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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Schneefall setzte ein.
    Elise trat von dem Fenster in ihrer Kammer zurück. Sofort fror der Kreis auf der Scheibe, den sie blank gewischt hatte, wieder zu. Das Dachgebälk ächzte unter dem anschwellenden Wind.
    Elise seufzte bekümmert und begann, in ihrer engen Kammer auf und ab zu gehen. Die Bemerkungen, die Nikolaus über Hillert gemacht hatte, ängstigten sie. Hillert war zweifellos ein Mann, in dessen Macht es stand, mit Maxim auf beliebige Weise zu verfahren. Wenn er nur endlich käme! Aber auch dann war noch die Sache mit Nikolaus zu bereinigen. Sie war entschlossen, ihm die Wahrheit selbst zu sagen, bislang aber hatte sie keine Möglichkeit gehabt, denn Nikolaus hatte es vermieden, nach Hause zu kommen.
    Plötzlich klirrte es auf dem Dach, und kurz darauf kam ein splitterndes Geräusch von der Straße unten. Ein neuer Windstoß erschütterte das Haus. Erschrocken flüchtete Elise nach unten, wo sie Nikolaus' Mutter und Katarina über eine Stickerei gebeugt antraf. Justin kam kurz nach ihr in die Stube.
    »Der Wind muß einen Ziegel vom Dach gerissen haben«, sagte er. Er drückte das Gesicht an eine Scheibe und spähte angestrengt durch die blankgeriebene Stelle hinaus, als ein undeutlicher Schatten sich dem Haus näherte. Der Mann kämpfte gegen den Sturm, während er rutschend und balancierend auf die Haustür zuhielt.
    »Da kommt jemand«, rief Justin aufgeregt. »Ein Fremder.«
    Wieder seufzte Elise auf und warf einen Blick zur Tischuhr hin. Es war kurz vor acht. Maxim hätte längst zurück sein müssen.
    »Öffne die Tür, Justin, ehe der Ärmste erfriert«, wies Thérèse ihn an.
    Justin lief in den Vorraum an die Tür und riß sie just in dem Moment auf, als der Fremde anklopfen wollte. Erschrocken starrte er den Jungen an, die Faust erhoben; dann schob er die schneebedeckte Kapuze zurück und räusperte sich verlegen.
    »Mein Name ist Sheffield Thomas«, stieß er bibbernd vor Kälte hervor. »Ich bin gekommen, um Mistreß Elise Radborne in einer bestimmten Angelegenheit zu sprechen. Lord Seymour ließ mich wissen, er habe bei Hillert etwas Wichtiges zu erledigen. Anschließend wollte er sich mit mir in meiner Herberge treffen. Da er nicht erschien, dachte ich, daß er vielleicht hier ist.«
    »Lord Seymour ist nicht da, aber Mistreß Radborne. Wollt Ihr nicht eintreten und Euch am Feuer aufwärmen, während ich sie hole?« Der Mann, dem Justin den Mantel abnahm, trat ein und ließ sich in einen kleinen Empfangsraum führen, in dem ein Feuer brannte. Kurze Zeit später führte Justin Elise herein.
    »Darf ich Euch mit Mistreß Radborne bekannt machen?« sagte Justin.
    Der nicht mehr junge, glatzköpfige Mann machte eine steife Verbeugung. »Es ist mir ein Vergnügen.«
    »Ihr habt für mich eine Nachricht?« fragte Elise leise. Ihre Stimme rief in ihm die Erinnerung an England wach. »Ja, Lord Seymour bat mich, Euch von einem Vorfall zu berichten, den ich vor Monaten beobachtet habe. Wie ich hörte, ist Lord Seymour nicht da.«
    »Er wurde aufgehalten«, murmelte Elise und versuchte ihre Angst zu unterdrücken. Dieser Fremde brachte ihr vielleicht Nachricht von ihrem Vater, oder er konnte ihr sagen, wo sich ihr Vater aufhielt.
    Justin schloß die Tür und forderte den Mann auf, sich zu setzen. »Mistreß Radborne hat mich eben gebeten, ich solle als Zeuge zugegen sein. Ist Euch das recht?«
    »Aber gewiß.« Sheffield lehnte es ab, den angebotenen Stuhl zu benutzen, und ging näher ans Feuer, um seine Hände zu wärmen. »Ich bin Engländer und Kaufmann. Vor einiger Zeit lief ich mit meinem Schiff Bremen an und reiste dann weiter nach Nürnberg und zur Messe nach Leipzig, weil ich ausländische Waren kaufen wollte. Hillert lud mich nach Lübeck ein. Ich sollte mir vor der Rückkehr nach England seine kostbaren Lagerbestände ansehen. So kam ich vor etwas mehr als vier Monaten nach Lübeck, um mit ihm Handelsbeziehungen zu knüpfen. Ich führte reiche Ladung mit und besaß Schätze, um die Könige mit mir gefeilscht hätten. Ich war überzeugt, Hillert und ich würden gut ins Geschäft kommen, aber leider brannte mein Schiff ab. Es war in der Nacht, nachdem ich ein paar Warenmuster mitgenommen hatte, die ich Hillert zeigen wollte.« Die Erinnerung stimmte ihn merklich traurig. »Ich verlor den Kapitän und ein ganzes Dutzend Seeleute, die das Schiff bewachen sollten; am nächsten Morgen ragten nur mehr die versengten Reste eines Mastes aus dem Wasser. Der Hafenmeister mußte das Schiff herausziehen

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