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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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der Wüste«, sagte sie, »betrachteten Kahlheit als ein Zeichen von Weisheit und sexueller Potenz.«
    »In Ordnung, Lawrence, ab damit«, sagte ich.
    Während Lawrence Mrs. Lewis-Masters die Haare legte, blätterte ich durch die Country Life und entdeckte zu meiner Bestürzung Daisys fröhlich lächelndes Gesicht, das mich von einer halbseitigen Fotoreportage über den Jagdball von Belvoir anstrahlte. Sie stand Arm in Arm mit »dem blaublütigen Hugo Fairfax-Lycett«. Andere breite Gebisse zeigende Teilnehmer der Jagd hielten Champagnerkelche in die Luft. Man hätte glauben können, sie gratulierten Daisy und Hugo zu ihrer Verlobung. Als ich Daisy die Seite zeigte, sagte sie hastig: »Davon hatte ich dir erzählt, Aidy – weißt du nicht mehr?«
    »Doch, ich kann mich gut erinnern. Ich war nach einer sehr unangenehmen, schmerzvollen Biopsie über Nacht im Krankenhaus.«
    Mit gesenkter Stimme sagte sie: »Hugo hatte keine Begleitung, er war in letzter Minute versetzt worden.«
    »Ich habe ja nichts dagegen, dass du mitgegangen bist, Daisy, aber musstest du ganz so glücklich aussehen? Mir hast du erzählt, du hättest es furchtbar gefunden, einem ›Haufen Sackgesichter‹ zuhören zu müssen, die damit prahlen, wie sie hilflose Füchse gequält haben.«
    Nachdem er Mrs. Lewis-Masters’ Haar zu ihrem üblichen Sturzhelm toupiert hatte, überließ Lawrence sie seinem Lehrling (dem man, wie Daisy mir einmal erzählt hatte, erst den Umgang mit einem Kehrbesen hatte beibringen müssen) und wandte sich mir zu. »Also gut, dann wollen wir mal. Ich habe auch noch ein paar supertolle Agassi-Produkte, damit die Kopfhaut schön glänzt.«
    Es dauerte nur wenige Minuten, meinen Schädel zu rasieren und einzucremen. Ich starrte mein Spiegelbild an; mein Kopf schimmerte unter den Halogenstrahlern, und meine Brille wirkte sehr auffallend.
    »Wenn du erst ein bisschen Sonne abgekriegt hast, sieht es noch besser aus«, sagte Daisy.
    Lawrence berechnet mir nur 5 £ für das Rasieren, einschließlich Feuchtigkeitscreme, Rasierwasser und Serum von Andre Agassi kam ich aber auf knapp 40 £. Ich gab ihm kein Trinkgeld.
    Als wir nach Hause kamen, sagte meine Mutter, sie möge glatzköpfige Männer, seit sie Yul Brunner mit Deborah Kerr in Der König und ich durch den Ballsaal habe wirbeln sehen.
    Mein Vater lachte. »Du lieber Himmel! Du siehst aus wie eine wandelnde Billardkugel. An deiner Stelle würde ich einen großen Bogen um das Crucible in Sheffield machen. Wenn Ronnie O’Sullivan dich sieht, stößt er dir den Kopf vom Hals, ehe du ›Pot Black‹ sagen kannst.« Er lachte sich schier kaputt und musste ein Glas Wasser gebracht bekommen, um sich zu beruhigen. Hat mein Vater mit seinem übertriebenen Spaß seine wahren Gefühle verborgen? War sein erster Impuls, in Tränen auszubrechen? Wenn ja, dann hat er es gut versteckt.
    Als Gracie vom Kindergarten kam, sagte sie: »Deine neue Haarfrisur gefällt mir, Dad.«
    Ich war sehr müde, und meine Mundhöhle war entzündet, deshalb sagte ich gereizt: »Wie kann es eine Haarfrisur sein, Gracie? Ich hab keine Haare mehr.«
    Ihre Lippe bebte, aber ich konnte sie gerade noch ablenken, indem ich ihr versprach, sie dürfe mir mit einem Staubtuch den Kopf polieren, wenn sie wolle.
    »Kann ich auch Möbelpolitur benutzen?«, fragte sie.
    Als ich nein sagte, legte sie sich bedächtig auf den Läufer vor dem Kamin und bekam einen Wutanfall. Ich hatte nicht die Kraft, etwas zu unternehmen, also sah ich ihr einfach nur zu, wie sie mit Armen und Beinen strampelte, bis sie nach fünf Minuten ruhig aufstand und wegging.
    Sonntag, 9. März
    Heute Nachmittag fuhr meine Mutter mich ins Krankenhaus. Unterwegs hielt sie vor dem Buchladen in der High Street. Wir stiegen aus und sahen durchs Schaufenster. Die Handwerker waren da und hatten bereits die Wände zwischen dem Laden, dem Hinterzimmer und den Vorratsräumen eingerissen, so dass eine große Fläche entstanden war.
    »Es wird ein Tesco Metro«, sagte meine Mutter. »Ich hab schon überlegt, mich um einen Job zu bewerben. Während du in der Chemo bist, hab ich ja immer ein paar Stunden Zeit.«
    Tagebuch, wie unsensibel kann man eigentlich werden?
    Als ich an den Tropf angeschlossen war, rief ich Daisy in der Arbeit an. Hugo Fairfax-Lycett ging ans Telefon und teilte mir mit, sie spreche auf dem anderen Apparat mit Amerika. »Tut mir leid, Adrian, aber ich will sie nicht unterbrechen, sie macht gerade einen Deal mit einem Ami-Reisebüro

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