Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
genesen ist?
5.Ist es ein schmerzhafter Tod?
6.Wird meine sexuelle Leistung weiter abnehmen?
7.Kann ich arbeiten, während ich mich der Behandlung unterziehe?
8.Wenn nicht, kann ich dann Krankengeld beantragen?
9.Falls der Schmerz gegen Ende zu schlimm wird, würde er mir dann raten, in die Schweiz zu fahren und mein Leben in einer Klinik zu den Klängen von Mahler zu beenden?
Dr. Wolfowicz stieß ein tiefes Seufzen aus und sagte: »Ich habe irgendwo eine Broschüre, die all Ihre Fragen beantworten sollte. Also abgesehen von Nummer neun. Ich fürchte, Sterbehilfe kann ich nicht billigen. Und ja, ich kenne viele junge und relativ junge Männer, die seit Jahren keine Krebssymptome mehr aufweisen. Was Frage Nummer eins betrifft, weiß keiner von uns, wann er sterben wird. Von dem Moment an, in dem wir geboren werden, leben wir mit dem Tod.«
Ich fragte ihn, ob sein katholischer Glaube ihm Trost spende.
»Nein, aber mein Glaube an menschliche Courage ganz bestimmt.«
Als ich Dr. Wolfowicz’ Praxis verließ, sah ich zu meiner Freude Daisy draußen auf mich warten, wusste aber nicht, was ich mit meinen Gesichtszügen anstellen sollte. Während wir durch das Dorf liefen, begann es zu regen, und die Blätter auf dem Weg saugten sich voll Wasser und verströmten den Duft von Verwesung. Ich hielt Daisys Hand und erzählte ihr ganz genau, was Dr. Wolfowicz mir gesagt hatte. Genau in diesem Augenblick kamen wir am Friedhof vorbei. Daisy schlang die Arme um mich, und große, dicke Tränen rannen ihr über das Gesicht und auf meines.
Als sie wieder sprechen konnte, sagte sie: »Ich kann das nicht ertragen, Aidy. Es ist meine Schuld. Ich war so abscheulich zu dir. Aber ich kann mir eine Welt ohne dich nicht vorstellen.«
Aus dem Kindergarten hörten wir Kinderstimmen, die unbeholfen »Wir pflügen und wir streuen« sangen.
Meine Eltern warteten am Wohnzimmerfenster und sahen Daisy und mich die Auffahrt hinauflaufen. Sobald wir uns den Häusern näherten, rissen sie ihre Tür auf, und meine Mutter schob meinen Vater die Rampe hinunter auf uns zu. Meine Mutter konnte noch nie gut auf irgendetwas warten, nicht einmal auf schlechte Neuigkeiten, also standen wir im leichten Nieselregen um den Rollstuhl meines Vaters herum, während ich meinen Eltern erklärte, dass ich einen fortgeschrittenen Prostatatumor habe und mich sofort in Behandlung begeben müsse.
Daraufhin stimmte meine Mutter einen langen, emotionalen Monolog über den Tag meiner Geburt an und wie glücklich sie gewesen sei. Mein Vater hob den Arm, nahm meine Hand und schüttelte sie, was – für seine Verhältnisse – eine liebevolle väterliche Geste war.
Als der Nieselregen sich in einen Wolkenbruch verwandelte, gingen wir ins Haus, und meine Mutter suchte nach der Cafetière und dem fair gehandelten Kaffee, den sie gekauft hatte, nachdem sie eine Sendung über Armut in Kenia im Fernsehen gesehen hatte. Wir sprachen darüber, wie meine schlechten Neuigkeiten unser aller Leben beeinflussen würden. Daisy erbot sich, einen Job zu suchen, meine Mutter erbot sich, Gracie nachmittags nach dem Kindergarten zu betreuen, und mein Vater erbot sich, seine Lebensversicherung zu kündigen, um uns mit Geld aushelfen zu können.
Mittags versuchte ich, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, aber der Regen und ein Schwächegefühl in den Beinen veranlassten mich umzukehren, ehe ich noch die Schnellstraße erreicht hatte.
Dougie Horsefield fuhr mich mit seinem Ford-Mondeo-Taxi zur Arbeit. Während der Fahrt erzählte er mir, dass im Dorf viel über mein Stück Pest! geredet werde. Er sagte: »Niemand will dreckige Fetzen anziehen und überall Furunkel haben. Können Sie nicht was schreiben, wo die Frauen alle sexy aussehen und die Männer alle attraktiv und wir alle was zu lachen haben?«
Vom Rücksitz aus entgegnete ich: »Dougie, das Leben im Mittelalter war grausam. Es gab keine Antibiotika, kein weiches Toilettenpapier und kein Aspirin. Die meisten Menschen waren vor ihrem fünfunddreißigsten Lebensjahr tot. Da gab es nicht viel fröhliches Herumtoben auf dem Dorfanger.«
»Na ja«, sagte er, »ich meine ja nur, dass einige von uns lieber Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat machen würden.«
Ich wies ihn darauf hin, dass sie dann Lizenzgebühren an Andrew Lloyd Webber und Tim Rice bezahlen müssten, wohingegen ich meine Dienste als Autor, Produzent und Regisseur kostenlos zur Verfügung stellte.
Er berechnete mir 12,50 £ für die Fahrt und wirkte nicht
Weitere Kostenlose Bücher