Toxin
Arzt die Hinzuziehung eines Spezialisten für Infektionskrankheiten veranlaßt.«
»Da Becky bei keinem speziellen Kinderarzt in Behandlung ist, ist Dr. Claire Stevens für sie zuständig«, erklärte Dr. Washington. »Sie ist zur Zeit im Dienst. Ich kann sie gleich anrufen.«
»Dr. Stevens ist gut«, bemerkte Dr. Faraday. »Kennen Sie sie?« fragte Tracy.
»Sehr gut sogar«, erwiderte er. »Sie haben Glück, daß sie sich um Ihre Tochter kümmern wird. Meine Kinder sind auch bei ihr in Behandlung.«
»Endlich mal was Positives«, seufzte Kim.
Kapitel 8
Mittwoch, 21. Januar
Als Kim auf den Krankenhausparkplatz einbog, war es erst kurz nach sechs. Entgegen seinem normalen morgendlichen Rhythmus hatte er diesmal keinen Zwischenstop in seiner Praxis eingelegt. Er wollte so schnell wie möglich nach Becky sehen und sich vergewissern, daß alles in Ordnung war.
Nach dem unangenehmen Zwischenfall mit Dr. Washington war am vergangenen Abend alles Weitere glatt gelaufen. Über den Pager war Dr. Claire Stevens herbeigerufen worden und innerhalb einer halben Stunde in der Notaufnahme erschienen. In der Zwischenzeit hatte Kim noch einmal bei Dr. Turner angerufen und ihn gefragt, was er von der Kinderärztin halte. Zu Kims und Tracys Erleichterung hatte Dr. Turner Dr. Faradays Meinung bestätigt.
Dr. Claire Stevens war schlank und fast so groß wie Kim. Sie hatte scharfe Gesichtszüge, die jedoch durch ihre freundliche, Sicherheit ausstrahlende Art etwas gemildert wurden. Kims persönlicher Eindruck fiel zu seiner vollen Zufriedenheit aus. Sie war etwa so alt wie er, was bedeutete, daß sie bereits etliche Jahre Klinikerfahrung hatte. Und was noch wichtiger war - sie stellte ihre Kompetenz vom ersten Augenblick an sichtbar unter Beweis. Zudem war ermutigend, daß sie sich sofort um ein gutes Verhältnis zu Becky bemühte.
Kim öffnete behutsam die Tür zu Beckys Zimmer. An der Seite zum Flur befand sich ein Nachtlicht unter der Decke, das den ganzen Raum in ein angenehmes Schummerlicht hüllte. Er schlich leise ans Bett und betrachtete seine schlafende Tochter. Ihr von dunklen Haaren gerahmtes Gesicht wirkte beinahe elfenbeinfarben. Ihre blaß schimmernde Haut ließ sie so verletzlich erscheinen, als wäre sie aus Porzellan. Natürlich war Kim klar, daß Becky unter den gegebenen Umständen im Krankenhaus am besten aufgehoben war, doch gleichzeitig plagte ihn genau deswegen ein mulmiges Gefühl. Aus langjähriger Klinikerfahrung wußte er, daß Krankenhäuser auch der Ort waren, an dem Katastrophen lauerten. Becky atmete tief und regelmäßig. Durch die Infusionskanüle tropfte langsam Flüssigkeit in ihren Körper. Kim war froh, sie so tief schlafen zu sehen und zog sich leise zurück. Er wollte sie nicht wecken.
Im Schwesternzimmer zog er Beckys Krankenblatt aus dem Fach. Er überflog zunächst die Einweisungsbemerkungen von Dr. Stevens und nahm sich dann die Notizen der Schwestern vor. Becky war in der Nacht zweimal aufgestanden und hatte jedesmal Durchfall gehabt. Ihren eigenen Angaben zufolge hatte sie angeblich wieder Blut im Stuhl gehabt, doch keine der Schwestern hatte es gesehen.
Ein Blick auf das Anforderungsformular stimmte ihn zufrieden: Dr. Stevens hatte Wort gehalten und einen Kinder-Gastroenterologen angefordert, der sich Becky noch heute ansehen sollte.
»Ist sie nicht ein süßes Mädchen?« hörte er hinter sich eine fröhliche Frauenstimme.
Kim sah auf. Über seine Schulter lugte eine pummelige Schwester mit einem vor Erschöpfung geröteten Gesicht. Ihr blondes Haar kringelte sich in unzähligen, dauergewellten Löckchen. Außerdem hatte sie kleine Grübchen. Ihrem Namensschild zufolge hieß sie Janet Emery. »Haben Sie heute nacht nach ihr gesehen?« fragte Kim. »Ja«, erwiderte Janet. »Ihr Zimmer gehört zu meinem Bereich. Ein ganz schön cleverer kleiner Fratz.«
»Wie ging es ihr denn während der Nacht?« fragte Kim. »Einigermaßen okay«, erwiderte Janet wenig überzeugend. »Das klingt ja nicht gerade gut.« Kim spürte, wie es ihm heiß und kalt den Rücken herunterlief. »Als sie das letzte Mal auf war, erschien sie mir etwas wacklig auf den Beinen«, erklärte Janet. »Vielleicht lag es aber auch daran, daß sie im Halbschlaf war. Sie hat geklingelt und mich gebeten, sie zurück zum Bett zu begleiten.«
»Wie ich den Aufzeichnungen entnehme, haben Sie nicht gesehen, wieviel Blut sie verloren hat«, stellte Kim fest. »Richtig«, bestätigte Janet. »Sie schämt
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