. “Ich konnte sie nicht genau sehen, aber sie ist die Einzige in der Stadt, die so einen BMW fährt.”
“Und Joe?”
“Seinen Wagen kenne ich gut.”
“War er allein?”
“Soweit ich sehen konnte, ja.”
“Und wie kommst du darauf, dass er ihr gefolgt ist?”
“Er bog aus der Seitenstraße ein, in der ihr Haus liegt. Mit quietschenden Reifen, die Scheinwerfer nicht eingeschaltet. Es war ziemlich seltsam.”
Kennedy dachte fieberhaft darüber nach, was das zu bedeuteten hatte.
“Nach deiner Auseinandersetzung mit Joe dachte ich nur, dass dich das vielleicht interessiert. Ich mag Joe gern, aber in letzter Zeit … Ich weiß auch nicht, aber mir kommt es so vor, als würde er sich wegen Grace in irgendwas reinsteigern …”
Kennedy suchte den Raum ab nach Sachen, die er anziehen könnte. “Danke, Sarah. Sieh zu, dass du dich wieder mit Buzz versöhnst, ja? Er ist ein guter Kerl.”
“Ich weiß. Wir werden es schon schaffen.”
Kennedy hoffte es inständig, aber jetzt war er viel zu sehr mit dem beschäftigt, was Sarah ihm über Grace erzählt hatte. Was hatte sie bloß vor? Und warum war Joe hinter ihr her?
Er zog sich an und griff nach dem Telefon, um Grace anzurufen.
“Hallo, dies ist die Mailbox von Grace Montgomery. Im Moment bin ich leider nicht erreichbar. Sie können mir aber Ihren Namen und Ihre Telefonnummer hinterlassen. Ich rufe Sie dann so schnell wie möglich zurück.”
Als es piepte, sagte er knapp: “Ruf mich bitte sofort an.” Dann schickte er ihr eine SMS mit dem gleichen Text und rief Joes Handy an.
“Du bist ja ganz schön spät noch wach”, meldete sich Joe. Er klang fröhlich, ganz so, als hätte er das große Los gezogen.
“Was machst du denn gerade?”, fragte Kennedy.
“Wieso willst du das wissen?”
Joe klang ziemlich unberechenbar, was Kennedy noch mehr beunruhigte. “Warum verfolgst du Grace?”
“Ach deswegen rufst du an. Mannomann, du bist ja echt scharf auf sie, was?”
“Beantworte einfach meine Frage.”
“Ehrlich gesagt, war ich einfach nur neugierig, was sie wohl mit der Schaufel vorhat, die sie in ihren Kofferraum gepackt hat.”
Schaufel?
Das Wort gefiel Kennedy überhaupt nicht. “Lass sie in Ruhe, Joe”, warnte er seinen Freund.
“Mir gefällt der Ton nicht, in dem du mit mir sprichst, Kennedy. Ich habe ziemlich lange gebraucht, aber jetzt ist mir endlich aufgegangen, dass du ein ziemlich undankbarer Mistkerl bist, weißt du das?”
“Weil ich Mitleid mit Menschen habe, die Schweres durchgemacht haben?”
“Weil du eine Frau wie Grace mir vorziehst. Du weißt genau, was ich meine. Du hast mich hintergangen, Kennedy.”
“Das stimmt doch gar nicht.”
“Jedenfalls bist du nicht mehr der Freund, der du mal warst. Aber jetzt kommt die Wahrheit ans Licht.”
“Welche Wahrheit denn?”
“Ich habe
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