Tränen aus Feenstaub
schöne Momente am Meer zu erleben. Ich will dich nicht in meinem Traum haben. Also, warum verschwindest du nicht einfach?“
„Wenn das hier dein Traum sein soll“, spottete ihr Kontrahent, „dann hast du mich hierher gebracht. Schon einmal daran gedacht?“
Dieser Gedanke riss Pina schlagartig aus dem Schlaf. Manche Träume hatten etwas erschreckend Reales an sich.
* * *
Pina hatte Minuten später immer noch das Gefühl, als ob sie zornige grüne Augen anfunkelten. Wie konnte es nur passieren, dass ihre Flucht aus der Realität so seltsame Züge annahm? Warum wünschte sich ihr Unterbewusstsein wohl einen Rocker, mit dem sie streiten konnte? Langsam aber sicher wurde sie hier noch wunderlich. Sie musste wirklich darauf achten, ihre Träume besser zu steuern. Das war dann auch der Gedanke, der ihre Laune wieder besserte.
Und nun nahm sie auch wahr, dass sich draußen auf dem Korridor schon einiges regte. Was sie leicht durch die Glastür ihres Zimmers hätte sehen können. Aber an diesem Morgen sah sie die Schwestern nicht nur, wie sie zwischen Stationszimmer und Krankenzimmern hin und her liefen, sie hörte sie auch. Was bedeutete, dass ihre Tür offen stand.
Der Grund dafür hieß Tobi, war zehn Jahre alt und mehr als nur leicht übergewichtig. Er trug einen Mundschutz, saß in einem Rollstuhl und starrte Pina an, als ob er sie mit reiner Willenskraft dazu bringen konnte, ihn zu bemerken.
„Geh weg!“, stöhnte Pina. „Wenn du schon am Morgen auftauchst, dann kann das nichts Gutes bedeuten“, vermutete sie.
Weder die Aufforderung zu gehen, noch Pinas Vermutung brachten Tobi aus dem Konzept. Er musste unbedingt die neuesten Neuigkeiten loswerden.
„Gestern haben sie einen eingeliefert, der hat sich sein Bein abgetrennt!“, erklärte er triumphierend.
„Tatsächlich?“ Pina glaubte ihm kein Wort. Tobi war ein wenig blutrünstig und machte sich gerne wichtig. Und Pina hatte keine Schwierigkeiten seine Information zu entkräften.
„Wenn hier einer ein Bein verloren hätte, wäre er längst in eine Spezialklinik geflogen worden. Ich habe aber die letzten vierundzwanzig Stunden keinen Hubschrauber gehört.“
Dass seine wichtige Information nicht den nötigen Anklang fand, ärgerte Tobi enorm. „Aber es ist gestern einer mit dem Sanker eingeliefert worden!“
Pina schüttelte den Kopf. Tobi war unverbesserlich. Da er selten Besuch bekam, ging er den anderen Patienten und den Schwestern auf den Geist.
„Tobi, jeden Tag bringt der Krankenwagen jemanden, der sich verletzt hat. Schließlich sind wir hier in einem Krankenhaus!“
Der Junge ließ sich nicht so schnell entmutigen. „Was bekomme ich, wenn ich herausbekomme, was dem von gestern fehlt?“, versuchte er zu handeln.
„Gar nichts, du Schlaumeier. Wenn du immer so neugierig bist, ketten dich die Schwestern noch an dein Bett!“, drohte Pina. „Überhaupt, wem hast du eigentlich den Rolli geklaut?“
„Niemanden, der stand ganz alleine im Gang!“ Damit rollte Tobi gekonnt näher an Pinas Bett, was bewies, dass er sich nicht zum ersten Mal unrechtmäßig einen Rollstuhl ausgeliehen hatte. Denn Tobi gehörte nicht zu den Patienten, die auf so ein Hilfsmittel angewiesen waren.
„Das kann ich gut“, prahlte er und drehte mit dem Rolli eine Pirouette.
„Ja, super!“, lobte Pina ohne großes Interesse. „Hast du sonst keinen, dem du so früh am Morgen auf den Geist gehen kannst?“
„Gerade nicht“, erklärte er treuherzig. „Aber morgen wechseln die Schwesternschülerinnen wieder die Abteilungen!“
Wenn das so war, dann hatte Tobi wieder ein paar Tage eine Beschäftigung die ihm entgegen kam. Denn die neuen Mädchen kannten seine Streiche noch nicht.
„Musst du nicht in deinem Zimmer sein, damit die Schwestern ihre Arbeit machen können?“ Irgendwie musste man den kleinen Störenfried doch loswerden können. Aber so klappte es jedenfalls nicht.
„Nö, mein Bettnachbar hat alles vollgekotzt. Darum durfte ich raus, bis es nicht mehr so im Zimmer stinkt. Ich habe der Oberschwester gesagt, ich gehe zu dir!“
Das auch noch! Jetzt hatte sie ihn an der Backe, bis eine der Schwestern ihn wieder abholte. Sie könnte ja versuchen ihn zu ignorieren, vielleicht ging er dann ja. Nur ließ sich Tobi nicht einfach ignorieren.
„Was hast du gemacht, ehe ich gekommen bin?“
„Geschlafen vielleicht? Immerhin ist es noch früh am Morgen!“
„Ich hab auch geschlafen, bis die Würgerei neben mir anfing“, berichtete Tobi. Und
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