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Traenenengel

Traenenengel

Titel: Traenenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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Autoseite stehen und sah über das Dach
     zu Sälzer und Hagen.
    »Ich muss dich bitten, mit mir zur Polizeiinspektion zu kommen«, sagte Sälzer. Hagen Gerlinger wirkte vollkommen anders als
     im Treppenhaus, wo ihn Sälzer zum ersten Mal gesehen hatte. Es konnte am Anzug liegen, den er heute trug, der ihn seriös und
     mindestens fünf Jahre älter aussehen ließ. Oder daran, dass Sälzer ihn damals noch nicht als möglichen Täter gesehen hatte.
    »Wieso?«, fragte Hagen. Die Augen hinter den Brillengläsern flackerten.
    »Gegen dich liegt eine Anzeige vor.«
    »Was?« Hagen Gerlinger stieß eine Mischung aus Lachen und Schnaufen aus. »Was denn für eine Anzeige?«
    »Gefährliche Körperverletzung.« Sälzer sah, wie Hagen Gerlingers Pupillen sich weiteten. Aufgescheucht, in Panik.
    Hagen steckte die Hände in die Taschen. SeinMund wurde schmal. »Das ist irgendwas von früher, eine von den alten Geschichten, richtig?«
    »Die Geschichte ist gerade mal ein paar Tage alt.« Sälzer sah kurz zu Trixi, die ihn durch den stärker werdenden Regen über
     das Autodach hinweg verstört ansah. »Lass uns das auf der Polizeiwache besprechen.« Er wollte nach Hagen Gerlingers Arm greifen,
     doch der entzog sich seinem Griff mit unerwarteter Schnelligkeit.
    »Ich komme schon mit. Aber ich will wissen warum«, sagte Hagen.
    Sälzer nickte langsam. »Flora Duve war eben bei uns auf der Polizeiwache. Sie hat Anzeige gegen dich erstattet.«
    Einen Moment lang war auf dem Parkplatz nichts als der Regen zu hören. Er fiel auf die Ahornblätter, tropfte aufs Autodach,
     lief über Trixis Wangen, perlte an Hagens Jackett ab, trommelte auf Sälzers Basecapschirm. Es zischte, als auf der nassen
     Bundesstraße ein Auto Richtung Pokritz vorbeifuhr.
    »Die spinnt doch!«, schoss es aus Hagen heraus. »Das denkt die sich doch alles nur aus. Ich habe nichts mit der Sache am See
     zu tun.« Hagen schlug mit der Faust auf das Autodach.
    Trixi wich auf der anderen Seite zurück. Sie sah Hagen mit einer Mischung aus Unglaube und Abscheu an.
    »Glaub den Scheiß bloß nicht«, sagte Hagen zu Trixi. »Wieso sollte ich Flora so etwas antun?«
    »Wieso sollte Flora sich so etwas ausdenken?«, rief Trixi. Ihre Unterlippe zitterte.
    »Ich weiß nicht.« Hagen zerrte an seiner Krawatte, versuchte, sie zu lockern. »Du musst mir einfach glauben. Bitte.«
    Trixi starrte Hagen an. Sälzer war sich nicht sicher, ob es nur noch Regentropfen waren, die über ihr Gesicht liefen. Langsam
     bewegte sie den Kopf, erst kaum merklich, dann immer mehr, bis es ein eindeutiges Schütteln war. »Tut mir leid«, sagte sie
     leise.
    »Hagen?« Sälzer streckte die Hand nach ihm aus. »Komm, gehen wir.«
    »FASSEN Sie mich nicht an! KEINER fasst mich an!«, rief er und stieß Sälzers Hand weg. In seinem linken Mundwinkel bildeten
     sich Bläschen. »Wissen Sie, was man früher mit Mädchen wie Flora gemacht hätte?«, sagte er und fixierte Sälzer mit stechenden
     Augen. »Man hätte sie als Hexe bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt.« Ohne sich umzudrehen stapfte er über
     den Kies auf Sälzers Dienstwagen zu.

18.   Kapitel
    Beschuldigtenvernehmung Hagen Gerlinger
     
    Zur Person
    Name: Gerlinger
    Vorname: Hagen
    Geb. Datum: 04.   06.   91
    Beruf: Auszubildender Einzelhandelskaufmann
    Wohnort: Pokritz
    Adresse: Martin-Agricola-Str. 45
     
    Vernommen im Fall der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil von Flora Duve. (Vernehmung durchgeführt von Polizeihauptmeister
     Sälzer)
     
    Zur Sache
    F: Wo warst du in der Nacht vom 2. auf den 3.   Juli zwischen 22 und3   Uhr?
    A: Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ich bin rumgefahren. Mit dem Auto.
    F: Wo bist du rumgefahren?
    A: Durch Pokritz.
    F: Du bist also am Mittwochabend gegen zehn losgefahren. Direkt nach Pokritz?
    A: Ja.
    F: Und dann bist du die ganze Zeit in der Stadt herumgefahren und erst gegen halb zwei zurück nach Telpen. Ohne irgendwo anzuhalten.
    A: Ja.
    F: Bist du dir sicher?
    A: Ja, verdammt.
    F: Du bist auf einer Videoaufzeichnung von einer Tankstelle zu sehen.
    A: Gut. Sehr gut. Habe ich jetzt ein Alibi?
    F: Es ist die Tankstelle schräg gegenüber vom Parkplatz zum Telpener Badesee. Laut Videoaufzeichnung hast du dort nachts kurz
     nach halb eins getankt, eine Cola und eine Packung Kaugummi gekauft. Du hast gesagt, du warst gegen halb zwei wieder zu Hause
     beziehungsweise in der Wohnung der Duves. Von der Tankstelle bis zum Komponistenviertel braucht man ungefähr zehn

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