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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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zuverlässig ist, Conrad. Und wir müssen wissen, wo wir den besten Perlenpolierer vor Ort finden, und welche Käufer am zahlungskräftigsten sind.«
    In Conrads Ohren hörte sich das alles fremd an. Aber er nickte und versicherte, er würde sein möglichstes tun. Er tat sich immer noch schwer mit der spielerischen und scheinbar unbekümmerten Art, die Tyndall in geschäftlichen wie persönlichen Belangen an den Tag legte.
    Eine steife Brise blähte die Segel, und der Logger preschte über das Wasser. Tyndall und Ahmed nickten sich zu. »Ich glaube, wir haben da ein recht ordentliches Boot, Conrad«, rief Tyndall. »Jetzt müssen wir noch einen guten Preis rausschlagen.«
    »Was ist denn mit dem Kerl, dem es gehört?« fragte Conrad. Er wollte wissen, aus welchem Grund der Mann aus dem Perlengeschäft ausgestiegen war.
    »Ein Hai hat ihm das Bein abgebissen. Jetzt bleibt er lieber an Land. Er hat für die
Bulan
keine Verwendung mehr. Darum machen wir ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann«, grinste Tyndall.
    »Was bedeuted der Name, Ahmed?« Conrad richtete die Frage an den stillen Malaien, der sich gerade an den Tauen zu schaffen machte. Tyndalls ›Schatten‹ machte Conrad nervös. Er hielt sich zwar meistens im Hintergrund, aber seinen dunklen, unergründlichen Augen entging nichts. Er schien jede Bewegung seines Herrn vorauszuahnen. Die meiste Zeit verständigten sich die beiden lediglich durch kleine Gesten und Blicke. Ahmeds Ergebenheit Tyndall gegenüber war nicht zu übersehen. Auch Tyndall machte kein Hehl aus seiner Bewunderung für die Geschicklichkeit und die Kenntnisse des Malaien. Sie waren ein hervorragendes Team. Trotzdem gelang es Conrad nicht, in dem kleinen braunen Mann etwas anderes als einen Diener oder Leibwächter zu sehen. Ein malaiischer Dolch, ein silberner
kris
, in reich verzierter Scheide am Hüftband seines Sarongs verstärkte diesen Eindruck noch.
    Der sieht wie ein Pirat aus, dachte Conrad. Dem sollte man lieber nicht in die Quere kommen.
    »
Bulan
bedeutet Mond, Tuan«, erklärte Ahmed. »Bringt Unglück, wenn man Bootsnamen ändert«, fügte er mit Nachdruck hinzu, falls Conrad einen solchen Gedanken hegen sollte.
    Diese Unterstellung ärgerte Conrad. Und wieder verspürte er dieses Unbehagen, wie jedesmal beim Kontakt mit Asiaten oder Aborigines. Conrad war sich seiner Rasse und seines höheren Standes bewußt. Trotzdem fühlte er sich irgendwie bedroht und verunsichert. Merkwürdig, dachte er, Olivia geht ganz entspannt mit den Farbigen um. Es wird mit ihrem Erlebnis bei der Geburt zu tun haben, sagte er sich.
    Tyndall verhandelte eine ganze Weile mit dem einbeinigen Besitzer des Loggers. Dann unterschrieb er gemeinsam mit Conrad den Kaufvertrag, und das Geld wechselte die Hände. Die beiden Männer ließen sich als neue Eigentümer registrieren. Auf der Straße schlug Tyndall seinem Partner auf die Schulter. »Wir haben sogar noch eine Zulage herausgeschlagen. Der Mann hat ein altes Büro unten am Hafen in Broome. Er meint, wir können es benutzen. Er geht sowieso nicht mehr hin. Der verbringt seine Zeit jetzt in Freudenhäusern und Kneipen.«
    Conrad eilte nach Hause, um Olivia die freudige Botschaft zu überbringen. »Wir haben ein Schnäppchen gemacht«, sprudelte es aus ihm hervor. »Mein Gott, dieser Tyndall ist vielleicht ein Kerl. Bevor er zur Sache kam und den Kaufpreis aushandelte, hat er fast eine ganze Flasche Whisky mit dem Kerl geleert. Die haben über alles mögliche geredet, von Perlen bis zum Papst.«
    Olivia lachte. »Ich glaube, du hast auch deinen Teil Whisky abbekommen oder? So, jetzt sind wir also im Perlengeschäft. Eigentlich kaum zu glauben, findest du nicht?«
    Conrad umarmte sie überschwenglich. »Doch, ich glaube es. Meine Güte, endlich fange ich an, mich ein bißchen mit diesem Land anzufreunden.«
     
    Nach ihrer Ankunft in Broome mieteten sich Olivia und Conrad einen Bungalow in der Walcott Street. Besitzer waren die Batemans, die eine kleine Hausvermietungsagentur betrieben. Gewöhnlich vermieteten sie das Haus an französische Perlenhändler, die jedes Jahr für drei Monate in die Stadt kamen. Tyndall richtete sich in einem kleinen Häuschen unten am Hafen ein. Es lag in der Hamersley Street und gehörte einem chinesischen Kaufmann.
    Tyndall verlor keine Zeit und machte seine Runde durch die Hotels, Spelunken und Absteigen, in denen man das Völkergemisch der Perlenfischer antreffen konnte. Da die Saison fast vorüber war und einige

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