Tränen aus Gold
Missvergnügen klar. »So anspruchsvoll bin ich nun doch nicht.«
»Das ist Ansichtssache, doch wollen wir das besprechen, wenn wir unter uns sind. Vor Fremden ist das Austragen von Meinungsverschiedenheiten unpassend.«
»Ihr tut so, als wären wir Jahrzehnte verheiratet«, stichelte Elise. »Zudem ist Nikolaus kein Fremder, sondern war Euer Komplize bei der Entführung. Daher wird ihn eine kleine Auseinandersetzung wohl kaum erschüttern.«
»Jetzt ist mir klar, daß ich besser auf der Hut hätte sein sollen. Aber ich habe Euch vertraut…«
»War es nicht recht, daß ich soviel bekomme, wie ihr Arabella geben wolltet?« erwiderte Elise mit beißendem Spott. »Habe ich nicht ebensoviel… oder gar mehr erlitten?«
»Glaubt Ihr, ich versage Euch jegliche Annehmlichkeit?« fuhr Maxim empört auf. Er mußte sich beherrschen, denn diese kleine Hexe verstand es sehr geschickt, ihn über alle Maßen zu reizen. »Ich gab Euch, was ich mir leisten konnte, und nicht weniger.«
»Maxim, lass das«, schalt Nikolaus ihn. »Das Mädchen hatte recht…« Er verstummte jäh, als ihn ein Damenschuh ins Bein trat. Ein Blick zu Elise ließ es ihm geraten erscheinen, darüber zu schweigen, daß sie eigenes Kapital besaß und alles selbst bezahlen konnte. Deshalb schloß er mit einem verächtlichen Lächeln: »Sicher werden wir uns an allen Euren Einkäufen erfreuen.«
»Du ganz sicher!« stieß Maxim hervor, selbst verwundert über den Groll, den er für einen Mann empfand, der ihm seit Jahren ein guter Freund war. Doch er scheute sich, die schwelende Eifersucht einzugestehen.
In seinen Stuhl zurückgelehnt, nahm Maxim einen Humpen Bier von dem Schankmädchen entgegen. Gleich trank er einen Schluck und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab, den Blick unverwandt auf Elise gerichtet. Von allen Frauen, die ihm bislang begegnet waren, war sie die erste, die es fertig brachte, seine Gefühle völlig zu verwirren. Einerseits wollte er sich für das revanchieren, was sie ihm heute angetan hatte, andererseits verspürte er in seinem Inneren auch ein heftiges Verlangen, sie näher kennen zu lernen.
»Meine Schutzbefohlene hat angedroht, sie wolle sich an jenen rächen, die ihr Übles taten, und ich schwöre, sie hat mich heute gepeinigt.« Ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich an seinen Freund wandte: »Gib gut acht, Nikolaus, sie wird uns alle noch an den Galgen bringen.«
»Nur Euch, Mylord«, versicherte Elise ihm freundlich. »Ihr habt für meine Entführung gesorgt. Ihr seid derjenige, der bestraft werden sollte!«
»Soll das heißen, daß Nikolaus' Leben nicht gefährdet ist?« Er hielt inne, als sie langsam nickte, und wagte dann kaum zu fragen: »Wenn mein Leben von Euch abhinge, wäre es verwirkt?«
In beredtem Schweigen wandte Elise sich von ihm ab und überließ ihn seinen Zweifeln.
Nikolaus brach in schallendes Gelächter aus und ließ sich in seinem Stuhl zurückfallen. Er genoß es, wie Elise mit Maxim umsprang. Daß eine junge Dame Seiner Lordschaft mit Entschiedenheit entgegentrat, war selten. Meist warf sich ihm das schönere Geschlecht an den Hals und flehte um seine Gunst. Keine der Frauen hatte das vielschichtige Wesen dieses Mannes erkannt. Maxim war ein Mensch, der die Herausforderung einer anstrengenden Jagd liebte. Siege, die ihm in den Schoß fielen, galten ihm nicht viel. Ja, in der Tat, sann Nikolaus, wäre Maxim nicht Arabella völlig verfallen, dann könnte Elise eine mögliche Jagdbeute abgeben. Vielleicht war es besser, man rief dem Marquis seine verlorene Liebe in Erinnerung, damit er nicht auf nahe liegende Gedanken kam…
»Ich hörte, daß Reland und Arabella kurz nach der Hochzeit nach London gingen«, setzte er entschlossen an. »Die neue Garderobe für ihr Erscheinen bei Hof soll ihn ein kleines Vermögen gekostet haben.« Er lächelte vielsagend. »Gewiß wurde ihm dafür reicher Lohn zuteil.«
»Wenigstens weiß Reland, wie man eine Dame behandelt«, bemerkte Elise spöttisch.
»Wenn ich das Gehabe dieses Tölpels nachahmte, brächte Euch das schnell in Rage«, giftete Maxim zurück. »Dieser Kerl wäre doch glatt imstande, ein Mädchen zu verführen und dann ihre Dankbarkeit für seine Aufmerksamkeit einzufordern. Hättet Ihr Relands Prahlerei gehört, teure Elise, dann wüsstet Ihr, daß ihn nichts weniger kümmert als das Vergnügen einer Dame. Ihm liegt einzig am eigenen Genuss. Aber welchem Mann stehen Prahlereien zu, wenn er seine Geliebte unbefriedigt
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