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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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mit Maya gesprochen hatten, die ihnen versicherte, Georgie fehle nichts Schlimmes, bestand Tyndall auf der gemeinsamen Unternehmung.
    »Die ganzen Vorbereitungen! Und du hast dich so darauf gefreut, Olivia. Wir haben doch auch ein Ziel im Auge. Wenn wir die richtige Stelle finden, könnten wir überlegen, ob wir nicht Land pachten sollten.«
    Sie willigte nur widerstrebend ein, weil sie sich vor dem Zusammensein mit Tyndall fürchtete und seit ihrer Ankunft in Broome unter der Verwirrung ihrer Gefühle litt.
    Doch als sie die Bucht einmal hinter sich gelassen hatten und auf dem Schoner
Mist
, der die havarierte
Shamrock
ersetzt hatte, die Küste hinaufsegelten, fielen alle Bedenken von ihr ab. Es war ein überwältigendes Gefühl für sie, wieder auf See zu sein. Ihr war, als würde sie all ihren Sorgen entgleiten.
    »Wo ist deine Segelkluft?« fragte Tyndall mit einem verschmitzten Lächeln.
    »Die habe ich schon vor Jahren über Bord geworfen«, lachte sie. »Hast du an meiner Kleidung vielleicht etwas auszusetzen?« Sie deutete auf ihren neuen Baumwollrock in modisch kurzer Länge, das lange, weite Oberteil mit Matrosenkragen und die Turnschuhe. Unter dem Hut kam ein langer Zopf hervor, der auf eine Schulter herabfiel. Tyndall fand, daß sie noch genauso jung aussah wie damals, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte.
    »Na ja, das kann man wohl durchgehen lassen«, meinte er betont lässig.
     
    Zwei Tage später stießen sie auf einen Meeresarm, der sich zu einer kleinen Bucht mit tiefem Wasser, felsigen Ufern und einem flachen, mit Buschwerk bewachsenen Stück Land hin erweiterte, auf dem sich gut ein Stützpunkt für die Arbeit errichten ließe.
    Tyndall und Olivia ruderten in der Bucht herum, wanderten durch den Busch und entdeckten einen kleinen Bach, der sich die Hügel hinabschlängelte.
    »Sehr abgelegen, sehr geschützt. Könnte eine Schmugglerbucht sein«, meinte Olivia.
    »Wenn wir hier eine Versuchsfarm für die Perlenzucht einrichten, würde wahrscheinlich niemand etwas davon mitbekommen«, sagte Tyndall. »Es wäre einen Versuch sicher wert. Unsere Goldlippenmuscheln sind viel größer als die japanischen Akoya-Perlmuscheln. Außerdem sind unsere Gewässer wärmer, und wenn es uns gelingt, unseren Muscheln Kerne einzupflanzen, schätze ich mal, daß unsere Perlen dann schneller wachsen und auch größer und dicker würden«, erklärte Tyndall voller Überschwang.
    »Und das sind dann trotzdem echte Perlen?«
    »Natürlich. Wir überlisten die Muschel, für uns eine Perle zu produzieren. Sie will dabei einfach einen störenden Gegenstand loswerden, genau wie im offenen Meer.«
    »Das klingt ja, als wäre es ein Kinderspiel.«
    »Ich weiß, daß es so einfach nicht ist. Mikimoto und andere bemühen sich seit Jahren, trotzdem gelingt die Zucht immer noch nicht hundertprozentig. Womit ich nicht etwa sagen will, daß wir es lieber bleibenlassen sollten.« Er grinste sie an, und sie schüttelte den Kopf, amüsiert über seine jungenhafte Begeisterung.
    Die Sonne brannte heiß, die Bucht sah einladend aus. Vom Heck des Schoners waren schon mehrere Männer ins klare, warme Wasser gesprungen.
    »Möchtest du schwimmen gehen?« fragte Tyndall.
    »Was wird die Besatzung denken? Aber ich habe meinen Badeanzug dabei.« Olivia schwenkte ihren Beutel.
    »Du denkst aber auch an alles. Ich besitze keins von diesen neumodischen Dingern.«
    Olivia verschwand zwischen den Sträuchern, um sich umzuziehen, und Tyndall entkleidete sich bis auf die Unterwäsche und hechtete ins Wasser.
    Sie bespritzten sich mit Wasser und versuchten, bis zum Grund hinabzutauchen, doch Olivia war keine besonders gute Schwimmerin. Dann paddelten sie an der Wasseroberfläche, ließen sich treiben und unterhielten sich darüber, ob sie versuchen sollten, in Japan jemanden zu finden, der Erfahrung mit der Perlenzucht besäße und für sie arbeiten würde.
    »Diese Art zu arbeiten gefällt mir«, kicherte Tyndall. »Ich glaube mich zu erinnern, daß wir so was früher ziemlich oft gemacht haben. Aber ohne Badeanzug.«
    »Heute ist alles anders«, sagte Olivia. Ihre Begeisterung war verflogen.
    »Wirklich? Ist das so?«
    Sie schwieg einen Moment, dann sagte sie leise, ohne ihn anzusehen: »Bitte, John … laß das.«
    »Was soll ich lassen? Soll ich nicht aussprechen, was wir beide genau wissen?«
    »Das ist nicht fair. Nicht hier, bitte … hör auf.«
    »Weil du hier nicht vor mir davonlaufen kannst. Olivia, hier ist niemand als du und ich.

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