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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Wasser kippte.
     
    Im
Shaw House
standen nach der Nachricht von Hamishs Tod alle unter Schock. Gilbert saß neben Olivia, die sämtliche Beruhigungsmittel ablehnte und redete und redete. Er hatte keine Antwort auf ihre qualvollen Fragen, wie Gott nur so grausam sein konnte. Was hatte sie getan, um eine solche Strafe zu verdienen? Wie würde sie weiterleben können?
    Gilbert nahm ihre Hand. »Du mußt und du wirst es auch. Hamish war so stolz auf das, was du hier leistest. Du hilfst anderen, hast du nicht gesagt, das wären seine letzten Worte an dich gewesen? Daß du dich gut um die Mädchen kümmern sollst?«
    Olivia nickte, preßte aber leise die Frage hervor: »Und wer kümmert sich um mich?«
    »Ich, meine Liebe. Wir alle. Aber du mußt auch mithelfen. Wir haben Krieg, es gibt so viel Leid. Du hast einen grausamen Schlag erlitten. Wie du damit umgehst, wird darüber entscheiden, welche Richtung dein Leben weiter nehmen wird.«
    »Mir ist egal, was weiter passiert.«
    »Olivia … das stimmt doch gar nicht. Hör mir mal zu. Gerade ist eine junge Frau angekommen. Sie ist schwanger, und ihr Mann oder Geliebter, Genaues weiß ich nicht, doch offensichtlich hat sie ihn angebetet, ist im Krieg gefallen. Hilf ihr. Wenn du das tust, wirst du dir selbst helfen, glaub mir.«
    »O Gilbert, wie könnte ich ihr helfen? Am liebsten würde ich ihr sagen, sie solle ihr Baby nicht bekommen. Die Freude wiegt den Schmerz nicht auf, den du leidest, wenn du dein Kind eines Tages verlierst.«
    Olivia brach in seinen Armen zusammen und schluchzte. Gilbert hielt sie ganz fest und murmelte tröstende Worte.
     
    Als Tyndall von Hamishs Tod erfuhr, gab er die Nachricht leise an Ahmed weiter, dann an Yoshi und Taki, die es allen Männern erzählten, die den temperamentvollen Jungen gekannt hatten. Tyndall brach beim Gedanken an Olivia das Herz, am liebsten wäre er sofort zu ihr geeilt, um sie zu trösten, doch er wußte, daß dort nicht sein Platz war. Er machte sich daran, einen Brief an Olivia zu schreiben. Mühsam rang er um Worte, die sie aufrichten könnten, nachdem sie wieder einen so schweren Verlust erlitten hatte, an dessen Grausamkeit sie verzweifeln mußte.
    Meine liebste Olivia,
    ich habe ihn auch geliebt. Nach dem Verlust meiner Maya und Deines Conrads ist Hamish wie ein Sohn für mich geworden. Ich stelle mir gern vor, daß seine Liebe zur See auf unsere glücklichen Tage in Broome zurückging. Wie sehr wünschte ich, ich könnte den Schmerz, den Du jetzt leiden mußt, lindern, nein, auf mich nehmen! Ein so vielversprechender junger Mensch! Es wird Gott nicht leichtfallen, diesen Verlust zu rechtfertigen. Aber so viele hervorragende junge Männer sind in diesen schrecklichen Wirren gefallen. Sei stolz auf ihn, er hat seine Pflicht nicht gescheut, und hab Vertrauen, daß all das einen tieferen Sinn hat. Es schmerzt mich, daß ich kein größerer Trost für Dich sein kann. Doch ich bin bei Dir, denke an Dich und erinnere mich an so glückliche Zeiten … richte Dich an ihnen auf Olivia.
    Du weißt, daß ich sofort komme, wenn Du mich brauchst.
    Für immer Dein
    Tyndall
    Olivia hatte den Brief hastig gelesen und stopfte ihn in ihre Rocktasche. Mehrmals an diesem Tag zog sie ihn wieder heraus und las ihn aufs neue. Die Leidenschaft und die tiefe Anteilnahme, die aus Tyndalls Brief sprachen, berührten sie tief im Innersten. Ihr wurde bewußt, daß auch andere Hamish geliebt hatten, daß er auch im Leben anderer etwas bedeutet hatte. Erinnerungen kamen auf … wie er als Junge auf Ahmeds Schultern ritt, wie er Yoshis Kupferhelm anprobierte, wie er mit Tyndall am Ruder stand. Diese gemeinsamen Erinnerungen an Hamish würden ihn nicht nur in ihrem Herzen lebendig erhalten. Dieser Gedanke war sehr tröstlich für sie.
    Gilberts verständnisvolle Geduld und seine weisen Ratschläge drangen durch den Schleier der Trauer, der Olivia umhüllte. Sie nahm sich zusammen, um ihren Schmerz zu verbergen und sich wieder ihrer Arbeit zuzuwenden, in der Hoffnung, es würde sie von ihrem Leid ablenken, wenn sie sich dem Leben stellte und anderen half. Sie bat Gilbert, alle Mitarbeiter aufzufordern, sie sollten ihr gegenüber ja kein Mitgefühl oder gar Mitleid zeigen. So kehrte sie zu ihren Pflichten zurück und betrachtete gefaßt jede Minute des Tages als Hürde, die sie zu nehmen hätte.
    Das Personal hielt sich an Gilberts Bitte und vermied jede Anspielung auf den Tod von Olivias Sohn. Wie Gilbert allen in Erinnerung rief, herrschte

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