Tränen des Mondes
ihn dazusein.«
Rosminah brachte eine Tasse Tee herein und klappte die Fensterläden auf. »Schauen Sie, Mem, Sonne. Wird ein herrlicher Tag.«
Maya gesellte sich bald zu Olivia und setzte sich neben sie aufs Bett. »Heute beginnt dein neues Leben.«
»Neu? Vielleicht …«, sinnierte Olivia. »Es kommt mir so unausweichlich vor. John war hartnäckig davon überzeugt, daß man nur einmal im Leben der großen Liebe begegnet. Conrad und Gilbert waren mir sehr nahe, aber die große Leidenschaft, die große, überwältigende Liebe … das ist selten.«
»Ich weiß«, erwiderte Maya leise. »Ich werde nie einen zweiten Hamish finden. Und weißt du was, Olivia, ich möchte an einen anderen nicht einmal denken.«
»Liebste Maya, du bist eine junge Frau … vielleicht wird es nie genauso sein, aber du solltest dich nicht mit einem Leben ohne Gefährten abfinden …«
Maya nahm Olivias Hand. »Manches weiß man einfach. Und ich weiß, daß es für mich niemanden gibt außer Hamish. Du brauchst mich deshalb nicht zu bedauern. Ich habe solches Glück gehabt, daß ich ihn lieben durfte, daß ich Georgie bekommen habe und dich.«
Olivia verfolgte das Thema nicht weiter. Sie war so erfüllt von ihrer eigenen Liebe zu Tyndall, daß sie sich wünschte, jede Frau könnte dieses überwältigende, mächtige Gefühl des Liebens und Geliebtwerdens erleben. »Das war alles Warten wert«, sagte sie, und Maya, die Olivia dies sehr gut nachfühlen konnte, nickte lächelnd.
Die Hochzeit fand bei Sonnenuntergang in der weißen Wellblechkirche der Church of England statt, unweit der Dünen der Roebuck Bay.
Der Bräutigam und seine Begleiter bahnten sich einen Weg durch die riesige Menge von Freunden und Schaulustigen, die sich auf dem kümmerlichen Rasen drängten. Japaner, Chinesen, Malaien, Kupanger, Aborigines in allen Schattierungen und Mischungen brachen in Hochrufe aus und riefen Tyndall derb-herzliche Bemerkungen zu, als er in seiner prächtigen weißen Uniform zur Kirche schritt, im Sprung die drei Holzstufen vor dem Portikus nahm, sich umdrehte, salutierend die Kapitänsmütze hob und sich verbeugte.
In der Kirche zügelte er seinen Übermut, er setzte sich neben Ahmed in die vorderste Bank und fingerte nervös an seinem hohen, zugeknöpften Kragen herum. Als er Mollie und Stan mit ihrer kleinen Tochter erblickte, zwinkerte er ihnen fröhlich zu. Mabel und Maya hatten das schlichte Innere der Kirche mit Kerzen, einer Unmenge von Blumen und blühenden Zweigen geschmückt. Die Seitenfenster, die vom Boden bis zur Decke reichten und deren Fensterläden normalerweise geschlossen waren, standen weit offen und ließen das goldene Licht und die tanzenden Schatten, die die nahen Palmen warfen, herein. Über das leise Murmeln der Hochzeitsgäste lagerte sich das Quaken von Fröschen und der Ruf eines Brachvogels.
Olivia kam in Tobys funkelnagelneuem Ford, mit dem Toby schwungvoll vor der Kirche vorfuhr, er öffnete den Verschlag und half Olivia aus dem Wagen.
Maya tanzte aufgeregt um Olivia herum. »Olivia, du siehst einfach traumhaft aus!«
Olivia trug knöchellange elfenbeinfarbene Spitze über einem perlmuttfarbenen Seidenkleid. Farblich abgestimmte Seidenrosen waren seitlich in ihr Haar gesteckt, im Arm hielt sie ein Bouquet einheimischer Orchideen. Doch was der Menge am meisten ins Auge stach, war die auf dem Spitzengewand schimmernde Perlenkette. Das war Tyndalls ›Sammlung‹, die Toby zu einer Kette aufgereiht hatte. Toby konnte nur staunen, daß es Tyndall gelungen war, diese Perlen so viele Jahre lang zur Seite zu legen.
»Ich habe die Sammlung für Niah begonnen und dann für Olivia fortgesetzt, weil ich immer hoffte, ich könnte ihr die Perlen eines Tages zur Hochzeit schenken«, erzählte er Toby.
In ihrem türkisfarbenen Kleid, das zum leuchtend klaren Wasser der Bucht paßte, folgte Maya der Braut, als sie die letzten Schritte nahm, die sie noch von dem Mann trennten, den sie immer geliebt hatte.
Die romantische Atmosphäre in der Kirche schlug im Hotel Continental schnell in überschäumende Hochstimmung um. Im Garten fand ein Champagnerempfang statt, zu dem, wie es aussah, ganz Broome erschienen war. Dann wurden die Gäste zum offiziellen Hochzeitsmahl in den Speisesaal gebeten. Toby, der einen feinen dunklen Anzug trug, brachte die Trinksprüche aus, seine dunkle Haut glänzte in der Hitze, sein breites Lächeln wollte sein Gesicht nicht mehr verlassen. Mabel, die in einem rot-goldenen Sari erstrahlte,
Weitere Kostenlose Bücher