Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
murmelte sie. »Ich sitze hier mitten in
der Pampas und spreche zu einem Puma, der mir nicht antworten
kann. Aber damit hast du mir mehr geholfen als alle
Seelenklempner, die ich schon besucht habe.«
Die simplen und
einfachen Worte von ihr streichelten Bens Seele und berührten
sein Herz. Ein leises Schnurren entrang sich seiner Kehle und er
lehnte sich ein kleines bisschen dichter an ihren Körper.
Gedankenverloren begann Rebecca sein schneeweißes Fell an der
Stelle hinter dem Ohr zu kraulen, wo er es am liebsten hatte.
Die Sonne begann
langsam hinter den Bergen unterzugehen und ihre Strahlen
versetzten den Himmel in ein nebelhaftes, samtiges Orangerot.
Stocksteif
verharrte er in ihrer Umarmung und genoss das Gefühl der
Verbundenheit zwischen ihnen. Manchmal schmiegte er ganz
vorsichtig seinen Kopf an ihre Schulter und wenn sie erneut in
ihre Depressionen zu versinken drohte und sie wieder anfing zu
weinen, dann stupste er sie warmherzig an.
Danach blieb er
wieder still neben ihr sitzen und lauschte ihren Worten.
Der zarte Faden
der Zweisamkeit begann sie sanft zu umwickeln.
Zauber des Augenblicks
A my
öffnete die große Flügeltür des Waisenhauses in der Hope-Klinik
und sofort drang lautes Gelächter und vergnügtes Schwatzen an
ihr Ohr. Plötzlich ertönte ein Jubelschrei. Ein kleiner,
fünfjähriger Junge löste sich aus einer Gruppe spielender Kinder
und rannte freudestrahlend auf sie zu. Sie breitete ihre Arme
aus und fing ihn auf. Lachend begann sie sich mit ihm im Kreis
zu drehen, bis sie atemlos auf das Sofa sackte.
»Wie geht es dir
heute, Zakki? Warst du ein braver Junge?«, fragte sie ihn und
küsste liebevoll sein volles dunkelbraunes Haar. Lachend
schüttelte er den Kopf und erwiderte ihre Liebkosungen, indem er
ihr Gesicht streichelte. Amy begann ihn zu kitzeln und er platze
fast vor kichern. Dann blickte sie ihn ernst an.
»Die Schwestern
haben mir erzählt, dass du dich wieder geweigert hast, dein
Mittagessen aufzuessen.«
»Ja, weil es mir
eben nicht schmeckt, wenn du nicht da bist«, murrte er und
streichelte erneut zart ihre Wange.
Amy war gerührt
und wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Stumm
betrachtete sie den kleinen Kerl, der sich jetzt sichtlich
zufrieden in ihren Schoss kuschelte und sie mit seinen kleinen
Ärmchen umschlang.
Zärtlich begann
sie ihn hin und her zu wiegen und dachte nach. Zakki, der
eigentlich mit vollem Namen Zacharias hieß, war vor drei Wochen
zu ihnen ins Waisenhaus gekommen. Sein Schicksal war das, wie so
vieler Kinder im Reservat. Sein frustrierter Vater hatte die
Familie verlassen und war nach New York abgehauen, in der
Hoffnung dort eine Arbeit zu finden. Die Ehefrau hatte nie
wieder etwas von ihm gehört. Als dann auch noch ihr ältester
Sohn das Reservat mit ungewissen Ziel verließ und damit seine
magere, aber doch essenziell wichtige Zuzahlung an seine Mutter
einstellte, wusste diese sich nicht mehr zu helfen. Nachdem sie
mit drei Mieten für ihr bescheidenes Holzhaus im Rückstand war
und ihr gekündigt wurde, sah sie schließlich keinen Ausweg mehr
und hatte den Kopf in den Backofen gesteckt - nicht ohne vorher
das Gas aufzudrehen. Gottseidank hatte sie so viel Anstand
besessen und ihren jüngsten Sohn Zacharias vorher bei einer
Nachbarin abgegeben.
Diese hatte ihn
dann schlussendlich ins Waisenhaus eingeliefert und hier saß er
nun in ihren Armen. Er war ein verstörtes und hyperaktives Kind,
das auf niemanden hörte und permanent das Essen verweigerte. Bis
er Amy begegnete, die vor zwei Wochen ihre ehrenamtliche Arbeit
im Waisenhaus wieder aufgenommen hatte.
An diesem Tag kam
sie gerade dazu, als er in einem erbitterten Streit mit einem
anderen Jungen lag. Nachdem sie die beiden Streithähne getrennt
hatte, wurde sie von ihm wütend angestarrt und ohne Vorwarnung
gegen das Schienbein getreten. Statt ihn wie die anderen
Schwestern auszuschimpfen, hatte sie ihn nur traurig angesehen
und gefragt: »Zakki, warum tust du mir weh, ich habe dir doch
gar nichts getan.«
Daraufhin war er
in Tränen ausgebrochen und hatte sich schluchzend in ihre Arme
gestürzt. Und von diesem Moment an hatte Zakki scheinbar
beschlossen, sie zur Ersatz-Mummy zu erwählen. Denn von Stund an
weigerte er sich zu essen, solange Amy nicht an seiner Seite
war. »Was soll ich nur mit dir machen, kleiner Kerl«,
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