Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
abends
bewundern können«, erwiderte er scheinheilig.
»Nein, das
wolltest du nicht. Du hattest vor, meinen Wagen zu stehlen und
dich aus dem Staub zu machen, um dir bei deinem Dealer neue
Tabletten zu kaufen.«
»Nein…«, stotterte
Robert ertappt, »das ist nicht wahr.«
Jetzt reichte es
Amy. Sie stemmte die Arme in die Hüften und fragte mit
honigsüßer Stimme: »Tatsächlich? Und warum hast du dann eben
meine Autoschlüssel aus meiner Handtasche
genommen? Wolltest
du mit dem Wagen ein paar Runden um den Gartenteich drehen?«
Energisch wies sie
mit einem Nicken auf das riesige Panoramafenster hinter sich und
verunsichert folgte er ihrem Blick.
»Du willst die
Aussicht genießen? Dann komm hierher zum Fenster und schau
hinaus. Hier hast du eine fantastische Aussicht auf meinen
Garten und auf den endlosen Horizont, der sich im Teich
spiegelt.«
Ihre Stimme
triefte jetzt vor Ironie. Scheinbar gelassen drehte sie sich
wieder zum Abwaschbecken um und begann in aller Ruhe die
Kartoffeln zu schälen.
»Ach und noch
etwas«, hörte er sie wie beiläufig murmeln.
»Dank meines
vorsorglichen Vermieters sind alle Fenster und Türen in diesem
Haus elektronisch verriegelbar. Sozusagen absolut
einbruchssicher - oder wie in deinem Fall - ausbruchssicher. Und
die Fernbedienung dazu habe ich. Du kommst hier also nur über
meine Leiche raus. Also versuch es erst gar nicht.«
Die Ironie war aus
ihrer Stimme verschwunden und er zuckte bei der kompromisslosen
Ernsthaftigkeit ihrer Worte zusammen.
»Leck mich«,
schrie Robert verärgert und rannte in das Gästezimmer.
Zwei Stunden
schmollte er auf dem Bett. Als Amy ihn zum Mittagessen rief,
hatte er sich eine neue Strategie ausgedacht und versuchte es
auf die einschmeichelnde Art.
»Babe, mir geht es
nicht gut…“
»Ja, das glaube
ich dir aufs Wort.«
»Gut, dann sei ein
braves Mädchen und gib mir wenigsten eine Tablette. Wir
müssen doch nicht sofort einen Crash-Entzug machen. Ich werde
einfach meine Dosis halbieren. Nur eine einzige Tablette,
bitte«, säuselte er.
»Nein.« Bestimmt
schüttelte Amy den Kopf.
»Verdammt, ich
hasse dich.«
Wütend stand er
auf und schleuderte den Stuhl quer durch die Küche. Amy sah ihn
unbeeindruckt an und blickte auf ihre Uhr.
»Tja, das kann ich
nicht ändern. Trotzdem solltest du jetzt deinen Tee trinken.
Neben den physischen Problemen, die du jetzt schon spürst,
werden sehr bald auch die körperlichen Entzugserscheinungen
einsetzten«, warnte sie ihn.
Giftig starrte
Robert sie an und stürmte aus dem Zimmer. Im Salon warf er sich
verärgert aufs Sofa und fühlte sich von Amy zutiefst verraten.
Nervös strich er sich übers Kinn und bemerkte dabei, wie stark
seine Hand zitterte. Verzweifelt verschränkte er beide Hände um
seinen Körper und sah frustriert aus dem Fester.
Irgendwann, er
wusste nicht wie lange er schon hier gesessen hatte, fühlte er
die ersten, heftigen Magenkrämpfe. Sie kamen von ganz unten und
fraßen sich mit wehenartigen Schüben durch seine gesamten
Eingeweide hoch.
Robert umspannte
mit beiden Armen seinen Unterbauch, lehnte sich auf seine
Oberschenkel, wiegte seinen gepeinigten Körper vor und zurück
und biss sich auf die Zunge, um seinen Schmerz nicht laut
herauszuschreien. Noch wollte er vor Amy nicht zugeben, dass sie
mit ihrer Vorhersage Recht gehabt hatte. Doch kurz darauf hielt
er es kaum noch aus. Wankend stand er auf und schleifte sich in
gebeugter Haltung in sein Zimmer. Dort fiel er schweißgebadet
aufs Bett, legte sich auf die Seite und rollte sich in
Embryostellung zusammen.
Amy seufzte auf.
Sie hatte ihn gehört - trotz seiner Versuche leise zu sein.
Jetzt nahm sie die vorbereitete Thermoskanne, goss einen großen
Becher voll und gab einen Teelöffel Honig dazu, um den bitteren
Geschmack der Kräutermischung ein wenig abzumildern.
Angespannt
straffte sie die Schultern, denn jetzt hatte sich die Situation
verändert. Mit seiner ungewollten Boshaftigkeit und dem
Schmollen konnte sie irgendwie gut umgehen. Aber ab jetzt würden
ihn Schmerzen quälen, die sie ihrem ärgsten Feind nicht
wünschte. Mahus Tee enthielt einige natürliche und beruhigende
Zutaten, die ihn in einen leichten, schlafähnlichen Zustand
versetzten und so die Krämpfe ein wenig lindern würde.
Trotzdem würde es
ein entsetzlicher und sehr qualvoller Kampf für ihn
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