Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
wo sich die Wachen befanden und reagierten instinktiv.
Sie stießen das
schwere, zweiflügelige Eisenportal nach außen auf und lehnten
sich flach dahinter. Die Wachen würden denken, dass sie schon in
den Vorhof eingedrungen waren und auf diesem Überraschungsmoment
warteten sie. Als sie die herbeieilenden Schritte hörten, nutzen
sie den Schwung der schweren Türen und ließen sie mit der Wucht
eines Vorschlaghammers zurück ins Innere schwingen. Die Wachen
befanden sich in einer unglücklichen Position - die Flügeltüren
schlugen ihnen direkt ins Gesicht.
Schwankend
versuchten sie sich auf den Beinen zu halten. Zeitgleich
sprangen Matu und Ian hoch und mit einem kraftvollen Stoß ihrer
steinharten Hand trafen sie die Läufer jeweils an den Schläfen.
Am daraufhin hörbar zischenden Geräusch erkannten sie, das ihr
Schlag erfolgreich war und sich das Gehirn der Läufer narkotisch
zusammenkrampfte. Michael und Sebastién glitten geräuschlos in
die Vorhalle und die Art, wie die beiden Läufer ausgestreckt am
Boden lagen, zeigte Michael, dass sie für eine Weile außer
Gefecht waren.
Roger wartete als
telepathische Verbindung vor der Burg. Mato und Ian
bewachten weiterhin den Vorhof und Michael machte sich mit
Sebastién, Adnan, Soldan und Lionel auf die Suche nach dem
Vademekum.
Lautlos gingen sie
den langen, unterirdischen Korridor entlang. Die gruftartige
Dunkelheit wurde nur durch ein paar wenigen Fackeln erhellt, die
in den Mauervorsprüngen hingen. Durch die halbrunden
Erkerfenster blies ein polarkalter Wind und verwandelte den
Schein der Fackeln zu bizarren Schatten, in denen die Insekten
tanzten.
Vorsichtig gingen
sie weiter. Der Korridor bildete ein undurchsichtiges Geflecht
aus verzweigten Nebenfluren und kleineren Innenfoyers, die wie
ein Labyrinth angelegt waren und es ihnen unmöglich machten,
sich zu orientieren. Einzig Lionel schien sich zurechtzufinden.
Er schien das ganze Labyrinth innerlich gescannt zu haben, denn
als er jetzt sprach, war seine Stimme ohne jeden Zweifel.
»Bei der nächsten
Abzweigung, die dritte Tür. Dahinter werden wir die Galerie
finden.«
Michael nickte.
Angespannt erreichten sie die dritte Tür und Michal schob
langsam den schweren Riegel hoch. Im gleichen Moment sah er aus
der Ecke mehrere gigantische Schatten aufliegen. Er sprang zur
Seite und schrie den anderen eine Warnung zu. Dann flog er zur
Zimmermitte hoch und traf einen Angreifer seitlich am Kopf.
Dumpf prallte der Schatten zurück und schlug gegen den
Wandschrank.
Auch Sebastién
hatte sofort reagiert. Er sah wie der zweite Schatten im
Sturzpflug auf ihn zuraste und streckte unvermittelt seine
riesige Hand aus. Als diese gegen die Stirn des Angreifers
klatschte, fiel dieser wie ein Stein zu Boden und blieb
bewegungslos liegen.
»Schachmatt«,
murmelte er ohne Reue.
»Los jetzt! Das
verschafft uns zehn Minuten Vorsprung, ehe der Scheißkerl wieder
zu sich kommt.«
Michael sah sich
blitzartig um. Scheinbar schienen sie sich hier in einer Art von
Vorhalle zu befinden. Er schloss kurz die Augen und versuchte in
seinen Visionen den richtigen Weg zu finden. Jetzt, wo er sich
im direkten Epizentrum des Bösen befand, strömten seine Gedanken
wie Salven eines Maschinengewehrs auf ihn ein und er hatte große
Mühe die Vorgänge zu filtern. Doch dann erwachte er aus seiner
Starre, öffnete die Augen und glitt zielstrebig zu der hohen
Schrankwand, die sich in der linken Zimmerecke befand.
Michael streckte
sich zu seiner vollen Größe, fasste ins oberteste Regal und
fegte mit seiner Hand die bronzenen Figuren die dort standen,
allesamt Abbilder satanischer Götzen, zu Boden. Und dann
entdeckte er endlich den winzigen Knopf. Als er ihn mit aller
Kraft eindrückte, öffnete sich in der gegenüberliegenden Wand
eine Geheimtür und gab den Blick auf eine Bibliothek ungeahnten
Ausmaßes frei.
»Bingo«, murmelte
Sebastién. Vorsichtig und lauernd betrat er den hellerleuchteten
Raum und sah sich staunend um.
»Fucking hell… wer
zum Teufel soll das hier alles jemals lesen«, fragte er
irritiert, als er die endlosen Regale erblickte, die sich bis
zur hohen Zimmerdecke erstreckten und voll von verstaubten,
schwarzen Büchern waren.
»Ich schaffe es
noch nicht einmal die tägliche Zeitung durchzulesen. Das
hier kann ich nicht mal in den kommenden dreihundert Jahren
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