Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Gedanken lesen?«
Nervös betrachtete
sie ihn von der Seite und fühlte sich von ihm ertappt.
»Manchmal, wenn
ich mich anstrenge. Möchten sie noch was trinken? Ihr
Lieblingsdrink ist Gin Tonic, habe ich Recht?«, fragte er
scheinheilig und schnippte mit dem Fingern nach dem Barmann.
Raha bemerkte, wie es hinter ihrer schönen Stirn arbeitete und
wusste, dass sie sich auf ihn einlassen würde. Er konnte ihre
Neugierde förmlich riechen. Sie begann mit ihren Fingern an der
Unterlippe zu spielen und betrachtete ihn dabei ungeniert. Als
sie sich auf dem Barhocker neben ihn setzte, wusste Raha dass er
gewonnen hatte.
»Wer zum Teufel
sind sie«, fragte sie neugierig.
»Mein Name ist
Raha.«
»Einfach nur Raha
und kein Nachname?«, forschte sie nach und er nickte.
»Okay, wenn sie es
so wollen. Ich heiße Rachel und es freut mich sehr sie
kennenzulernen.«
Raha reichte ihr
wortlos das Glas und sah ihr tief in die Augen.
»Ich wünsche dir
eine schöne Zukunft, bezaubernde Rachel«, hauchte er mit
heiserer Stimme und sie sah ihn bei diesen Worten verzückt an.
»Warst du schon
immer so sarkastisch und bösartig?«
Rachel
registrierte, dass er sie jetzt duzte und ging kommentarlos auf
seinen lockeren Ton ein.
»Keine Ahnung. Ich
habe eine jüngere Schwester… die wurde ihr ganzes Leben lang von
meinen Eltern verhätschelt und umsorgt und trotzdem hat sie
jetzt einen Knall, weil sie ein bestimmtes Ereignis nicht
verkraften kann. Ich dagegen bin durch unzählige Hände von
schrecklichen Kindermädchen gewandert und habe mich dadurch
quasi selber erzogen. Also ja, ich denke dass ich schon immer so
war.«
»Eifersüchtig auf
die Schwester?«, hakte Raha nach.
Rachel stutzte
kurz und schüttelte nachdenklich den Kopf.
»Nein«, erwiderte
sie wage, »nur abgehärtet.«
Raha legte die
Hand unter ihr Kinn und zwang sie so, ihn anzusehen.
»Meine liebliche
Rachel, das ist schon wieder eine Lüge. Das gefällt mir. Ich
freue mich sehr dich kennenzulernen.«
Verblüfft sah sie
ihn an und spürte zeitgleich seine animalische Ausstrahlung, die
sie irgendwie anzog. Die Nacht versprach doch noch nett zu
werden. Rachel sah hoch und betrachtete den Mann interessiert.
Er hatte ein hartes, herrisches und wie aus Stein gemeißeltes
Profil. Ein Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen, eine leicht
gebogene Nase und sehr schmale Lippen, die er oft zynisch nach
unten verzog. Das gefiel ihr, denn zynisch war sie auch. Darin
kannte sie sich aus.
Seine dunkle,
rostrote Haarfarbe war für einen Mann sehr ungewöhnlich. Doch
noch ungewöhnlicher war die Schattierung seiner Augen. Sie
hatten dieselbe Farbe wie ihr Achat-Anhänger, den sie immer an
ihrer goldenen Kette um den Hals trug. Ein dunkles lilarot, mit
einem kalten Schimmer in der Iris. Diese Schattierung hatte sie
noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen.
Rachels Blick
umfasste seine Statue. Er schien ziemlich groß und mit einem
imposanten Oberkörper gesegnet zu sein. Alles an ihn strahlte
eine ungebändigte und lauernde Aggressivität aus, die ihr in den
ersten Minuten Angst gemacht hatte. Nun aber war sie immer mehr
von ihm fasziniert, denn er schien ihr tatsächlich sehr ähnlich
zu sein.
Unvermittelt bekam
sie eine Gänsehaut und rieb sich frösteln ihre Arme. Da es
draußen warm war, hatte sie nur ein leichtes rotes Top mit einem
schwarzen Rock angezogen.
Vorhin am Tisch,
als sie sich mit dem Idioten Dean unterhalten hatte, war ihr
sogar zu warm gewesen. Aber hier am Tresen wehte ihr ein
beständiger kalter Lufthauch entgegen und der schien die
Temperatur merklich zu senken. Raha konnte sich nur mit Mühe ein
teuflisches Lachen verkneifen, ihre Gedanken waren so leicht zu
lesen. Sie war wie ein offenes Buch, gespickt mit dunklen
Fantasien.
Es freute ihm,
dass Rachel seine dunkle, animalisch wilde Seite entdeckt hatte
und scheinbar auch noch anziehend fand. Sie schien schlauer zu
sein, als er vermutet hatte und sie würden großartig zusammen
passen. Bedächtig glitt Raha von seinem Hocker und zog seine
Jacke aus. Sein Blick bohrte sich dabei in ihre Augen und dann
legte er die Jacke um ihre Schultern.
Als sie den Stoff
auf ihrer nackten Haut spürte, verstärkte sich ihre Gänsehaut
und ein plötzlicher Kälteschauer durchrann ihren Körper. Wie
konnte das sein ? dachte Rachel. Er hatte das Sakko doch
die ganze Zeit
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