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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Bald übernahm er die Führung, da die schwerfällige Stute mit dem ungestümen Hengst nicht Schritt halten konnte.
    Nachdem sie eine Zeitlang geritten waren, hielt Maxim an und wartete, bis sie ihn eingeholt hatte. »Ist alles in Ordnung, Elise?« fragte er.
    Elise nickte.
    »Wenn Ihr etwas braucht, dann ruft nur.« Eddy übernahm wieder die Führung. Elise staunte über die Harmonie von Ross und Reiter. Im Gegensatz zu Reland, der ständig von den Sporen Gebrauch machte und die Zügel sehr herrisch führte, bedurfte Maxim dieser Hilfen nicht, und doch schien der Hengst unter ihm zu tanzen.
    Sie hob den Blick zu den breiten Schultern des Reiters. Sie malte sich aus, wie sie prächtig gekleidet an seiner Seite Arm in Arm ein höfisches Gemach betrat, und im Geiste hörte sie das Verstummen der Anwesenden, als die Blicke aller sich ihnen zuwandten und die Damen sodann ihren Begleiter mit unverhohlener Bewunderung musterten. Eine Woge der Gefühle brach über sie herein. Wie kommt das? fragte sie sich. Haben sich meine Gefühle für diesen Menschen verändert? Empfinde ich anders für ihn? Verlegen verdrängte Elise diese Phantasien und verfolgte den Flug eines von einem Gebüsch aufflatternden Vogelschwarms. Sie rief sich die Misshandlungen ins Gedächtnis und schmückte jeden Vorfall hingebungsvoll aus, bis sie wieder die vertraute und willkommene Aufwallung von Zorn und Ablehnung spürte.
    Sie erreichten die Stadtgrenze von Hamburg und waren bald darauf von Geschäftigkeit und Stadtleben umgeben. Maxim ritt an ihrer Seite durch die mit Schneematsch bedeckten Straßen, bis sie schließlich vor einer Gruppe kleinerer Läden anhielten. Elise sah dem Absitzen mit Bangen entgegen, da sie fürchtete, Schuhe und Kleidersaum zu beschmutzen, was ihrer Miene einen besorgten Ausdruck verlieh, der Maxim sofort auffiel, als er zu ihr trat und ihr die Zügel abnahm.
    »Braucht Ihr Hilfe?« fragte er belustigt.
    Gleich nahm sie wieder ihre spöttische Haltung an. »Bietet Ihr mir etwa Hilfe an?«
    »Jawohl, das tue ich.«
    »Dann nehme ich dankbar an.«
    Maxim nahm schwungvoll den Hut ab und machte eine höfische Verbeugung. »Euer Diener, holde Maid.« Einen Arm hinter ihrem Rücken, den anderen unter ihrem Knie, hob er sie aus dem Sattel. Sie an seine Brust drückend, tat er einige unsichere Schritte rücklings durch den schneedurchsetzten Schlamm. Sie hielt den Atem an und schloß die Augen ganz fest, da sie erwartete, jeden Augenblick im Schneematsch zu landen. Als sie sie wieder öffnete, blickte sie in die seinen, die plötzlich ganz nah waren. Da merkte sie, daß sie in ihrer Panik beide Arme um seinen Nacken geschlungen hatte.
    Maxim, der ihr Erröten bemerkte, nickte unmerklich und brachte sie noch mehr in Verlegenheit, als er leise sagte: »Es ist mir ein Vergnügen, Madame.«
    Elise löste den rechten Arm von seinem Nacken. Sie konnte die Härte seiner Rippen und die Kraft seiner Arme fühlen. Ungebetene Erinnerungen an den vergangenen Morgen drängten sich ihr auf, und sie errötete unter seinem Blick noch heftiger. Vor der Ladentür angekommen, hob Maxim geschickt den Riegel mit einem Finger und stieß die Tür mit der Schulter auf. Drinnen ließ er sie behutsam zu Boden gleiten. Seine Fürsorge machte sie schwindlig und unsicher. Nur langsam gewann sie ihre Fassung wieder.
    Maxim drückte ihr eine große Börse in die Hand. »Das müßte reichen, um Euch anständig einzukleiden.«
    Verschwunden waren Spott und Hohn, statt dessen ruhte sein Blick warm und fast zärtlich auf ihr, als er ihre Hand mit der Börse darin umfasste.
    »Bis ich mir eine kostspieligere Garderobe für Euch leisten kann, müßt Ihr Euch damit begnügen«, murmelte er.
    »Mylord, Ihr braucht Euer Geld nicht für mich zu verschwenden«, erwiderte Elise. »Als Eure Gefangene habe ich kaum Geschenke von Euch zu erwarten.«
    Maxim verschränkte die Hände im Rücken und sah sie an. »Falls Ihr keine Vorliebe für modische Extravaganzen habt, sind die neuen Sachen gewiß keine Verschwendung. Auf jeden Fall könnt Ihr nach Gutdünken und auf eigene Verantwortung wählen. Ich möchte Euch besser gekleidet sehen.«
    Aus dem hinteren Bereich des Ladens hörte man schwere Schritte, und Maxim wandte sich zu der großen und beleibten Frau um, die ins Blickfeld trat. »Guten Tag, Madame Reinhardt. Mein Name ist Maxim Seymour. Ich bin ein Freund von Kapitän von Reijn.«
    »Ach, natürlich!« antwortete die Schneiderin in tadellosem Englisch und lachte munter.

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