Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
murmelte
sie und strich ihm liebevoll über den Kopf.
Dann ging ihr eine
Idee durch den Kopf. Ihre Schicht war schon seit einer halben
Stunde zu Ende, aber es war immer noch früher Nachmittag. Damit
blieben ihnen noch vier Stunden Zeit, bis das Abendbrot serviert
wurde. Es war vielleicht einen Versuch wert.
»Zakki, was hältst
du von einen Ausflug«, fragte sie und wandte sich ihm zu.
»Wohin denn?
Fahren wir ans Meer?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Nein, aber lass
dich überraschen«, erwiderte sie geheimnisvoll und stand auf.
Amy nahm ihn an
die Hand und er trottete ergeben neben ihr her. An der Rezeption
bat sie die Oberschwester kurz auf ihn aufzupassen und eilte in
das Ärztezimmer. Nachdem sie ihre Jeans übergestreift und in
eine kurzärmlige zartgrüne Bluse geschlüpft war, hinterließ sie
noch kurz eine Nachricht für Michael, der immer noch im OP war.
Sie nahm ihre Handtasche und auf den Weg nach draußen fasste der
kleine Junge vertrauensvoll ihre Hand. Amy fischte in
ihrer Tasche nach dem Schlüssel und Zakki rief staunend: »Wow,
cool… ist das dein Auto?«
»Ja, das ist es,
gefällt es dir?«
Er nickte heftig
und starrte ehrfurchtsvoll den riesigen Geländewagen an. Amy
musste lachen, ganz genauso war es ihr vor einem Monat auch
ergangen, als Michael sie geheimnisvoll und mit verbundenen
Augen nach draußen geschleppt hatte, um ihr die Überraschung zu
präsentieren.
Michael hatte
ihren alten, kleinen Ford Fiesta schon immer heftig misstraut
und ihr kurzerhand diesen nagelneuen Ford Expedition gekauft.
In den ersten
Tagen hatte sie schwer gekämpft, um wenigstens einigermaßen
grazil in den Wagen einzusteigen und war schon fast versucht
gewesen, eine Trittleiter im Kofferraum mitzunehmen. Doch schon
bald hatte sie sich an die überdimensionalen Ausmaße des Jeeps
gewöhnt, zumal Michael es nicht versäumt hatte, an ihre
Lieblingsfarbe zu denken.
Und so strahlte
der Wagen in einem zartgrünmetallic Ton mit der Sonne um die
Wette. Amy lachte leise auf, schon alleine der Gedanke an
Michael löste ein wolliges Kribbeln in ihren Inneren aus. Sie
hoffte von ganzen Herzen, das sie heute Abend endlich einmal
wieder Zeit für sich alleine hatten, ohne mit der Familie über
die ständig steigenden, vermissten Personen zu rätseln.
Sie war sich sehr
wohl bewusst, dass sie durch Michael in eine
Geisterkrieger-Familie geraten war und die Hüter der Lilien
immer eine Aufgabe in dieser Welt hatten. Sie wollte mit ganzem
Herzen ein Teil davon werden, aber manchmal wünschte sie sich
ein kleines bisschen mehr Zweisamkeit mit Michael.
Seufzend öffnete
sie die Autotür, hob Zakki auf den Rücksitz hoch und schnallte
ihn an. Er quietschte vor Freude auf und klatschte in seine
kleinen Hände.
»Verrätst du mir
jetzt, wohin wir fahren?«
Sie lachte und
beobachtete sein erregtes Gesicht im Rückspiegel. »Es dauert
nicht lange, wir sind gleich da Zakki.«
Was auch stimmte,
denn nach nur zehn Minuten hatte Amy das Reservat durchquert und
fuhr die Auffahrt zu einem kleinen Haus hoch. Langsam stellte
sie den Motor ab und im gleichen Augenblick wurde auch schon die
Haustür aufgerissen. Eine junge Frau rannte freudestrahlend auf
sie zu und umarmte sie herzlich. »Amy, endlich. Ich dachte
schon, du willst mich gar nicht mehr besuchen kommen«, lachte
sie.
»Patricia! Du
siehst umwerfend aus, wie geht es euch allen?«, erwiderte Amy
erfreut und betrachtete die Freundin. »Uns geht es fantastisch,
dank dir und deiner Hilfe. Es ist so schön dich wiederzusehen.
Komm rein und schau dir an, wie groß dein Patenkind geworden
ist. Und wer ist dieser kleine Mann?«, fragte Patricia
neugierig. Sie blickte auf Zacharias, der bereits ungeduldig an
seinem Gurt zerrte.
»Das ist Zakki«,
antwortete Amy liebevoll und hob ihn aus dem Wagen.
»Ich hoffe, er
stört dich nicht. Er ist krank und sehr einsam, darum habe ich
ihn mitgebracht«, flüsterte sie leise über die Schulter. Patrica
lachte und strich ihm leicht über das verstrubbelte Haar.
»Hier ist jeder
willkommen. Komm rein Zakki, bei uns ist immer Leben im Haus.«
Amy saß auf dem
Sofa und trank den süßen, indianischen Tee. Entspannt blickte
sie sich im Wohnzimmer um und genoss das lebhafte Treiben um
sich herum. Der alte Indianer John hatte noch immer das Probleme
mit seinem offenen Bein. Aber dank der Natursalbe von
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