Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
denn
ich gehe schon auf die Fünfzig zu. Fast könnte ich seine Mutter
sein«, lachte
sie schallend.
»Nein, aber Spaß beiseite. Er sieht in der Tat
unverschämt gut aus.
Aber das Wichtigste ist, das er ein gutes Herz und eine reine,
wunderschöne
Lilien-Seele hat. Jeden Patienten, egal ob arm oder reich,
behandelt er mit den
gleichen Maßstäben und der gleichen Freundlichkeit.
Fast nie nimmt er Geld von den ärmsten Patienten die
täglich hierher
kommen. Seit Monaten verzichtet er sogar ganz auf sein Gehalt
und investiert es
stattdessen in dem neuen Krankenhausanbau, der nächstes Jahr
fertig gestellt
werden soll.
Vor zwei Monaten hat er uns sogar von seinem
Privatvermögen eine neue
Herz-Lungen Maschine gespendet. Dieser Mann wurde uns aus dem
Himmel geschickt.
Er hat eine gute Seele«, seufzte sie zufrieden.
Leider ist er im Moment nicht hier. Sonst hätte ich sie
mit ihm
bekannt gemacht. Er musste vor drei Wochen aus familiären
Gründen nach New
Mexico reisen. Sein Bruder ist dort scheinbar schwer erkrankt.
Wir wissen noch
nicht wann er wiederkommt.
Kommen sie Kindchen, ich zeige ihnen noch das
angrenzende Waisenhaus
und dann haben sie auch schon alles gesehen .«
Langsam stand sie auf und rieb sich ihren
eingeschlafenen Fuß. Amy
musste lachen. Kiara war wirklich eine herzerfrischende und
lustige Person. Es
würde Spaß machen mit ihr zusammen zuarbeiten.
Plötzlich hörten sie das laute, durchdringende Klingeln
der Rezeptionsglocke
am Eingang und Kiara rollte mit den Augen.
»Wahrscheinlich wieder ein nichtzahlenden Patient, dem
ein Hühnerauge
entfernt werden muss.« Sie sagte es jedoch mit einem liebevollen
Unterton in
ihrer Stimme.
»Gehen sie ruhig schon alleine weiter. Ganz den Gang
entlang, bis zum
Ende. Die rechte große Tür führt sie direkt zum angrenzenden
Waisenhaus. Dort
werden sie auf Mahu treffen. Sie ist Doktor Cheveyos Mutter und
auch Ärztin
hier. Jeden Tag verteilt sie die warmen Mahlzeiten für die
Kinder. Wir sehen
uns dann später in der Rezeption wieder .« Sie winkte
noch mal kurz und verschwand dann um die Ecke.
Etwas alleine gelassen und unsicher ging Amy langsam
den langen
Klinikflur entlang bis sie von einer Tür auf der linken Seite
wie magisch
angezogen, stehenblieb.
Instinktiv legte sie ihre flache Hand an die Tür und
schloss die
Augen.
Eine Vision überkam sie die sie aber nicht deuten
konnte. Aber sie
spürte urplötzlich etwas Warmes und seltsam Geborgenes, das von
diesem Raum
ausging.
»Hallo Amy. Wie ich sehe haben sie das Büro meines
Sohns schon
gefunden .« Wie aus dem Nichts
erschienen stand mit
einem Mal eine vornehme alte Dame mit schneeweißen Haaren und
warmen, eisblauen
Augen vor ihr. Die Frau kam auf sie zu. Auch bei ihr spürte Amy
sofort die
Wärme die von ihr ausströmte. Langsam ging sie ihr entgegen.
»Willkommen in unseren Krankenhaus. Sie sind doch Amy,
nicht wahr ?«
»Ja und sie müssen Doktor Cheveyos Mutter sein. Ich
freue mich sehr,
sie kennen zu lernen .«
»Das ist richtig. Michael Cheveyo ist mein Sohn.
Der älteste von meinen vier Söhnen«, sagte sie mit
warmer Stimme.
Kommen sie, ich zeige ihnen das Waisenhaus .« Sie hakte
sich bei Amy unter und öffnete die große Flügeltür.
»Aua, aua, aua«, hüpfend kam ihnen ein kleines, etwa
sechs Jahre altes
Mädchen entgegen. »Er hat mich gehauen .« Sie zeigte
auf einen ebenso kleinen Jungen der verschüchtert in der Ecke
des großen
Spielsaales stand. »So«, sagte Amy und kniete sich zu den
kleinen Mädchen
hinunter, »warum hat er dich denn gehauen ?«
»Weil… weil«, sie wischte sich mit dem Armrücken die
dicken Tränen vom
Gesicht, »weil, ich hab sein Auto genommen .«
Sie schniefte laut und hörbar. Amy verbiss sich ein
Lachen und fragte
stattdessen mit ernster Stimme: »Und warum hast du ihm sein Auto
denn
weggenommen, wenn es doch seins ist ?«
»Weil es mir gefiel und ich wollte jetzt und sofort
damit spielen .«
Wieder ein hörbares Schniefen.
»So«, sagte Amy daraufhin und schaute die schon
ziemlich ramponiert aussehende
Puppe an die das Kind in der Hand hielt, »und wenn ich dir nun
deine Puppe
wegnehmen würde, weil ich jetzt und sofort mit ihr spielen
möchte bist du dann
glücklich ?«
»Neieiein.«
»Siehst du. So fühlt sich jetzt auch der Junge, dem du
sein Auto
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