Tränen des Mondes
Sklaven für diese Typen.«
Doch als sie durch die Bäume schlichen, stieß Yoshi, der die Nachhut bildete, einen leisen Ruf aus. Rasch drehten sich die anderen um und bemerkten einen Malaien, den sie schon bei der Missionsstation gesehen hatten und der Yoshi jetzt am Ärmel zog.
Der Mann sprudelte seine Bitte hervor: »Bitte mir helfen weg von hier. Ich will zurück zu Frau und Kinder. Sie mich hierher bringen und ich nicht kann fliehen.«
Ahmed stellte rasche Fragen und der Mann berichtete, er hätte auf einem der holländischen Schiffe angeheuert, sei aber mit anderen Kupangern und Aborigines gegen ihren Willen hierher verschleppt worden und dürfe die Insel nicht verlassen. Dann erzählte er noch, der holländische Priester sei eigentlich ein Schiffskapitän, der diesen Stützpunkt für Wilderer errichtet hatte. Es war bekannt, daß viele der malaiischen Inseln als Piratenbasis für Waffenschmuggel, Menschenhandel und Beutezüge der Wilderer dienten.
Tyndall und Ahmed berieten sich kurz und einigten sich, den Mann mitzunehmen. Doch die Zeit drängte, und sie eilten zu ihrer Bucht zurück, die inzwischen im Dunkeln lag.
Als sie den Strand erreichten, wartete schon ein Empfangskomitee auf sie. Als Tyndall erkannte, wer die kleine Gruppe anführte, stieß er einen Wutschrei aus: Es war Karl Gunther.
Tyndall stürzte sich auf den vierschrötigen, mit mächtigen Muskeln bepackten Mann, der sich vor Überraschung nicht wehrte, und würgte ihn. Die Umstehenden packten die beiden Männer und rissen sie auseinander. Beide Gruppen, die nun Messer und Pistolen gezogen hatten, hielten ihre Anführer im Zaum.
»Wo ist sie?« brüllte Tyndall. »Was hast du mit ihr gemacht?«
Gunther war so benommen, daß Tyndalls Frage gar nicht zu ihm durchdrang.
»Wie habt ihr uns hier gefunden? Wer hat euch gesteckt, daß wir hier sind?«
»Niemand! Das ist ein glücklicher Zufall, Gunther! Also raus mit der Sprache: Wo ist Niah?«
Langsam dämmerte dem grobschlächtigen Deutschen mit dem Adlergesicht, was Tyndall von ihm wollte. »Die gibt's nicht mehr. Ich hab nichts gemacht. Sie ist von meinem Schiff gesprungen. Kaputt. Die Haie haben sie erwischt.«
Tyndall sackte in sich zusammen, er mußte annehmen, daß Gunther die Wahrheit sagte. »Und warum ist sie wohl über Bord gesprungen? Um deinen dreckigen Klauen zu entkommen!« Seine Wut entbrannte aufs neue, er wollte sich noch einmal auf Gunther werfen, doch Yoshi und Ahmed hielten ihn auf beiden Seiten zurück. Ahmed hatte mit einer Hand Tyndalls Arm gepackt, in der anderen schwang er seinen
kris
.
Gunther trat einen Schritt vor. »Ihr kommt von hier nicht weg. Wir werden jetzt Anders einen kleinen Besuch abstatten.«
»Du hast wohl den Verstand verloren, Gunther. Egal, was ihr mit uns anstellt, unsere Mannschaft segelt schnurstracks zurück und meldet alles den Behörden. Lieber läßt du uns freiwillig gehen.«
»Warum sollte ich …« Bevor Gunther den Satz vollenden konnte, krachte ein Schuß, der den Sand neben seinen Füßen aufspritzen ließ, so daß er einen Satz nach hinten machte. Dann fielen rasch hintereinander zwei weitere Schüsse, zwischen den beiden Männern stoben richtige Sandwolken auf. Gunther und seine drei Leute drehten sich um und flüchteten ins Unterholz, den Malaien zerrten sie mit.
Taki und Olivia kamen zwischen den Bäumen hervor und rannten über den Sand. Olivia hielt die Pistole.
»John, bist du verletzt?« rief sie mit panischer Stimme.
Sie fielen sich in die Arme. »Nein, mir ist nichts passiert, aber einen Moment lang sah es ziemlich schwarz aus für uns. Herrgottnochmal, du hättest uns erschießen können!« rief er.
»Ich hab tief gezielt«, wiegelte sie grinsend ab. »Und jetzt sag schön danke.«
Tyndall lachte, zog sie fest an sich und führte alle zu den Dinghis zurück.
»Wieso bist du überhaupt ans Ufer gekommen, und auch noch mit einer Pistole bewaffnet?« fragte er, als sie zu den Schiffen zurückruderten.
»Du warst so lange weg, es wurde schon dunkel, und dann hatte ich eben so eine Eingebung.« Sie zuckte mit den Achseln. »Was ich mir genau dachte, kann ich dir auch nicht sagen. Jedenfalls hatten wir kaum die Bäume erreicht, als Gunther mit seiner Bande auftauchte, also haben wir uns versteckt und euch beobachtet.«
Sie schafften es, gerade noch in der letzten Brise des nachlassenden Winds aufs offene Meer hinauszusegeln, wo sie in Sicherheit waren. In der Ferne sahen sie brennende Fackeln am Strand und hörten
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