Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
Essen. Viele Freunde.«
    »Ich soll dich herzlich von Mem grüßen. Wir heiraten in ein paar Wochen. Willst du am großen Tag dabeisein? Komm mit uns, wir bringen dich dann wieder zurück.«
    Alf fuhr sich durch seine schütter werdenden, aber immer noch glänzenden schwarzen Haare. »Na, ich weiß nicht. Aber ich freue mich sehr. Minnie wäre sicher sofort dabei.«
    »Sie wird im Geiste dabeisein, daran haben wir keinen Zweifel.« Tyndall nahm den alten Mann am Arm. »Jetzt würde ich gern den Bruder sehen, damit er uns von Niah erzählt. Dein junger Freund hat gesagt, du hättest das Grab gefunden?«
    »Ja.« Alf deutete auf Mayas Anhänger. »Hab das da erkannt. Das Muster. Ist dasselbe. Ich erinnere mich, Niah hatte denselben Anhänger wie Maya. Steht alles in Buch von Bruder.«
    Sie folgten Alf zur weißgetünchten Kirche. »Ist es noch derselbe Bruder, der damals schon hier war?« fragte Maya. »Ich erinnere mich an einen Bruder mit einem kahlen Kopf. Ich hatte vorher noch nie einen Mann ohne Haare gesehen.«
    »Nein. Ist in anderes Land zurückgegangen. Spanien, glaub ich. Jetzt neuer Bruder. Netter Mann.«
    Bruder Jean erschien, gefolgt von einer Gruppe von Kindern, und stellte sich vor. Er führte sie in einen langen Raum, wo Reihen einfacher Holztische und Bänke standen. Eine junge Aborigine brachte Tee und lächelte sie alle schüchtern an, betrachtete jedoch Maya mit besonderem Interesse.
    Bruder Jean entfernte sich einen Moment und kehrte mit einem dunkelbraunen Tagebuch zurück, das er bei dem Eintrag aufschlug, der kurz von der Ankunft der verwundeten jungen Frau berichtete, von Bruder Fredericks Versuchen, sie gesundzupflegen, von der großen Faszination, die das Innere der Kirche mit ihren Muscheln auf die Kranke ausübte, und von ihrem traurigen Ende. Bruder Frederick glaubte, die Frau hieße ›Neea‹. Da er über ihre Identität und ihre Herkunft nichts wußte, gipste er den Anhänger, den sie trug, in den Grabstein ein. Bruder Jean reichte seinen Besuchern das Tagebuch. »Gleich nach dem Tee führe ich Sie und Ihre Tochter zum Grab.«
     
    Bruder Jean ließ sie bei dem schlichten Stein auf Niahs Ruhestätte allein. Tyndall stand da, starrte auf die eingelassene Muschel mit dem eingeritzten Muster und dachte daran, daß dieser Anhänger ein Teil von Niah gewesen war. Maya stand neben ihm, hielt mit einer Hand die seine umfaßt und preßte die andere auf ihren eigenen Anhänger über ihrem Herzen. Wogen der Trauer, der Freude, der Erleichterung und ein Gefühl der Kraft durchströmten sie, sie spürte ganz deutlich, daß sie an ihrem Ziel angekommen war. Alle Gefühle, die sie so viele Jahre lang unter Verschluß gehalten hatte, brachen hervor, sie fiel schluchzend auf die Knie, schlang ihre Arme um den Grabstein und drückte ihre Stirn auf die kalte, rauhe Fläche.
    Tyndall kauerte sich neben ihr nieder und schloß sie in seine Arme. »Maya«, flüsterte er im Bemühen, sie zu trösten.
    »Es ist alles gut, Vater, wirklich.« Sie hob ihr tränennasses Gesicht zu ihm auf und lächelte ihn an. »Ich bin so erleichtert, daß ich sie gefunden habe. Daß ich weiß … so viel von ihr kommt jetzt zurück. Ich kann ihre Stimme hören, ihren Gesang, ich erinnere mich an ihr Lachen und daran, wie sie mich auf dem Arm gehalten hat …«
    Wieder weinte sie, und auch Tyndall kamen vor Trauer und Freude die Tränen. »Laß diese Erinnerungen frei strömen, mein Liebstes, hör Niahs Stimme zu. Dann wirst du sie nie mehr verlieren.«
     
    Als sie nach Broome zurückkehrten, fiel Maya Olivia um den Hals. »Ich fühle mich wieder als ganzer Mensch. Ich weiß, wer ich bin. Alle Lücken in meiner Geschichte haben sich geschlossen, ich kann sie nun an Georgie weitergeben. Endlich sind wir eine Familie. Ich hoffe, daß uns auch Hamish zusehen kann.«
    Olivia strich ihr über die Haare. »Ich spüre, daß er bei uns ist. Ich weiß, daß seine Seele hierher zurückgekehrt ist. Hier seid ihr beide euch als kleine Kinder zum ersten Mal begegnet. Gott, das Schicksal, unsere Lebensreise – hinter alldem steht ein Plan, das spüre ich.«
     
    Als Olivia am Morgen ihrer Hochzeit die Augen aufschlug, fiel ihr Blick als erstes auf Tyndall. Sie faltete die Hände und flüsterte: »Herr, ich danke dir für diesen Tag und für das Leben, das wir miteinander teilen werden. Bitte gib, daß nach allem, was geschehen ist, nun für mich die Zeit der Freude anbricht. Ich verspreche, meinen Mann inniglich zu lieben und immer für

Weitere Kostenlose Bücher