Träum ich?: Roman (German Edition)
ebenfalls nur vor Schaden bewahren wollten. Sie wünschten sich lediglich, was sich Bernard jetzt für Rose wünscht. Glück.
»Heben wir also unsere Gläser und stoßen an: auf das Glück, die Liebe und eine neue Generation in unserer Familie.«
»Hört, hört!«, rufen die Gäste. »Auf Rose und Leo!«
»Auf Rose und Leo«, sage ich leise, mit Tränen in den Augen.
Später, im Taxi zur Penn Station, danke ich Rose und Leo, dass ich einen so schönen Abend mit ihnen teilen durfte.
»Weißt du was, Lily?«, erwidert Rose. »Du musst Gogo zurückgewinnen.«
»Aber wie soll ich das anstellen?«, frage ich. »Er ist doch verheiratet. Er weiß nicht mal, dass es mich gibt.«
»Ich habe heute Abend meinem Dad genau zugehört. Und er hatte absolut recht mit seinen Worten. Ein Teil tief in Gogos Innerem muss sich einfach an dich erinnern. Schließlich hast du gesagt, er sei nicht glücklich.«
»Ist er auch nicht«, sage ich. »Aber deshalb kann ich noch lange nicht hingehen und ihn für mich beanspruchen. Das hab ich zwar versucht, aber er hat einfach nicht zugehört. Ich kann ihn nicht noch mal belästigen«, fahre ich fort. »Ich hab ihm meine Telefonnummer gegeben und kann nur noch hoffen.«
»Vergiss nicht«, schaltet Leo sich ein, »er ist nicht glücklich mit seinem Leben. Er ist nicht glücklich mit seiner Frau.«
»Genau«, bekräftigt Rose.
Als wir die Penn Station erreichen, umarme ich sie und danke ihnen noch einmal. Sie haben mich angehört und waren unglaublich nett zu mir.
»Ich denke weiter darüber nach, wie man den Fluch umkehren kann«, flüstert Rose mir zu.
»Danke«, flüstere ich zurück und umarme sie noch einmal. »Vielen Dank.«
Auf dem Rückweg nach Philadelphia denke ich über Familien nach: über Roses Familie, meine Familie und darüber, wie viel sie im Grunde gemeinsam haben.
Familien schützen den, den sie lieben. Dolly und Selma wollten ihr ganzes Leben lang nur verhindern, dass mir wehgetan wird. Sie haben alles in ihrer Macht Stehende unternommen, damit mein Leben glücklicher sein würde. Sie versuchten, mich zu beschützen und mir so viel Liebe wie möglich zu schenken, damit ich nicht an dem Fluch zerbreche.
Weil Bernard und Annette Rose so viel Liebe geschenkt haben, wollte sie einer fremden Cousine helfen, die plötzlich vor ihrer Tür stand.
Das ist die Stärke einer Familie.
Ich wünschte, Gogo würde Rose kennenlernen. Ich lehne den Kopf ans Zugfenster und wünsche mir, die Burns-Familie und die Golden-Familie könnten eines Tages zusammen die Feiertage verbringen und unsere Kinder würden sich kennenlernen. Aber ich habe immer noch keine Idee, wie ich das zustande bringen soll.
Dann schlafe ich ein und träume, wir wären alle zusammen: Rose und Leo, Annette und Bernard, Dolly und Selma, Gogo und ich. Eine große, glückliche Familie, mit so vielen Gästen an der Thanksgiving-Tafel, dass das Zimmer fast aus den Nähten platzt.
Acht
B evor ich weitererzähle, möchte ich auf etwas wirklich Wichtiges hinweisen.
Gogo ist nicht immer perfekt.
Niemand ist immer perfekt. Normalerweise ist Gogo ein toller Mann, doch wie das in einer Beziehung eben so ist, geht er mir manchmal auf die Nerven. Sie sollen nicht denken, dass ich ein verklärtes Bild von Gogo zeichne. Er sieht gut aus und ist liebevoll und wunderbar, aber ehrlich gesagt kann er auch ziemlich nervtötend sein.
Zum Beispiel schmeißt Gogo nie etwas weg. Er ist schon fast ein Messie. Ständig heißt es: »Das könnte man vielleicht noch mal brauchen.« Obwohl wir schöne weiße Handtücher aus flauschigem Frottee haben, die so perfekt zu unserem Bad passen, dass ich bei Macy’s mit einer anderen Kundin darum gekämpft habe, weigert sich Gogo, seine eigenen Handtücher wegzuwerfen, die er schon seit grauer Vorzeit hat. »Die benutze ich als Schmutzlappen«, erklärt er mir. Doch wenn ich ihm sage, dann solle er die Handtücher wegwerfen, die er bereits als Schmutzlappen nimmt, meint er: »Aber die sind doch noch gut.« Also haben wir einen Wäscheschrank voller alter Handtücher und manchmal kriege ich das verdammte Ding kaum noch zu.
Aber die Handtücher sind noch nicht alles! Ich musste auch eigenhändig die Laken von seinem Kinderbett wegschmeißen. Wir haben nicht mal ein Bett in dieser Größe! Auf dem Speicher bewahrt Gogo Pullis und Hemden auf, die auch Bill Cosby in ganz alten Folgen seiner Show trägt.
Unsere Regale sind vollgestopft mit Büchern, in die er niemals wieder einen Blick werfen
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