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Traenenengel

Traenenengel

Titel: Traenenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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hinzu und handelte sich damit von seiner Frau einen gespielt entrüsteten Blick
     ein.
    »Auf jeden Fall ist es gut, dass Flora Andro hat. Gerade jetzt«, fand Frau Jerger.
    Trixi zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Ich kenne ihn kaum. Entweder Flora macht was mit ihm oder mit mir. Zusammen machen
     wir nie was. Und erzählen tut sie auch so gut wie kaum was.«
    »Mann, die sind Lebensabschnittssexualpartner«, meldete sich Lasse. »Du störst nur.«
    Trixi gab ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf.
    »Hat sie   ...« Trixis Vater legte seine Brotscheibe auf dem Teller ab und setzte erneut an. »Hat sie dir irgendetwas über das, was am
     See passiert ist, erzählt?«
    »Nicht mehr, als ich schon aus der Zeitung und vom Getratsche in der Schule wusste.« Trixi hielt einen Moment inne und starrte
     auf den Herd. »Sie sagt, sie kann sich an nichts erinnern.«
    »Niklas hat gesagt, jemand wollte sie mit einem Säbel ermurksen. So«, Lasse fuchtelte mit seinem Buttermesser herum.
    Herr Jerger packte mit einer schnellen Bewegung Lasses Hand und nahm ihm das Buttermesser weg.
    Lasse verzog das Gesicht zu einem Schmollen.
    Erst jetzt blinzelte Trixi und löste den starren Blick vom Herd. »Gibt es das, dass man sich auf einmal an gar nichts mehr
     erinnert? Dass man so etwas vergisst?« Sie sah ihre Mutter und ihren Vater Hilfe suchend an.
    Herr Jerger legte Lasses Buttermesser auf den Tisch. »Ich kann mir das ehrlich gesagt nicht vorstellen. Dass man kleine, unbedeutende
     Sachen vergisst, ja, das schon, aber so etwas   ... Allerdings bin ich kein Experte.«
    »Ich habe mal ein Buch gelesen. War eine wahre Geschichte«, begann Trixis Mutter langsam, als erinnerte sie sich während des
     Erzählens. »Ein Mann fielnach einem Überfall ins Koma und als er erwachte, wusste er nicht mehr, wer er war. Er erkannte seine Eltern nicht mehr, seine
     Verlobte, seine Kollegen, nichts. Seine ganze Vergangenheit war ausgelöscht. Er musste wieder bei null anfangen.«
    »Konnte er das Alphabet noch?«, fragte Lasse.
    »Ich glaube, auch das musste er erst wieder lernen«, erwiderte Frau Jerger.
    »Aber Flora kennt das Alphabet noch, sie kennt ihre Mutter noch, ihren Freund, sie weiß, wer sie ist. Nur, was in dieser einen
     bestimmten Nacht geschah, weiß sie nicht mehr. Das ist etwas vollkommen anderes«, meinte Trixi. »Es ist, als hätte sie diese
     eine Nacht aus ihrem Gedächtnis ausgeschnitten.«
    »Wenn es wirklich so wäre«, begann Trixis Mutter, »kannst du ihr vielleicht helfen, den Schnipsel wiederzufinden.«
    »Ich?«
    »Du bist ihre beste Freundin.« Frau Jerger musterte ihre Tochter. »Oder etwa nicht mehr?«
    »Natürlich bin ich das.« Trixi runzelte kurz die Stirn. »Aber seit der Sache am See ist Flora total verschlossen. Sie lässt
     mich nicht mehr reingucken, als   ... als hätte sie Angst, etwas preiszugeben.« Trixi schnaufte. »Fast so, als müsste sie sich nackt vor mir ausziehen und würde
     sich genieren.«
    »Wer macht sich nackig? Flora?« Lasse grinste Trixi erwartungsvoll an.
    Herr Jerger drückte Lasse sein Buttermesser wiederin die Hand und gab ihm eine Scheibe Brot. »Vielleicht sollte sie mal zu so einem Nervenklempner gehen.«
    »Im Moment will sie nichts von wegen Therapie wissen«, erwiderte Trixi. »Man kann sie ja kaum dazu zwingen, oder?«
    »Lass ihr Zeit«, sagte Frau Jerger zu ihrer Tochter. »Sei einfach für sie da. Ruf sie an, triff dich mit ihr, lad sie ein.
     Aber sei vorsichtig. Pass auf sie auf. Und auf dich auch. Immerhin haben sie den Täter noch nicht   ...«
    Ein schrilles Telefonklingeln fuhr Frau Jerger ins Wort.
    »Ich hasse dieses Klingeln. Genau wie in unserem Büro«, murmelte Herr Jerger.
    Trixi und Lasse waren gleichzeitig aufgesprungen.
    »Das ist für mich! Das ist für mich!«, rief Lasse, schlängelte sich auf Taillenhöhe um seine Schwester herum und schnappte
     sich den Hörer vom Fensterbrett. »Hallo, Lasse Jerger«, meldete er sich.
    Trixi stand neben ihm, die Hand nach dem Hörer ausgestreckt.
    »Hallo?« Lasse lauschte ein paar Sekunden. Dann schielte er zum Hörer an seinem Ohr. »Niklas, bist du das?«
    »Gib schon her!«, zischte Trixi.
    Lasse drückte sich den Hörer noch fester ans Ohr. »Hallooo? Niklas?« Er horchte. »Ey, Mann, verarschmich nicht!« Lasse sah nervös zu seiner Schwester.
    Trixi riss ihm kurz entschlossen den Hörer aus der Hand.
    »Brutale Blödsau!«, rief Lasse.
    Trixi presste sich den Hörer ans Ohr. »Hallo?« Sie

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