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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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Nacht hindurch bis zum Morgen, mit brennenden Augen und klopfendem Herzen.
    Die Erinnerungen setzten ihr so zu, dass ihr beinahe die Kraft fehlte, die Schaufel zu tragen. Sie hielt an und rang nach Atem. Dann ging sie weiter. Sie hatte sich entschieden. Sie konnte nicht länger in Stillwater leben, solange die Beweise auf dem Grundstück der Farm lagen – genau dort, wo so viele Menschen sie vermuteten.
    Bald würde es vorbei sein. Und dann, wenn die ständige Bedrohung endlich gebannt war, würde es ihr gut gehen. Es gab so viele andere, glücklichere Dinge, mit denen sie sich jetzt beschäftigen sollte.
    Sie gelangte zu der Lichtung auf der anderen Seite des Wäldchens, ungefähr zwanzig Meter von der Scheune entfernt. Dort lehnte sie die Schaufel gegen den Stamm einer Trauerweide und zog ihre Handschuhe an. Dies war die richtige Stelle. Sie hätte sie wahrscheinlich sogar mit geschlossenen Augen gefunden. Weit genug von der Scheune entfernt, sodass Jed nicht hören konnte, was sie hier taten, weil er bei der Arbeit immer sein Kofferradio laut aufdrehte. Nahe genug, sodass Clay die Leiche mit der Schubkarre herschaffen konnte. Es hatte alles ganz schnell gehen müssen.
    Nicht nachdenken. Tu es einfach! Tu es für Kennedy. Und für Teddy und Heath. Für alle, die du liebst.
    Der Lichtkegel ihrer Taschenlampe glitt über die Baumwollpresse, einen Anhänger, den Traktor und einige gegen den Schuppen gelehnte Reifen. Neben einem Pflug stand ein uralter Chevrolet-Lieferwagen. Clay, der nicht gerade ein Pferdeliebhaber war, hatte die Ställe zu Werkstätten umgebaut, in denen er alte Autos auf Vordermann brachte. Im Moment restaurierte er einen Thunderbird und einen Mustang. Grace hatte die beiden Autos gesehen, als sie zusammen mit Clay das Büro des Reverends ausgeräumt hatte. Diese Wagen waren nicht das Problem, wohl aber der Lieferwagen, der genau über der Stelle stand, an der sie die Leiche von Lee Barker verscharrt hatten. Das war natürlich eine gute Tarnung, aber für sie wurde die Sache dadurch noch beschwerlicher.
    Wie sollte sie das jetzt bewerkstelligen? Und wie schrecklich würde es werden? Als Staatsanwältin, die vor Gericht auch mit Todesfällen zu tun hatte, wusste sie, dass eine Leiche nach achtzehn Jahren aus nicht viel mehr als Knochen bestand. Aber sie war sich trotzdem nicht sicher, ob sie den Anblick verkraften würde. Und dann musste sie ja auch noch zupacken und die Überreste woandershin bringen.
    Tu einfach so, als wärst du ganz woanders. In deinem Büro in Jackson. Tu einfach so, als wäre es jemand, den du nicht kennst, sondern ganz einfach nur Beweisstück A aus einem der zahlreichen Fälle, die du bearbeitet hast. Ein Schritt nach dem anderen, ein Schritt nach dem anderen …
    Sie umkreiste den Chevrolet und zog die verrostete Tür auf, die laut knarrte. Überall im Führerhaus hingen Spinnweben. Der Lieferwagen war ganz eindeutig seit vielen Jahren nicht mehr von der Stelle bewegt worden. Der Zündschlüssel steckte noch im Schloss, aber es war klar, dass der Motor nicht mehr anspringen würde. Er war längst kaputt. Gut möglich, dass Clay ihn schon ausgebaut hatte.
    Sie würde das Loch unter dem Wagen graben müssen. Aber wie lange würde das dauern? In drei Stunden ging die Sonne auf – und auch Clay würde dann auf der Bildfläche erscheinen.
    Sie ließ die Tür des Lieferwagens offen stehen, weil sie das knarrende Geräusch beim Schließen nicht ertragen hätte, und kniete sich hin, um mit der Taschenlampe unter das Auto zu leuchten. Sie hatten die Leiche ihres Stiefvaters in eine Decke eingerollt, die ihre Mutter Jahre vorher billig gekauft hatte.
    Sie suchte nach einem Zipfel dieser Decke oder nach einem anderen Hinweis, der bewies, dass die Leiche wirklich so schlecht vorborgen war, wie sie die ganze Zeit befürchtet hatte. Wenn sie irgendwelche Anzeichen dafür fand, würde sie heute Nacht graben. Einen halben Meter Erde beiseite zu schaffen, konnte ja nicht ewig dauern. Und wenn sie nichts fand, würde sie eben noch etwas früher anfangen.
    Ein Geräusch ließ sie zusammenzucken. Sie richtete sich auf und horchte atemlos.
    Das Windrad quietschte, aber sonst war nichts zu hören, nur Grillen und Frösche.
    Es ist nur der Wind, sonst nichts.
    Sie warf sich das Haar über die Schulter und bückte sich wieder, um mit der Lampe zwischen die Hinterräder zu leuchten. War da nicht etwas Rosafarbenes zu erkennen? Ein Fetzen von einer Decke?
    Sie packte die Schaufel, schob sie unter

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