Tränen aus Gold
geschmückt, schützten sie vor der Sonne und zogen bewundernde Blicke auf sie.
Maxim war deutlich anzumerken, wie die Spannungen von ihm wichen und einer unbeschwerten, fröhlichen Stimmung Platz machten. Er genoß die Gesellschaft seiner Gefährten, die liebevolle Aufmerksamkeit seiner Frau und freute sich, wieder in der Heimat zu sein. Sehr häufig unternahm er mit Elise Spaziergänge im Garten, aber auch die übrige Zeit waren sie fast unzertrennlich. Rief ihn die Pflicht von ihrer Seite, beeilte er sich, rasch wieder nach Hause zu kommen. Nie zuvor hatte er diese verzehrende Liebe gefühlt, eine Leidenschaft, ihr seine Liebe zu zeigen.
Es war ein Mittwochmorgen, als ein von einem Vierergespann gezogener Wagen, eskortiert von zwei Reitern, die Auffahrt entlangrollte. Elise war eben dabei, einen Blumenstrauß für das Haus zu pflücken, als das elegante Gefährt vor dem Herrenhaus anhielt. Ein Lakai sprang vom Kutschbock, öffnete den Wagenschlag und half einer alten Dame beim Aussteigen. Sie war weißhaarig, zierlich von Gestalt und stützte sich auf einen Stock. Eine steife, spitzengesäumte Halskrause zierte das dunkelgrüne Gewand, die kecke federgeschmückte Toque saß auf einer anmutigen Frisur. Ihre großen blauen Augen blickten aufmerksam und wach, und als Elise näher kam, sah die Dame ihr neugierig entgegen.
»Ich bin Anne Hall, Countess von Rutherford, und Ihr seid…?«
»Ich bin Elise Seymour, Marquise von Bradbury«, sagte Elise und machte einen Knicks.
Die blauen Augen zwinkerten ihr zu. »Angeblich besitzt Ihr ein Halsband, das mir bekannt sein soll. Darf ich es sehen?«
»Natürlich, Countess«, erwiderte Elise und deutete auf das Portal des Hauses. »Wollt Ihr nicht mit ins Haus kommen?«
»Sehr gern, meine Liebe.«
Elise lief voraus und hielt ihrer Besucherin, die ihr auf den Stock gestützt folgte, die Tür auf. Die alte Dame blieb stehen, lächelte und tat einen Blick in das anmutige Gesicht Elises.
»Meine Liebe, Ihr habt eine angenehme Ausstrahlung. Gewiß ist Euer Gemahl sehr glücklich.«
»Das hoffe ich, Mylady«, gab sie mit einem scheuen Lächeln zurück und errötete sanft.
Die alte Dame tätschelte ihre Hand. »Ich brauche nicht zu fragen, ob Ihr glücklich seid. Man sieht es Euch an.«
»Ja, Mylady.«
»Sag doch Anne zu mir, meine Liebe.« Die Frau deutete mit dem Stock auf die Tür. »Wollen wir hineingehen?«
»Ja, natürlich.« Elise geleitete die Countess ins Haus, wo sie einen Diener anwies, Tee und Erfrischungen zu bringen, ehe sie hinauf in ihr Gemach lief, um das Halsband zu holen. Dabei beeilte sie sich so, daß sie völlig außer Atem war, als sie wieder unten ankam. Als sie der Countess das Halsband über den Handrücken legte, stockte dieser buchstäblich der Atem. Mit zitternden Fingern entnahm sie ihrem Täschchen eine goldgefasste Lupe und begutachtete das juwelengefaßte Miniaturbildchen aus Emaille. Gleich darauf drückte sie das Geschmeide mit beiden Händen an die Brust und richtete den Blick freudestrahlend himmelwärts.
»Endlich!« brachte sie unter Tranen hervor. »Man hat deine Mutter als kleines Kind mit diesem Halsband gefunden?« fragte sie.
»So wurde es mir erzählt«, antwortete Elise. »Sie lag in einem Korb vor der Kapelle auf dem Anwesen der Stamfords.«
»Das Halsband gehörte meiner Tochter«, stammelte Anne bewegt. »Du gleichst meiner Tochter sehr, und ich glaube, daß du die Tochter meines Enkelkindes bist, das uns vor Jahren geraubt wurde.«
Elise strahlte übers ganze Gesicht. »Mein Vater bewahrte ein Porträt meiner Mutter in einem kleinen Landhaus unweit von hier auf«, erzählte sie aufgeregt. »Ich schickte bereits jemanden dorthin, um es zu holen. Er müßte jeden Moment eintreffen. Als mir dein Besuch angekündigt wurde, dachte ich, du würdest gern wissen wollen, wie deine Enkeltochter Deirdre aussah.«
»Ach, so nannte man deine Mutter? Wir tauften sie Catherine.«
»Möchtest du nicht bei uns bleiben?« fragte Elise hoffnungsvoll.
»Ja, ich würde gern eine Weile bleiben«, nahm Anne die Einladung an. »Ich möchte dich gern näher kennenlernen, und das braucht seine Zeit. Es gibt so vieles zu besprechen.«
Schritte nahten, und Elise stand auf. »Mein Mann kommt. Du mußt ihn kennenlernen.«
Anne wies lächelnd auf Maxims Porträt, das an der Wand neben dem Kamin hing. »Keine Frau, die je bei Hofe war, ließe sich die Gelegenheit entgehen, einen gutaussehenden Mann wie Lord Seymour kennen zu lernen. Ich bin
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