Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
sie erstickt.
»Ich habe so
wahnsinnige Angst.«
Ihre Stimme brach
und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Amy nahm sie so fest sie
konnte, in ihre Arme und wiegte sie tröstend hin und her. Lange
Zeit war nur Rebeccas leises und unterdrücktes Weinen im
ansonsten stillen Krankenzimmer zu hören. Amy ließ sie stumm
gewähren. Denn erst wenn das Salz der Tränen die Qualen aus
ihren Körper gespült hatte, erst dann konnte man versuchen ihrer
geschundenen Seele zu helfen. Irgendwann wurde sie ruhiger.
»Wie geht es
deiner Schwester, besucht sie dich oft?«, fragte Amy mit weicher
Stimme.
»Ja, sie kommt
jeden zweiten Tag und ist schon wieder ganz die alte Rachel. Das
einzige was sie kolossal stört ist, das sie wieder bei unseren
Eltern wohnen muss.«
Amy reichte ihr
ein Taschentuch und Rebecca putzte sich geräuschvoll die Nase.
»Ich weiß, das hat
Mahu mir auch schon erzählt«, ergänzte Amy.
»Michael hat euren
Eltern nahegelegt, dass sie euch nicht aus der Therapie hier
reißen. Eigentlich wollte dein Vater mit euch sofort nach
England zurückreisen. Aber dann hättet ihr erneut einen anderen
Arzt von eurem Trauma erzählen und wieder ganz von vorne
anfangen müssen. Deine Mutter hat es dann auch eingesehen. Und
nachdem sie von eurem verstorbenen Onkel in Frankreich eine
kleine Erbschaft erhalten haben, hat dein Vater ein kleines
Appartement hier in Flagstaff gemietet. So hat Rachel auch die
Chance, ihr Studium in Ruhe abzuschließen.«
Rebecca sah sie an
und lächelte scheu.
»Mom hat gesagt,
wenn ich hier raus bin, dann werden sie mich auf dem hiesigen
College anmelden und ich kann bei Rachel bleiben. Und wenn ich
wieder ganz gesund bin, dann können wir alle vier zusammen in
deinen Bungalow einziehen, oder?«, gespannt blickt sie Amy an
und diese musste schmunzeln.
»Na das kann ja
heiter werden. Mit Rachel und Emily war das Haus ja schon das
reinste Chaos. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie das mit
vier Mädels abläuft. Aber ich bin schon sehr gespannt darauf und
habe nichts dagegen. Gottseidank hat wenigstens eine von uns
Glück gehabt. Emily hat die Geschichte ja nicht unmittelbar
miterlebt.
Trotzdem war sie
danach ziemlich bestürzt. Im Moment sind ihre Eltern zu Besuch
und wohnen mit meinem Vater zusammen im Haus. So hat sie
Gesellschaft und fühlt sich nicht so alleine und nächste Woche
werde ich endlich entlassen. Michael wollte, dass ich zu ihm und
seiner Familie ins Gästezimmer ziehe, damit sie mich unter
konstanter Beobachtung haben. Aber mein Vater besteht darauf,
dass ich mindestens einen Monat mit ihm verbringe, bevor er
wieder abreist.«
Mitten in ihrem
Gespräch wurde die Tür aufgerissen und sie hörten aufgeregte
Stimmen. Michael betrat völlig aufgelöst das Zimmer, aber dann
sah er sie zusammen sitzen und umfasste augenblicklich die
Situation. Er nickte Amy kurz zu und scheuchte alle anderen
wieder aus dem Zimmer. Kraftvoll schloss er danach die Tür und
blieb an der Wand gelehnt, stehen. Michael verspürte den
dringenden Wunsch, Amy den Hals umzudrehen. Sie war schuld
daran, das er vor Sorge fast umgekommen war, nachdem er sie
nicht wie gewohnt in ihrem Krankenbett vorfand.
Nachdem er danach
fast drei Krankenschwestern gewürgt hatte, weil sie seiner
Meinung nach ihre Aufsichtspflicht verletzt hatten, hatte Mahu
schließlich den Hinweis gegeben, doch mal in Rebeccas Zimmer
nachzusehen. Jetzt, als er ihre geliebte Gestalt vor sich sah,
schwand sein Zorn so schnell wie er gekommen war. Sie saß da wie
ein göttlicher Engel.
Rebecca setzte
sich auf und machte ein scheinbar freudiges Gesicht.
»Seien sie nicht
so streng mit Amy. Sie hat es doch nur gut gemeint und wollte
mir helfen. Außerdem hat jetzt doch die Besuchszeit angefangen.
Also, wer wartet draußen?«
Ergeben öffnete
Michael daraufhin die Tür und das kleine Krankenzimmer
verwandelte sich alsbald in einen lebhaften Bienenschwarm.
Allen voran ihr
Vater und Steve, die sofort versuchten, sie in dem mitgebrachten
Rollstuhl zu bugsieren, was Amy vehement ablehnte. Zum Glück kam
Mahu dazu, die ein außergewöhnliches Talent dafür besaß,
Menschen abzulenken. Rachel stieß einen Freudenschrei aus,
rannte auf sie zu und umarmte sie so fest, dass Amy
zusammenzuckte und instinktiv ihre Hand über dem Verband ihrer
Brust legte.
Wie gewohnt
plapperte sie drauflos und
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