Träum weiter, Liebling
tragen. Zufrieden darüber, das Richtige getan zu haben, schlief Cal wieder ein.
Eine Stunde später wurde er von der Türklingel und einem wütenden Pochen aus dem Schlaf gerissen. Jane fuhr neben ihm hoch. »Was ist denn das?«
»Du bleibst hier.« Cal war schon aus dem Bett und griff nach seinem Morgenmantel, in den er hineinschlüpfte, während er aus dem Zimmer eilte. Bei der Haustür angekommen, spähte er zunächst einmal durch das Türloch. Erleichterung durchfuhr ihn, als er Gabe erblickte.
Er riss die Tür auf. »Wo, zum Teufel, bist du gewesen?«
Gabe sah schrecklich aus, rotgeränderte Augen, stoppeliges Kinn und ein völlig erschöpftes Gesicht. »Ich kann Rachel nicht finden.«
Cal trat beiseite, um ihn einzulassen. »Du hast doch einen Schlüssel. Warum hast du nicht einfach aufgesperrt?«
»Hab ich vergessen. Und ich musste sowieso mit dir reden.« Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Hast du Rachel gesehen? Sie sollte eigentlich in Kristys Apartment sein, aber da war niemand. Dann bin ich zum Häuschen gefahren. Es ist leer. Himmel noch mal, Cal, ich kann sie nirgends finden. Ich hab Angst, dass sie abgefahren ist.«
»Cal, was ist los?«
Beide blickten auf und sahen Jane die Treppe herunterkommen. Sie hatte ihr rosa Nightshirt, auf dem ein Bild von Tinker Bell war, angezogen. Die Tatsache, dass eine der brillantesten Physikerinnen der Welt eine Schwäche für Schlafhemden mit Cartoon-Aufdrucken hatte, entlockte Cal gewöhnlich ein Lächeln, doch nicht heute. Aus dieser Sache hätte er sie gerne herausgehalten.
Cals Unbehagen wuchs noch, als er sah, wie Gabe zum Fuß der Treppe eilte. Sein Bruder war immer ein Mann gewesen, der sich langsam und gemächlich bewegte, der keine hektischen Handbewegungen machte. Doch nun wirkte er geradezu panisch. »Ich kann Rachel nicht finden. Wie ein Trottel bin ich einfach abgehauen und hab sie beim Autokino stehenlassen, und seitdem hab ich sie nicht mehr gesehen.«
Jane sah ihn verwirrt an. »Sie ist im Gefängnis.«
Gabe starrte sie fassungslos an. »Im Gefängnis?«
Jane berührte ihn am Arm. Ihr Gesicht war tief besorgt.
»Ich versteh nicht. Cal hat mir erzählt, dass Rachel alles verwüstet hat und dass du sie deswegen ins Gefängnis hast werfen lassen.«
Die Sekunden tickten vorüber und dann drehten sich Gabe und Jane gleichzeitig zu Cal herum. Es sah aus, als würden ihre Köpfe an ein und demselben Faden hängen.
Er trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Ich hab nicht gesagt, dass es Gabe war, Schatz. Du hast das bloß angenommen...«
Sie bekam diesen schlitzäugigen Blick, und er wandte sich rasch Gabe zu und versuchte mit möglichst ruhiger, tröstlicher Stimme auf ihn einzureden. »Rachel hat den ganzen Schaden angerichtet, Gabe. Es tut mir so leid. Wir haben das Geld aus der Registrierkasse zusammen mit ein paar anderen Sachen im Escort versteckt gefunden. Ich wusste, du würdest Anzeige erstatten wollen, also hab ich Odell an deiner Stelle gebeten, sie festzunehmen.«
Gabes Stimme klang, als hätte er Schmirgelpapier verschluckt. »Du hast Rachel ins Gefängnis werfen lassen?«
Cal wies ihn, so sanft er konnte, auf die Wahrheit hin. »Sie hat das Gesetz übertreten.«
Im nächsten Augenblick, er wusste nicht, wie ihm geschah, flog er quer durchs Foyer. Als er mit den Kniekehlen gegen den Las-Vegas-Brunnen stieß, verlor er das Gleichgewicht und fiel mit dem Hinterteil voran ins Wasser.
Gabe sah, wie der Brunnen überschwappte und das Foyer überschwemmte, doch er war zu sehr mit Luftholen beschäftigt, um reagieren zu können. Sobald er wieder genug Atem hatte, würde er seinen Bruder umbringen.
Cal versuchte, sich in eine sitzende Position zu rappeln, wobei sich sein Morgenmantel um ihn herum im Wasser blähte. »Sie hat dein Autokino zusammengehauen! Sie gehört ins Gefängnis!«
Gabe explodierte und sprang auf den Brunnen zu, doch bevor er ihn erreichen konnte, warf Jane sich dazwischen. »Hört auf! Das hilft Rachel auch nicht.«
»Helfen. Das wär ja noch schöner!« rief Cal und wischte sich das Wasser aus den Augen. »Gabe ist derjenige, der Hilfe braucht!«
Gabe wich Jane aus und packte seinen Buder am Kragen seines Morgenmantels. »Es ist mein Autokino, du Arschloch, nicht deines! Dazu hattest du kein Recht!« Er stieß ihn wieder ins Wasser zurück.
Herrgott... Ihm brach der Schweiß aus. Rachel saß im Gefängnis, und das mochte zwar Cals Schuld sein, aber seine war‘s auch, denn er war einfach
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