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Träum weiter, Liebling

Träum weiter, Liebling

Titel: Träum weiter, Liebling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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über Cherry an dieisem Nachmittag hatte etwas in ihm gelöst. Wenn Rachel doch allein in dem Häuschen gewohnt hätte, dann würde es ihm nicht so schwerfallen, bei ihr einzuziehen. Doch er hatte es ja noch mit ihrem Sohn zu tun, und beim bloßen Gedanken an den blassen, stillen kleinen Jungen senkte sich die Schwärze über ihn.
    Das Kind konnte nichts dafür, und er hatte tausendmal versucht, sich seine Gefühle auszureden, aber er konnte nicht anders. Immer wenn er Edward ansah, musste er an Jamie denken und daran, dass das wertvollere Kind gestorben war.
    Er zog scharf den Atem ein. Dieser Gedanke war hässlich.
    Er war unverzeihlich.
    Er verdrängte ihn, nahm seinen Koffer aus dem Auto und ging zum Haus. Obwohl die Nacht bewölkt war und kein Außenlicht brannte, bereitete es ihm keine Schwierigkeiten, den Weg zu finden, denn er hatte als Kind Hunderte von Nächten an diesem Ort verbracht.
    Wie oft waren er und Cal aus einem der rückwärtigen Fenster gestiegen, nachdem Annie zu Bett gegangen war, um die Gegend zu erkunden. Ethan war noch zu jung gewesen, und er beschwerte sich heute noch darüber, einige der besten Abenteuer seiner Brüder verpasst zu haben.
    Der Schrei einer Eule ertönte, als Gabe um die Hausecke bog. Seine Schuhe machten ein quietschendes Geräsuch auf dem nassen Gras, und die Schlüssel in seiner Hand klimperten leise.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind!«
    Rachels hochgewachsene, schlanke Gestalt türmte sich auf der Vorderveranda auf. Sein Mund formte schon eine smarte Bemerkung, doch als er das alte Schießeisen seiner Großmutter auf seine Brust gerichtet sah, entschied er, dass eine smarte Bemerkung vielleicht nicht gerade das Klügste war.
    »Ich hab ein Gewehr und keine Angst, es auch zu benutzen!«
    »Ich bin‘s. Verdammt, Rachel, du klingst wie in einem von diesen schlechten Krimis.«
    Sie ließ den Gewehrlauf sinken. »Gabe? Was machst du denn hier? Du hast mich zu Tode erschreckt!«
    »Ich kam her, um dich zu beschützen«, entgegnete er trocken.
    »Es ist mitten in der Nacht.«
    »Ich wollte früher kommen, aber Ethan hat mich aufgehalten.«
    »Dein Bruder ist ein Schwachkopf.«
    »Er ist auch nicht gerade verrückt nach dir.« Er trat hinauf auf die Veranda und nahm ihr das Gewehr aus der Hand.
    Sie griff hinter die Fliegengittertür und knipste das gelbe Außenlicht an. Sein Mund wurde ganz trocken, als er sie mit nackten Füßen und Beinen und in demselben blauen Männerhemd vor sich stehen sah, wie sie es auch an dem Morgen, als das Haus angesprüht worden war, angehabt hatte. Ihre zerzausten Locken wirkten im Lampenlicht wie Altgold.
    »Was ist das?« fragte sie.
    »Wie du sehen kannst, ist es ein Koffer. Ich zieh für ‘ne Weile bei dir ein.«
    »Hat Kristy dir das aufgeschwatzt?«
    »Nein. Kristy macht sich zwar Sorgen, aber das hier ist meine Idee. Solange sie noch hier wohnte, war ich sicher, dass über Drohungen hinaus nichts passieren würde, aber jetzt, wo sie weg ist, ist es hier viel gefährlicher für dich.«
    Er trat ins Wohnzimmer, wo er seinen Koffer abstellte und das Gewehr untersuchte. Es war nicht geladen, also gab er es wieder zurück. Gleichzeitig musste er an seine 38er denken, die er weggeschlossen hatte, bevor er das Haus verließ. Auf einmal war ihm der Gedanke, eine geladene Pistole im Nachtkästchen aufzubewahren, fast obszön erschienen. »Tu das Gewehr wieder weg.«
    »Du glaubst also nicht, dass ich auf mich selbst aufpassen kann, ja? Nun, da irrst du dich, also spring ruhig wieder in deine Neonazikarre und fahr nach Hause.«
    Er konnte ein Lächeln nicht ganz unterdrücken. Immer wieder machte sie das mit ihm. »Spar dir das Feuerwerk, Rachel. Du warst noch nie im Leben so froh, mich zu sehen, und das weißt du genau.«
    Sie zog ein Gesicht. »Willst du wirklich einziehen?«
    »Ich kann schon schlecht genug schlafen, auch ohne mir dauernd Gedanken darüber machen zu müssen, was hier oben passiert.«
    »Ich brauch keinen Babysitter, aber ein wenig Gesellschaft kann wohl nicht schaden.«
    Er wusste, dass dies der einzige Hinweis war, den er von ihr darüber erwarten konnte, dass sie sich tatsächlich Sorgen gemacht hatte. Sie verschwand, um das Gewehr aufzuräumen, und er nahm seinen Koffer und ging durch den Flur in das alte Schlafzimmer seiner Großmutter, das Kristy vorher bewohnt hatte. Als er sich im Zimmer umsah, das alte, grob gezimmerte Ehebett und den Schaukelstuhl in der Ecke betrachtete, musste er daran denken, wieviel Angst er als Kind

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