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Toxin

Toxin

Titel: Toxin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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eigentlich über nichts mehr wundern. Aber so eine seltsame Geschichte ist mir noch nie untergekommen.«
    »Es ist alles nur passiert, weil meine Tochter so krank ist«, erklärte Kim. Er trug immer noch den langen weißen Kittel und darunter OP-Hose und -Oberteil. Sogar die Gesichtsmaske hing noch vor seiner Brust. Allerdings sah sein Kittel inzwischen alles andere als frisch und sauber aus. Die Nacht im Gefängnis hatte ihre Spuren hinterlassen. Unter der linken Tasche hatte sich ein rötlich-brauner Fleck gebildet.
    »Es tut mir wirklich leid, daß Ihre Tochter so krank ist«, sagte der Richter. »Allerdings kann ich nicht recht verstehen, warum Sie dann nicht im Krankenhaus an ihrem Bett geblieben sind.«
    »Ja, ich hätte bei ihr bleiben sollen«, stimmte Kim dem Richter zu. »Aber ihr Zustand ist so ernst, daß ich nichts für sie tun kann. Außerdem wollte ich nur eine Stunde wegbleiben.«
    »Okay«, entgegnete Richter Harlowe. »Werturteile zu fällen, steht mir nicht zu. Was mir aber sehr wohl zusteht, ist, Sie auf Ihr sonderbares Benehmen hinzuweisen. Man wirft Ihnen vor, sich unbefugten Zutritt zu einem Kühlraum verschafft und den Geschäftsführer eines Restaurants tätlich angegriffen zu haben. Was aber noch ungeheuerlicher ist - Sie haben sich der Verhaftung widersetzt und einen Polizeibeamten attackiert. Ich muß sagen, Dr. Reggis, ein solches Verhalten ist völlig inakzeptabel, egal welche Gründe Sie auch dafür anführen.«
    »Aber, Euer Ehren, ich…«, begann Kim. Richter Harlowe hob die Hand und bedeutete ihm zu schweigen. »Es spielt keine Rolle, daß Sie den Verdacht hegen, Ihre Tochter könnte sich in dem Restaurant mit der Krankheit infiziert haben. Gerade Sie sollten doch wissen, daß es bei uns ein Gesundheitsamt gibt, das sich um solche Angelegenheiten kümmert und daß wir darüber hinaus ordentliche Gerichte haben. Haben Sie mich verstanden?«
    »Ja, Euer Ehren«, erwiderte Kim kleinlaut. »Ich hoffe, Sie begeben sich in Behandlung, Doktor«, fuhr der Richter fort. »Wenn ich mir vor Augen halte, daß Sie ein bekannter Herzchirurg sind, kann ich kaum glauben, was Sie getan haben. Dabei haben Sie sogar meinen Schwiegervater operiert, und er lobt Sie immer noch täglich über den grünen Klee. Aber wie dem auch sei - ich setze Sie ohne Kaution auf freien Fuß. In vier Wochen haben Sie zur Verhandlung zu erscheinen. Gehen Sie jetzt zum Geschäftsstellenleiter!« Richter Harlowe schlug mit dem Hammer auf den Tisch und bat, den nächsten Angeklagten hereinzuführen. Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes sah Kim ein öffentliches Telefon. Er zögerte einen Augenblick, denn er wußte nicht, ob er im Krankenhaus anrufen sollte oder nicht. Am Abend zuvor hatte er mehrmals vergeblich versucht, Tracy zu erreichen, bis man ihm schließlich keine weiteren Telefonate mehr gestattet hatte. Jetzt konnte er telefonieren, doch er zögerte. Er schämte sich, und er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er so lange weggeblieben war. Außerdem hatte er Angst zu erfahren, wie es Becky ging. Schließlich beschloß er, nicht anzurufen, sondern persönlich nach ihr zu sehen. Am Taxistand vor dem Gerichtsgebäude winkte er sich ein Taxi heran und ließ sich zum Onion Ring bringen. Am frühen Morgen sah das Restaurant vollkommen anders aus. Es war noch geschlossen und wirkte verlassen. Sein Wagen war der einzige auf dem ganzen Parkplatz; weit und breit war keine Menschenseele in Sicht.
    Er stieg ein und fuhr zum Krankenhaus. Allerdings machte er einen kleinen Umweg. Er mußte noch zu den Sherring Labs. Er betrat das Gebäude, steuerte auf den Empfangstresen zu und klingelte. Innerhalb weniger Sekunden erschien eine Frau im Laborkittel.
    Kim zog die beiden inzwischen aufgetauten Hamburger aus seiner linken Kitteltasche und reichte sie der Frau.
    »Ich möchte Sie bitten, diese beiden Fleischbällchen auf E. coli O157:H7 zu testen«, erklärte er. »Und ebenfalls auf das Toxin.« Die Laborassistentin musterte das verfärbte Fleisch argwöhnisch. »Ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn Sie die Proben eingefroren hätten. Wenn Fleisch länger als ein paar Stunden bei Raumtemperatur aufbewahrt wird, gedeihen jede Menge Bakterien.«
    »Das weiß ich«, entgegnete Kim. »Aber die anderen Bakterien interessieren mich nicht. Ich möchte nur wissen, ob in dem Fleisch E. coli O157:H7 sind.«
    Die Frau verschwand für einen Augenblick. Als sie zurückkam, trug sie Latexhandschuhe. Sie nahm das Fleisch und legte jede Probe

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