Tränen aus Gold
einem nichtigen Vorwand aneignen. Erlaubt mir, daß ich Euch die Ladung zeige, um Euren Argwohn zu entkräften.«
Er sprach ein paar Worte zu seinem Maat, und dieser winkte grinsend einem anderen Seemann, ihm zu folgen. Elise spürte den prüfenden Blick des englischen Kapitäns auf sich, und er reagierte mit einem Lächeln, als sie indigniert wegsah.
Nikolaus' Augen verengten sich, als er das Interesse des Engländers an Elise bemerkte. Hatte er auch Maxim nachgeben müssen, so würde er dennoch nie dulden, daß dieser seefahrende Lüstling Elise nach Belieben beäugte.
Andrew Sinclair räusperte sich und sah nach oben zur roten Flagge mit den drei weißen Türmen. »Ihr kommt aus Hamburg, Captain?«
Nikolaus zeigte sich überrascht, weil der Mann die Hanseflaggen kannte. »Ihr seid ein guter Beobachter.«
»Nun, wir hatten schon des öfteren mit Hanseschiffen zu tun«, belehrte Sinclair ihn nachsichtig. »Mit der Zeit habe ich gelernt, ihre Flaggen zu unterscheiden. Von besonderem Interesse sind für mich die einfachen rot-weißen Flaggen von Lübeck. Sie liefen spanische Häfen an und liefen wieder aus – einfach so. Wenn Ihr nicht aus den Niederlanden kommt und Euer Ziel nicht Spanien ist, wohin geht Eure Fahrt dann?«
»Nach England«, sagte Nikolaus steif. »Und noch weiter!«
Trotz des Bemühens, seine Aufmerksamkeit auf ein anderes Objekt zu konzentrieren, ließ Sinclair den Blick wieder zurück zu Elise wandern. Ihre Schönheit nahm ihn völlig gefangen, so daß er nicht von Bord gehen wollte, ohne mit ihr bekannt zu werden oder zumindest zu erfahren, wo man sie wieder sehen konnte. »Und was ist mit der Dame? Ist sie Eure Angetraute?«
»Sie ist Untertan der britischen Krone auf der Rückkehr in die Heimat.« Nikolaus ließ Sinclair nicht aus den Augen und fragte sich im stillen, zu welcher Bosheit ihn seine offenkundige Neigung verleiten würde. »Ich habe die Ehre, sie dorthin zu bringen.«
»Ach?« Andrew Sinclair nahm diese Mitteilung begierig auf. »Ich würde mich freuen, wenn die Lady mir vorgestellt würde.«
Nikolaus wog die Folgen ab, die sich daraus ergeben konnten, wenn er Elises Verbindung mit Maxim verriet. Da in England ständig Gerüchte über angeblich verhinderte Anschläge gegen die Königin kursierten, hatten vermeintliche Verräter keine Gnade zu erwarten, und wenn man dazu noch in Betracht zog, daß Elise die Aufmerksamkeit dieses Kerls geweckt hatte, war es durchaus möglich, daß Sinclair jeden Vorwand benutzen würde, um sie in seine Gewalt zu bringen. Obschon er bezweifelte, daß der Name ihres Vaters so bekannt war wie der ihres Gemahls, sprach Nikolaus ihn mit Nachdruck aus. »Das ist Elise Radborne, die Tochter Sir Ramsey Radbornes.«
Sinclair horchte auf. »Ist sie jene Elise Radborne, die vom Marquis von Bradbury aus dem Hause ihres Onkels entführt wurde?«
Nikolaus' Miene verfinsterte sich. Er verschränkte die Hände im Rücken und war nicht gewillt, die Neugierde des Mannes zu befriedigen. Daß die Kunde von Elises Entführung soviel Staub aufwirbelte, hatte er nicht geahnt.
Der Maat und der Matrose schleppten ein schweres Fass an Deck. Als es geöffnet wurde, trat der englische Kapitän näher heran. Elise, die ein wenig abseits stand, spürte, daß die zwei etwas im Schilde führten. Sie sah, daß der Maat grinste und Nikolaus zublinzelte, und gleich darauf wußte sie, warum, denn der Maat fuhr mit einer Hand ins Fass und holte ein Stück Trockenfisch hervor, das er dem Engländer unter die Nase hielt. Dieser wich angeekelt zurück, was bei den Hanseleuten lautes Gelächter hervorrief.
»Wir haben auch Fässer mit Hamburger Bier geladen, falls Ihr einen tüchtigen Zug wollt«, bot Nikolaus lächelnd an. Er deutete auf die zwei Pferde, die in notdürftigen Boxen auf engstem Raum untergebracht waren. »Wie Ihr seht, haben wir sogar zwei Gäule an Bord.«
»Captain, Euer Bier und den Fisch mögt Ihr getrost behalten«, antwortete Sinclair, der großzügig darüber hinwegging, daß man sich einen Spaß mit ihm erlaubt hatte. »Ich möchte nicht versäumen, mich für Eure Gastfreundschaft zu bedanken, doch bedaure ich sehr, Euch mitteilen zu müssen, daß Ihr unter Arrest steht…«
»Was!?« Nikolaus schnellte vor. »Ihr habt keine rechtliche Handhabe, mein Schiff zu kapern«, schrie er wütend. »Auch wenn Ihr eine Order Eurer Königin habt, kümmert es mich nicht. Wir sind nicht in England. Falls Ihr ein Piratenstück vorhabt, dann sagt es gleich!«
»Ihr
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