Träum weiter, Liebling
gesprüht hatte wie einer von diesen religiösen Fanatikern. Vielleicht kapierte sieendlich, dass sie hier unerwünscht war.
Er dachte, dass dem alten G. Dwayne gefallen hätte, was er gestern nacht getan hatte. Trotz seiner Rolex und den schicken Anzügen war Dwayne einer von ihnen gewesen. Er hatte nie jemandem Schaden zufügen wollen, und Russ wusste zufällig genau, dass er immer gebetet und Gott verehrt hatte, und so ein Zeug. Rachel war‘s, die ihn auf die falsche Bahn gebracht hatte. Dwayne wollte sie bei Laune halten, also griff er zu tief in die Geldtöpfe des Tempels, um ihr die Sachen zu kaufen, die sie haben wollte.
Rachels Gier war‘s, die den Tempel und Dwayne Snopes ruiniert hatte. Ihre Gier hatte auch ihn ruiniert, denn wenn sie nicht gewesen wäre, würde er noch immer beim Sicherheitsdienst sein, würde noch immer die Arbeit machen, bei der er sich zum ersten Mal wie ein Mann gefühlt hatte.
Und jetzt nistete sie sich einfach wieder in Salvation ein, als ob nichts geschehen wäre. Jetzt benutzte sie Gabe genauso wie G. Dwayne, aber der verrückte Hurensohn war zu dumm, um zu merken, was hier lief.
Russ hatte versucht, mit seiner Exfrau über Rachel zu reden und darüber, dass sie an allem schuld war, was mit ihm passiert war, aber sie verstand ihn nicht. Sie verstand nicht, dass Russ keine Schuld traf.
Er brauchte was zu trinken und machte sich auf den Weg zu Donny. Ein paar Biere würden ihn wieder beruhigen. Dann konnte er vergessen, dass er keinen Job hatte, dass ihn seine Frau rausgeschmissen hatte und dass er nicht richtig für sein Kind sorgen konnte.
»Is‘ er auch da?« erkundigte sich Edward am Samstag morgen, als Rachel ihren kostbaren Escort hinter dem Imbiss abstellte.
Unnötig, zu fragen, wer er war. »Mr. Bonner ist nicht so schlimm, wie wir dachten. Er hat mir einen Job gegeben und lässt uns in dem Häuschen wohnen. Außerdem hat er mir dieses Auto geliehen.«
»Pastor Ethan hat uns das Häuschen und das Auto gegeben.«
»Weil Mr. Bonner ihn darum gebeten hat.«
Aber Gabe blieb Edwards Feind, davon ließ er sich nicht abbringen. Auf der anderen Seite jedoch hatte er eine unbeugsame Loyalität Ethan gegenüber entwickelt, der ihn anscheinend regelmäßig in der Tagesstätte besuchte. Rachel dachte daran, ihm demnächst dafür zu danken.
Die Tagesstätte hatte sich als ein Segen für ihren Sohn erwiesen. Er hatte zwar noch immer keine engeren Freunde, aber er war jetzt wenigstens nicht mehr so schweigsam und in sich gekehrt, sogar ein wenig aufmüpfiger - obwohl das bei Edward relativ war. Zweimal schon hatte er, als sie ihn zum ins Bett gehen aufforderte, gesagt: »Muss ich wirklich?« Für ihn war das eine Art Rebellion.
»Wart nur, bis du den Spielplatz siehst.« Sie reichte ihm feine Tüte mit ein paar Spielsachen, damit er den Tag über eine Beschäftigung hatte, und holte dann noch ihre Essenstüte heraus. Als sie zum Spielplatz gingen, er hatte natürlich Pferdchen unter den Arm geklemmt, sah sie, wieviel kräftiger er inzwischen geworden war. Seine Beine und Arme waren gebräunt, und seine Bewegungen zeugten von einer Lebendigkeit, die ihm seit seiner Lungenentzündung gefehlt hatte.
»Der Spielplatz ist jetzt wieder richtig schön«, sagte sie. »Sieh mal. Wir haben einen Picknicktisch aufgestellt, also hast du sogar einen Platz, wo du dich hinsetzen und malen kannst.«
Sie hatte ihm einen neuen Zeichenblock und Buntstifte gekauft, eine Vierundsechziger-Packung, nicht nur die üblichen vierundzwanzig. Außerdem hatte sie ihm neue Schuhe gekauft sowie einen Schlafanzug mit Rennautos drauf. Ein T-Shirt gab‘s obendrein, das er sich selbst hatte aussuchen dürfen. Statt der kindischen Comic-Aufkleber hatte er eines mit der Aufschrift »Macho Man« gewählt.
Sie blickte an ihren eigenen Sachen hinunter. Sie schrubbte und polierte ihre Schuhe jeden Tag, und sie hielten sich gut. Dank Annie Glides Vorrat an Hauskleidern hatte sie nicht einen Penny auf sich selbst verschwenden müssen.
Genau in diesem Augenblick schwenkte Gabes Pickup, eine Staubwolke aufwirbelnd, in die Straße zum Autokino ein. Edward versteckte sich rasch hinter der Steinschildkröte, und sie vermutete, dass er sich auch für den Rest des Tages so unsichtbar wie möglich zu machen gedachte. Sie ging auf den Pickup zu und sah, wie Gabe mit eleganter, katzenhafter Männlichkeit ausstieg.
Gestern hatte er ihr den Schlüssel zu Cals Haus gegeben, damit sie nach der Bibel suchen konnte, während er
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