Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
die sich wirklich lohnte.
Raha straffte
seinen Körper und ging die Stufen zum Club hinunter. Im
hinteren, dunkleren Teil der Theke nahm er auf einen Barhocker
Platz und bestellte sich einen Scotch. Ab und zu blickte er
unauffällig über seine Schulter und beobachtete sie. Ihm gefiel,
was er sah. Ihr schwarzer, kurz geschnittener Bob betonte ihr
blasses Gesicht und ihre vollmundigen Lippen ließen ihn von
einem satanischen Fest der Lust träumen.
Auch der restliche
Körper war eine Augenweide. Aber am besten gefiel ihm ihr
narzisstischer Charakter. So eine unverhohlene Egomanie hatte er
selten in so einer schönen Hülle gespürt. Er nahm einen tiefen
Schluck aus seinem Glas und lauschte auf die Konversation mit
ihren Gegenüber.
»Ich halte das
nicht mehr länger aus. Ich habe eine Frau und zwei kleine
Kinder«, flüsterte ihr der Mann erregt zu.
»Das fällt dir ein
bisschen spät ein, findest du nicht?«
Herrlich, ihre
Stimme triefte vor grausamen Zynismus. Raha war begeistert.
»Dann lass dich
endlich scheiden«, sagte sie lapidar.
»Bist du verrückt,
eine Scheidung für dich…?«, murmelte ihr Gegenüber entsetzt
zurück.
Auf Rahas Gesicht
erschien ein diabolisches Grinsen. Er konnte beinahe körperlich
spüren, wie ihre boshaften Gedanken an die Oberfläche kamen.
»Was soll das
bitteschön heißen, für eine wie mich? Ich liebe dich vom ganzen
Herzen.«
Gelogen dachte
Raha und lauschte entzückt weiter.
»Ich kann ohne
dich nicht leben«, hörte er sie sagen und der Mann schien
geknickt zu sein.
»Hör zu, meine
Frau wird langsam misstrauisch, sie scheint etwas zu ahnen. Wir
müssen das jetzt sofort beenden und dürfen uns nicht mehr
treffen… es tut mir so leid«, wisperte er.
»Dann hau doch ab
und geh zurück zu deinem Hausmütterlein, das dich so abgrundtief
langweilt«, zischte sie boshaft.
»Ich werde mich
auch ohne dich prächtig amüsieren.«
Raha blickte in
dem Spiegel über der Getränketheke und sah wie der Mann gequält
aufstand und hastig auf den Ausgang zueilte. Abwartend glitt
Rahas Blick zu ihrem Gesicht zurück und er versuchte sich wieder
mit ihren Gedanken zu vereinigen.
Er spürte, wie die
Abfuhr tief in ihr brodelte. Mit vor Wut funkelnden Augen saß
sie am Tisch und überlegte, wie sie es ihm heimzahlen konnte.
Niemand verließ sie so ohne weiteres. Bis jetzt war sie es immer
gewesen, die eine Affäre beendet hatte, wenn es aufhörte Spaß zu
machen. Sie sollte diesen kleinen Spießer wegen sexueller
Nötigung bei der Klinikleitung anzeigen.
Dann verlor er
seinen Job und seine heile, ach so liebe Familie, wahrscheinlich
auch. Armer Dean Sheppard. Ja, vielleicht sollte sie das morgen
wirklich machen, dachte sie. Dann stand sie frustriert auf, um
an der Bar zu bezahlen.
Raha konnte sie
riechen, je näher sie auf ihn zukam. Er roch die Boshaftigkeit
ihrer Gedanken und ihren selbstsüchtigen Charakter, gepaart mit
einer großen Prise Egoismus. Genussvoll blähten sich seine
Nasenflügel auf, um noch ein wenig mehr von diesem teuflischen
Duft einzuatmen. Sie war durch und durch eine Narzisstin,
geboren um anderen wehzutun. Es schien als ob heute sein
Glückstag war und in diesem Moment fasste er eine Entscheidung.
Er würde sie nicht in einen Läufer verwandeln und ihr die acht
Blutstropfen stehlen, was ursprünglich sein Plan war. Nein. Sie
war etwas ganz besonderes und ihm damit absolut ebenbürtig.
Darauf hatte er schon so lange gewartet. Heute Nacht würde er
den letzten Vers der satanischen Regeln befolgen. Er würde sie
beißen und sie danach mit seinem Blutkreislauf verbinden.
Damit schloss er
mit ihr den Bund der Finsternis und sie war für immer an ihn
gebunden. Ihre schlechten Eigenschaften würden sich mit seinen
satanischen Gedanken vereinigen - für immer und unwiderruflich.
Als sie neben ihn an die Bar trat, musste er sich beherrschen um
sein teuflisches Lachen zu unterdrücken. Er sah sie an und
wusste ohne jeden Zweifel, dass sie eine lehrreiche und sehr
folgsame Konkubine sein würde.
»Machen sie sich
nicht draus Miss. Der Kerl war sowieso nicht der Richtige für
sie. Es lohnt sich auch nicht, sein spießiges Leben zu
zerstören, indem sie ihn anzeigen.«
»Was…?«, stotterte
sie überrascht.
»Sie haben mich
schon verstanden«, erwiderte er und schwenkte sein Glas in der
Hand.
»Können sie etwa
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