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Traenenengel

Traenenengel

Titel: Traenenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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halten. Und er würde das Ganze
     nur aus Profitgier betreiben.«
    »Einen Gnadenhof? Wie kann man damit Profit machen? Das sind doch meistens gemeinnützige Vereine.«
    »Felber verkauft viele der Tiere wieder. Er bekommt die Tiere ja einfach so, päppelt sie halbwegs wieder auf und macht dann
     beim Verkauf entsprechend Gewinn.«
    »Was ist daran verkehrt? Von irgendetwas muss der Mensch ja leben.«
    »Das Problem sind die Tiere, die Felber nicht mehr losbekommt. Die vegetieren dann auf dem Gnadenhof dahin. Denen gibt er
     keinen Krümel Futter zu viel.«
    »Das sagen die Gegner vom Hof, nehme ich an«, erwiderte Sälzer.
    Masaryk fuhr über eine kleine Kopfsteinpflasterbrücke.
    Die Steine glänzten noch vom letzten Regen. Sie sahen so alt aus, dass Sälzer sich fragte, ob schon Pferdekutschen über diese
     Brücke gefahren waren. Obwohl er nun schon seit einem Jahr in Telpen lebte, war er noch nie in Kraldorf gewesen. Bis jetzt
     hatte es dazu keinen Anlass gegeben. Er war kein Freund des Landlebens. Es war ihm zu viel Miteinander. Zu viel übereinander
     wissen. Er fühlte sich schon in einer Kleinstadt wie Telpen unwohl und beobachtet.
    Sie erreichten den Ortseingang von Kraldorf. Das einstmals gelbe Schild war am Rand von Moos bedeckt.
    »Es muss gleich hier links sein«, sagte Masaryk. »Der Gnadenhof liegt direkt am Feldweg, der zum See führt.« Er beugte sich
     leicht über das Lenkrad, sah angestrengt auf die Straße und bog nach ein paar Metern links von der Dorfstraße auf einen unbetonierten
     Weg.
    Masaryk fuhr mit der gleichen Geschwindigkeitwie auf der Landstraße, was zur Folge hatte, dass Sälzer hin und her geworfen wurde, als er für eine Sekunde den Haltegriff
     losließ, um sein Basecap, das verrutscht war, gerade zu rücken.
    »Das muss es sein.« Masaryk parkte den Wagen auf einem abgenutzten, grüngelben Rasenstück vor dem letzten Haus. Dort standen
     bereits ein alter, weißer Kleinlaster mit Rostflecken und einer Ladefläche voller Gerümpel sowie ein Opel Corsa, der bis zu
     den Fenstern von getrockneten Schlammspritzern überzogen und darunter vermutlich rot war.
    Das Haus wirkte klein und alt, aus den Vierzigern oder Fünfzigern. Der beigefarbene Putz bröckelte an mehreren Stellen; eine
     der Stufen, die zum Hauseingang führten, war abgesackt. Die Fenster waren klein, die Gardinen mehr grau als weiß.
    Masaryk suchte am Hauseingang nach einer Klingel. Nachdem er keine finden konnte, klopfte er mehrmals kräftig an die Tür.
     Im Haus blieb alles ruhig. Er drehte sich zu seinem Chef um und zuckte mit den Schultern.
    Sälzer stand mit den Händen in den Jackentaschen auf dem Rasenstück vor dem Haus. Er betrachtete in aller Ruhe das Haus und
     die Umgebung. »Versuchen wir es hier«, sagte er schließlich. Er gab seinem Praktikanten einen Wink mit dem Kopf.
    Parallel zum Feldweg schloss direkt an das Haus ein Grundstück an. Der Großteil war von einer hohen,dichten Hecke verborgen. An einer Stelle war die Hecke unterbrochen und ein Gittertor gab den Blick auf den Hof frei. Am Tor
     hing ein Holzbrett, auf dem in dicken, schwarzen Buchstaben »Gnadenhof« stand. Das Holzbrett war mit zwei Drähten am Tor angebracht
     und hing schief. Über einem Torpfosten lag ein alter, weißer Lappen, der mit bräunlich-gelben Flecken übersät war.
    Sälzer ging auf das Tor zu und rüttelte daran.
    Sofort fingen mehrere Hunde an zu bellen. Das Tor war verschlossen.
    Masaryk stellte sich neben Sälzer vor das Tor. »Hallo? Herr Felber? Patrick?«
    Auf dem Hof standen mehrere Käfige. Manche leer, manche mit Insassen. Sie standen kreuz und quer, sahen aus wie zufällig dahingewürfelt.
     Zwischen den Käfigen wuchsen Gemüse und Blumen, denen früher vermutlich einmal ein ganzes Beet zugedacht gewesen war.
    Die hintere Hofseite wurde von einem Holzschuppen begrenzt, der die gesamte Hofbreite einnahm. Er hatte mehrere Türen, aus
     denen Tiergeräusche kamen.
    In der linken Hofecke lag ein Gerümpelhaufen, groß wie ein Schiffscontainer. Sälzer erkannte eine alte Waschmaschine, ein
     Gartengitter, ein Ofenrohr und mehrere Lumpen, Plastiktüten und Farbeimer. Auf der anderen Seite, vor dem Seiteneingang des
     Hauses, standen ineinandergestapelte Eimer, Säckemit Tierfutter, eine Schaufel, eine Spitzhacke und mehrere Holzbretter, über denen eine Plane lag. Auf der Plane hatte sich
     ein kleiner See aus Regenwasser gebildet.
    Direkt an der Hauswand, im Schutz des Dachvorsprungs, stand ein Fahrrad. Es

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