Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
berichtete ihr ausführlich von ihrem
gestrigen Date mit einem Traummann.
»Schon wieder ein
Neuer?«
Amy lachte in sich
hinein und ließ sich müde zurück auf Rebeccas Bettende gleiten.
Rachels Redefluss wurde erst durch einen hereinkommenden Pfleger
unterbrochen, der ihnen eine Vase für die vielen Blumen brachte.
Rachel betrachtete ihn äußerst interessiert, knipste ihr Lächel
ein und verwickelte ihn sofort in ein Gespräch. Michael sah,
dass sich Amys anmutiges Gesicht vor Anstrengung verzog und ihre
smaragdgrünen Augen sich verdunkelten. Schnell trat er hinter
sie und umschlang sie mit seinen Armen.
»Tief durchatmen,
dann geht es dir gleich wieder besser«, murmelte er.
»Ich sollte dich
eigentlich umbringen für die Angst und die Sorgen, die ich mir
um dich machen musste«, flüsterte er ihr leise ins Ohr.
Er zog sie fester
an sich und Amy schmiegte sie sich erschöpft gegen seinen
Oberkörper.
»Es tut mir leid.
Aber ich hasse es, so bemitleidet und gepflegt zu werden.
Ich komme mir wie eine Mumie oder wie eine Todkranke vor.«
»Ich weiß wie
hilflos du dich fühlst, aber manchmal ist man auf Hilfe
angewiesen.«
Behutsam beugte er
sich zu ihr herunter und sie spürte seinem Atem, als seine
Lippen hauchzart über ihren Hals und ihre Wange strichen.
Behaglich seufzte Amy auf und lehnte ihren Kopf an seine Brust.
Michael vergrub sein Gesicht in ihr seidiges Haar und sog tief
ihren so ureigenen, nach Lilien und Maiglöckchen süßen Geruch
auf. Trotzdem grollte er ihr noch immer.
»Weißt du, dass du
mich beinahe in den Wahnsinn getrieben hast«, fragte er streng.
»Dir hätte
unterwegs schwindelig werden können oder du hättest stolpern und
die Treppenstufen runter stürzen können. Ich wäre dir wirklich
sehr dankbar, wenn du in den nächsten sechzig Jahren unseres
Zusammenlebens, solche Alleingänge unterlässt. Meinst du, dass
du das hinbekommst?«, murmelte er.
Trotz ihrer
Müdigkeit musste sie lächeln. Mit seinen simplen Worten hatte er
gerade erneut sein Versprechen bestätigt, für immer mit
ihr zusammen zubleiben. Das alleine bewirkte, das ihr Adrenalin
Spiegel in die Höhe schnellte.
Ben hatte sich bis
jetzt stumm im Hintergrund gehalten. Eigentlich war er nur
hergekommen, um Amy zu besuchen. Jetzt standen sie allerdings in
Rebeccas Zimmer, die er vorher nur ein oder zweimal in Amys Haus
gesehen hatte. Er betrachtete seinen Bruder, der Amy immer noch
liebevoll umarmte. Darum hielt er sich zurück und wollte sie
nicht stören. Mit den Händen in den Hosentaschen stand er am
Fenster und betrachtete den wolkenfreien Himmel.
Als er sich
irgendwann wieder umdrehte, begegnete er zufällig Rebeccas
Blick. Ein komisches Gefühl, dass er bis dahin nicht
gekannt hatte, erwachte in seinem Inneren.
Ihre Gestalt
erinnerte ihn an einem Vogel, der aus dem Nest gefallen war.
Weich, wehrlos und so entsetzlich verletzlich starrte sie ihn
an.
Ben hatte bis
jetzt noch keine sonderlich großen Erfahrungen mit dem anderen
Geschlecht gemacht, die über mehr als verstohlene Küsse hinaus
gingen. Mädchen waren für ihn immer noch ein Buch mit sieben
Siegeln.
Doch diese
gepeinigten Rehaugen berührten aus irgendeinem Grund seine
Seele.
Wieder Zuhause
S eit
ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus waren mittlerweile zwei
Wochen vergangen und mit jedem weiterem Tag fiel Amy die Decke
mehr auf dem Kopf.
Erst in drei
Monaten konnte sie wieder anfangen zu arbeiten, erst dann war
ihre Narbe ganz verheilt, aber Nichtstun war noch nie ihre
starke Seite gewesen. Ihr war durchaus bewusst, dass sie sich
nach der schweren Operation an ihren Herzen noch schonen musste.
Darum war sie trotzdem nicht senil.
Doch selbst die
einfachsten Arbeiten, die sie anfangen wollte, wurden ihr sofort
aus der Hand gerissen. Wenn sie Anstalten machte die
Spülmaschine auszuräumen, stand sofort Emilys Mutter hinter ihr
und mit den Worten: Lass nur Liebes, ich mache das schon, wurde
sie zum Ausruhen auf die Couch geschickt.
Bei ihrem
gestrigen Versuch einen kleinen Blumenkübel zu bepflanzen, war
ihr dann beinahe der Kragen geplatzt. Denn sofort kam Emilys
Vater um die Ecke gestürmt, um ihr die Schaufel aus der Hand zu
nehmen. Daraufhin hatte sie sich wütend umgedreht und sich vor
Frust in die Hand gebissen, um nicht laut aufzuschreien. Danach
war sie genervt in ihr Zimmer
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