Toxin
aufbewahrt werden konnte. »Und wo lagert der Rest?« fragte er deshalb. »Im Gefrierraum«, erwiderte Paul. »Zeigen Sie ihn mir!« Paul sah Roger an.
»Kommt nicht in Frage«, sagte Roger. »Der Zutritt zum Gefrierraum ist nur unserem Personal gestattet.« Kim ignorierte ihn und stieß Paul mit beiden Händen gegen die Brust. Der Koch stolperte ein paar Schritte rückwärts, dann drehte er sich um und marschierte los. Kim folgte ihm.
»Ich verbiete Ihnen, den Gefrierraum zu betreten!« rief Roger. Er hatte Kim eingeholt und zerrte an seinem Arm. »Sie haben da nichts zu suchen!«
Kim versuchte ihn abzuschütteln, doch Roger war hartnäckig. Entnervt verpaßte Kim dem Geschäftsführer einen Schlag ins Gesicht. Rogers Kopf flog zur Seit, seine Lippe platzte auf, und der Geschäftsführer landete zum zweiten Mal hart auf dem Boden.
Ohne den schachmatt gesetzten Restaurant-Manager eines weiteren Blickes zu würdigen, eilte Kim hinter Paul her, der die Tür zum Gefrierraum bereits geöffnet hatte, und ging hinein. Paul war derart eingeschüchtert, daß er einen großen Bogen um Kim machte. Unsicher, was er tun sollte, sah er sich nach seinem Vorgesetzten um. Roger hockte in der Küche auf einer Gummimatte und betastete seine blutende Lippe. Schließlich betrat Paul ebenfalls den Gefrierraum.
Kim inspizierte die an der linken Seite des Gefrierraums gestapelten Kartons. Nur der erste war geöffnet. Auf dem Etikett stand.
Mercer Meats: Reguläre Hamburger à 50 Gramm,
Extra Mager, Partie Nummer 2, Sendung 1-5, hergestellt
am 29. Dez. verwendbar bis zum 29. März.
»Könnte ein Hamburger, den Sie am vergangenen Freitag zubereitet haben, aus diesem Karton stammen?« fragte Kim. Paul zuckte mit den Achseln. »Möglich. Vielleicht aber auch aus einem anderen.«
Kim ging weiter. Hinten, zwischen den verschlossenen Kartons, entdeckte er einen, der aufgerissen war. Er klappte den Pappdeckel auf und sah hinein. Die Verpackung einer der in dem Karton gestapelten Boxen war ebenfalls aufgerissen.
»Wieso ist dieser Karton hier geöffnet?« fragte er. »Das war ein Versehen«, erwiderte Paul. »Wir nehmen immer zuerst die älteren, damit es keine Probleme mit dem Verfallsdatum gibt.«
Kim sah sich das Etikett näher an. Bis auf das Herstellungsdatum war die Aufschrift mit der vorherigen identisch. Statt »29. Dezember« stand auf dem Etikett »12. Januar«.
»Könnte der Hamburger, den meine Tochter am vergangenen Freitag gegessen hat, auch aus diesem Karton gewesen sein?«
»Möglich«, erwiderte Paul. »Ich weiß nicht mehr, wann wir den Karton versehentlich geöffnet haben.« Kim zog etwas zu schreiben aus seiner Kitteltasche und notierte sich die Etikettaufschriften der beiden geöffneten Kartons. Dann entnahm er jedem Karton ein einzelnes Fleischbällchen, was nicht einfach war, da sie gefroren waren und trotz der zwischengelegten Wachspapier-Blättchen aneinanderklebten. Er verstaute sie mit den Notizen in seiner Kitteltasche.
Als er den Gefrierraum verließ, hörte er das gedämpfte Heulen einer Sirene, doch er interessierte sich nicht weiter dafür.
»Was verbirgt sich hinter Mercer Meats?« fragte er Paul. Paul schloß die Tür. »Mercer Meats ist eine Firma, die Fleisch verarbeitet. Sie liefert uns das Hackfleisch. Sie beliefert alle Onion-Ring-Restaurants.«
»Hat die Firma ihren Sitz in unserem Bundesstaat?« wollte Kim wissen.
»Klar«, erwiderte Paul. »Gleich hinter der Stadtgrenze in Bartonville.«
»Wie praktisch«, bemerkte Kim.
Er war gerade wieder im Küchenbereich angelangt, als die Restauranttüren aufflogen und zwei uniformierte Polizisten hereinstürmten, die Hände schußbereit an den Revolvern. Sie verzogen keine Miene. Roger deutete wütend mit der rechten Hand auf Kim; mit der linken preßte er sich eine blutige Serviette an die Lippe.
Kapitel 12
Samstag, 24. Januar
Schwache, frühmorgendliche Sonnenstrahlen durchfluteten die staubige Luft des Gerichtssaals und bildeten Lichtschwaden über dem Boden. Kim wurde von den grellen Strahlen geblendet und blinzelte. Er stand vor Judge Harlowe, dem mit einer schwarzen Robe bekleideten Richter, dessen Lesebrille gefährlich weit nach vorn auf die Spitze seiner schmalen Nase gerutscht war. Auf Kim wirkte der Mann wie ein riesiger schwarzer Vogel.
»Ich sitze jetzt seit mehr als zwanzig Jahren auf diesem Richterstuhl«, sagte Judge Harlowe und sah Kim über die Ränder seiner Brillengläser an. »Da sollte ich mich
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