Touched
am meisten liebte, vor den Kopf zu stoßen. Er fuhr den Audi in den leeren Bauch der Fähre, zog die Handbremse an, stieg aus und entfernte sich ohne einen weiteren Blick. Ich folgte ihm zwischen den Reihen größtenteils leerer Fahrzeuge zum anderen Schiffsende mit Blick zurück auf die kleiner werdende Insel. Dort stand er, eingerahmt von der höhlenartigen Öffnung, die Hände in die Hüften gestemmt, nur ein langes Netz zwischen ihm und den schäumenden Wellen. Er murmelte etwas in einer Fremdsprache zu sich selbst. Als er meine Schritte hörte, fuhr er herum.
»Remy, es tut mir leid.« Er klang frustriert. »Ich hätte nichtssagen sollen. Ich wusste, dass du nicht dasselbe empfindest, aber ich …«
Noch immer wollten sich keine Worte bilden, also senkte ich meine Mauer und hoffte, er würde in meinen Gedanken finden, wonach er suchte. Darauf hielt er mit einem düsteren Gesichtsausdruck, der alles sagte, im Sprechen inne. Meine Gefühle waren ihm ein Rätsel, das er auch dann nicht zu lösen vermochte, wenn er meine Gedanken lesen konnte.
Als ich zu ihm kam und sein Gesicht an seinem Mantelkragen zu mir hinunterzog, wich er nicht zurück. Seine Stimmung verbesserte sich ein wenig, und er wirkte überrascht, als er Sekunden, bevor ich ihn küsste, über meine Gedanken von meiner Absicht erfuhr.
Asher reagierte nur langsam, und ich wusste, ich hatte ihn aus der Fassung gebracht. Als ich mich von ihm lösen wollte, drückte er mich fest an sich. »Bleib«, flüsterte er.
Die vertraute Bitte löste den Angstknoten in mir. Ich würde nirgendwohin gehen, denn nirgends auf der Welt wollte ich lieber sein als bei ihm.
Asher hielt mich fest an sich gedrückt und seine Mauer fuhr herunter. »Du bedeutest mir alles.«
Ich empfinde dasselbe, Asher.
Die Worte sprangen in meinen Kopf, und ich wusste, sie stimmten. Ich hatte versucht, mich gegen meine Gefühle ihm gegenüber zu wehren, aber vergeblich. Ich erinnerte mich daran, wie er mir erzählt hatte, jene Sommersprosse an meinem rechten Mundwinkel fasziniere ihn, wie dieser versteckte Kuss ihn necke. Als er mich dort küsste, musste ich lächeln.
Beide waren wir nicht auf die lähmenden Schmerzen gefasst, die einsetzten, als mein Körper anfing, ihn zu heilen.
20
Zwischen uns explodierte ein elektrischer Energiestrom.
Das erinnerte mich an den Abend, an dem ich beinahe ertrunken wäre und er die Tentakel seiner Energie in meine Glieder ausgeschickt hatte, mich geschwächt hatte, während er erstarkte. Allerdings übernahm diesmal meine Energie seinen Körper, und ich war machtlos dagegen. Gegen meinen Willen heilte mein Körper einen anderen. Nur dass Asher weder krank noch verletzt war. Er war unsterblich.
Oh, Remy, du besitzt die Gabe, sie wieder sterblich zu machen.
Im Geiste hörte ich Annas Stimme und ich begriff, was gerade geschah. Es war völlig offen, ob Asher dabei umkam oder nicht. Ich versuchte, von ihm wegzukommen, und spürte, dass er dasselbe tat, aber wir schafften es beide nicht. Ich hatte die Kontrolle über mein Können verloren und Asher in Gefahr gebracht. Irgendwie musste ich die Verbindung unterbrechen, meinen Körper zwingen, damit aufzuhören, ehe Asher sein Leben ließ. In meiner Verzweiflung kam mir eine Idee. Wenn ich mir vorstellen konnte, wie Knochen heilten, dann … vielleicht …
Noch ehe sich der Gedanke ganz gebildet hatte, wusste Asher schon, was ich tun würde. Er kämpfte dagegen an, bemühte sich in dem verzweifelten Versuch, mich zu beschützen, seine Abwehr hochzufahren. »Remy, nein!«
Mit einer stummen Klage über den anstehenden Schmerz sammelte ich Hitze und Energie und stellte mir vor, wie eine gesunde Rippe sauber entzweibrach. Als mein Körper Asher freigab, taumelten wir auseinander, und von meiner Haut rieselten grüne Funken knisternd auf seine nieder.
»Remy!« Die Panik in seiner Stimme drang durch das Summen in meinen Ohren.
Unsere Mauern fuhren hoch, und ich krümmte mich, um atmen zu können, ohne dass ich Gefahr lief, dabei innerlich zerfetzt zu werden. Asher hielt Abstand, doch seine Augen brannten in dem wilden Verlangen, mich zu beschützen. Als er auf mich zukam, wusste ich, er war bereit, mir zuliebe sein Leben zu riskieren.
»Nein! Bleib weg!«
Mein panischer Ausruf ließ ihn erstarren. »Asher«, erklärte ich in normalerem Ton. »Es liegt an mir. Mein Körper hat übernommen und begonnen, dich zu bearbeiten. Gib mir noch einen Augenblick Zeit und lass deine Abwehr oben.«
Mit
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