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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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ein Auge auf seine Reichtümer geworfen hatte, dauerte es nicht lange, und die Hochzeit fand statt.«
    Elise kannte die verschiedenen Gesichter Cassandras nur zu gut. Sicher war es Cassandra nicht schwer gefallen, den alten Mann mit ihrem Charme zu bezaubern. Dank ihrer Schönheit war sie sehr wohl imstande, auch Jüngere zu betören. Ein einsamer Witwer war da gewiß der letzte, der ihr allzu viel Widerstand entgegensetzte.
    Elise erstarrte, als sie hinter sich ein spöttisches Lachen vernahm. Sie drehte sich um und sah sich der schlanken, wohlgeformten Gestalt ihrer Tante gegenüber, die sich im Eingang zum großen Gemach abzeichnete. Im Schatten hinter ihr bemerkte Elise die höhnischen Gesichter ihrer Söhne, darunter die zornigen dunklen Augen von Forsworth Radborne.
    »Sieh an, wenn das nicht unsere kleine Elise ist«, sagte Cassandra mit sarkastischem Lächeln. »Bist du zurückgekommen, um uns mit einem Besuch zu beehren?«
    Beim Anblick ihrer alten Widersacher stockte Elise der Atem, und sie hatte das Gefühl, jemand würde ihr die Kehle zudrücken. Die furchtbaren Erinnerungen an das vergangene Jahr überfielen sie, und sie erschauderte bei dem Gedanken, daß sich alles wiederholen könnte.
    Cassandra, die ihre Macht über das Mädchen ebenso spürte wie das Gesinde, genoß die Situation. Es lag auf der Hand, daß das Mädchen völlig schutzlos war, denn an der Hörigkeit des Hausgesindes hatte sich nichts geändert. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie an das Versteck des Schatzes und Ramsey Radbornes Besitztümer herankam.
    Elise sammelte sich und faßte den Entschluß, diese prächtig gekleidete, habgierige Frau baldmöglichst aus ihrem Haus zu vertreiben. Sich zu Fitch und Spence, die das Geschehen noch nicht ganz erfasst hatten, umwendend, winkte sie die beiden zu sich, damit sie an ihrer Seite blieben, und schickte Clara in die Küche. Für alle drei sollte ein Imbiss zubereitet werden. Unter Cassandras amüsierten Blicken befahl Elise zwei kräftigen Dienern, die Kisten in ihre Gemächer zu schaffen.
    »Dort wohnt aber Mr. Forsworth«, platzte ein junges Hausmädchen heraus, als ob dadurch die Anordnung hinfällig würde.
    Elise bedachte die junge Schöne mit einem fragenden Blick und spürte gleich, daß das junge Ding guten Grund hatte, Forsworths Schlafgemach zu kennen. So wie sie ihren Vetter einschätzte, hatte er es verstanden, sich das Mädchen gefügig zu machen. »Dann zieh sein Bett ab, und packe seine Sachen zusammen«, wies sie das Mädchen an.
    »Aber… aber… wohin soll ich sie bringen?« stammelte die Kleine mit einem hilfesuchenden Blick zu Forsworth hin. Da sie erst seit kurzem im Haus war, wußte sie noch nicht, welche Autorität Elise hier zukam.
    »Zunächst muß das Zeug aus meinen Räumen«, sagte Elise kurz angebunden, »nachher können wir uns den Kopf zerbrechen, wohin damit.«
    Cassandra lachte höhnisch auf. »Wer bist du denn, daß du verfügst, wohin mein Sohn zieht?«
    Elise hielt ihrem herausfordernden Blick stand und antwortete ganz ruhig: »Cassandra, du magst meine Ansprüche leugnen, aber ich bin noch immer die einzige Herrin dieses Hauses. Daher wird meinen Anweisungen Folge geleistet. Ich brauche deine Erlaubnis nicht.« Dann wandte sie sich zu dem Mädchen und sagte barsch: »Lauf und tu, was ich dir aufgetragen habe. Sofort!«
    Das Mädchen knickste andeutungsweise und lief davon, worauf auch die übrige Dienerschaft sich zerstreute. Sie sahen eine Auseinandersetzung zwischen der Herrin und ihrer Tante heraufziehen und wollten sich vorher aus dem Staub machen.
    Kühl wandte Elise sich Cassandra in Erwartung eines Wortwechsels zu, doch diese machte eben Edward Platz, der durch die Tür schlurfte. Elise war schockiert. Sie konnte es kaum fassen, daß der ausgemergelte Alte mit dem struppigen Haar, der nun auf sie zukam, der beleibte, vor Gesundheit strotzende Mann sein sollte, den sie ihr Leben lang gekannt hatte. Die Veränderung, die er in ihrer Abwesenheit durchgemacht hatte, war geradezu gespenstisch.
    »Onkel Edward?« Sie faßte nach seiner knochigen Hand und drückte sie. Wortlos starrte sie in sein Gesicht. Verschwunden die kräftigen Backen und straffen Züge der letzten Jahre. Seine glanzlosen Augen lagen in tiefen Höhlen, umschattet von bläulichen Ringen in scharfem Kontrast zur teigig-weißen Haut.
    »Elise, mein Mädchen…« Sein mühsamer Versuch zu lächeln offenbarte seine Gebrechlichkeit. »Ich bin so froh, dich wieder zu sehen.

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